In dem immerwährenden Bemühen, seinen Leserinnen endlich den Lebensabschnittsgefährten ihrer Träume zu besorgen, hatte das Pubertätsfachblatt "Mädchen" ja schon mal eine Art Fahrplan zum Thema "Steht er wirklich auf mich?" veröffentlicht, den ich bereits liebevoll besprochen habe. Was ich nicht erwähnt habe: Nur ein paar Ausgaben später im September 2011 gab es endlich mal konkretere Anweisungen für die jungen Damen, die endlich ihren Traumboy ins Netz kriegen wollen.
In drei Wochen soll es also klappen, den Schwarm weichzukochen. Das muss allerdings gut vorbereitet sein, und die "Mädchen" ist hilfreich genug, auf ein paar Stolpersteine hinzuweisen, die es zu umgehen gilt, bevor man den Liebeskalender in die Tat umsetzt.
Man sieht: Nicht einfach aufgeben wegen dieser kleinen Nebensächlichkeit, dass der Junge vielleicht schon ein anderes Mädchen lieben könnte. Eine Beziehung muss schließlich nichts mit Gefühlen zu tun haben, das lernen schließlich schon viele kleine Mädchen, denen die sorgsamen Eltern bereits im Kleinkindalter einen zukünftigen Ehemann organisieren.
Ich muss allerdings kritisieren, dass der Punkt "Er muss immer kotzen, wenn er dich sieht, deine Stimme bringt ihn zum Schreien und deine bloße Anwesenheit sorgt dafür, dass er an Selbstmord denkt" in den Überlegungen des "Mädchen"-Teams offenbar keine Rolle spielte.
Jemanden in drei Wochen rumzukriegen, erfordert übrigens wirklich radikale Maßnahmen.
Man überlege mal, ob sich eine Zeitschrift trauen würde, Jungs und Männern den Tipp zu geben, der Weiblichkeit ihres Begehrens so nachzuspionieren.
Auch sehr schön finde ich, dass hier der Grundsatz "Sei einfach du selbst" aus dem Fenster geworfen wird. Stattdessen soll das Mädchen einfach so tun, als würde es Dinge mögen, mit denen es gar nichts anfangen kann. Wird sicher auch nie zum Bumerang, falls der Plan klappt und der Junge ihr zum Geburtstag einfach mal eine Karte für eine Monstertruck-Show schenkt, weil sie ja angeblich auch sooo drauf steht.
Die Geschenkideen sind übrigens nicht wirklich der Hammer:
Eine CD mit Liedern, die er vermutlich eh schon hat? Ein Bild aus der Bravo mit kitschigem Rahmen? Ein Gedicht wie von Beate aus "Schwiegertochter gesucht"? Liebe Damen: Ein ideales Geschenk für Jungs und Männer hat einen USB-Anschluss.
Ein Drittel der Zeit ist bereits vergangen, nun ist es wichtig, endlich zur Tat zu schreiten. "X muss sich verlieben. Und zwar in mich!"
Wenn mir jemand eine Plastikflasche mit einem Zettel drin an die Tür hängen würde, wäre meine erste Vermutung, dass wieder irgendein Strolch seinen Müll bei mir abladen will, nicht etwa, dass ich das braune Stück essen will, was da drin noch herumpoltert und das Papier verschmiert.
Besonders gefällt mir aber die "Heldentat", die man am Donnerstag vollbringen soll. Erst einen Anschlag mit Matsch auf ihn verüben, dann warme Socken anbieten. Geil. Selbst das größte Weichei dürfte allerdings nicht anfangen zu heulen, nur weil er nasse Füße kriegt. Und was für einen Berg Matsch soll man da eigentlich auf den Boden kippen, wenn das gleich seine Schuhe durchweichen soll? Lohnt es sich, dafür einen kräftigen Anschiss vom Hausmeister oder Lehrkörper zu kriegen?
Mich dünkt allerdings, dass man diesen Plan sowieso nur an einer ganz besonderen Schule durchziehen kann. Immerhin sollte es eine sein, bei der Hinz und Kunz einfach mal ins Sekretariat stiefeln und die Stundenpläne beliebiger Schüler studieren können. Zugleich muss man darauf hoffen, dass X nicht irgendwann fragt: "Hast du nicht noch Unterricht?", damit die liebeskranke "Mädchen"-Leserin nicht zugeben muss: "Ich habe meinem Lehrer erzählt, dass mein Kot dünnflüssig ist und so entsetzlich in meinem Darm drückt und nach Abscheidung verlangt! Alles nur für dich!"
Der Endspurt soll die Entscheidung bringen. Nun zeigt sich, ob sich die kriminelle Energie ausgezahlt hat.
Bestimmt fühlt sich der Traumboy total geschmeichelt, wenn das Mädchen, mit dem er einen freien Sonntag verschwendet verbracht hat, drei Tage lang nicht wirklich mit ihm redet und bloß ein Kompliment über die Frisur macht, was sowieso total falsch klingt, weil es die Frisur ist, mit der er seit Wochen herumläuft. Und dann lädt das Mädchen ihn ein, einen Abenteuerfilm zu gucken, was aber wieder irgendwie falsch wirkt, weil sie den Film anscheinend doch gar nicht mag, die ganzen zwei Stunden eine Fresse zum Eier-Abschrecken zieht und noch nicht mal eine Tüte Chips besorgt hat.
Aber wer weiß, vielleicht können ja die tollen romantischen Tipps, was man an zwei von vier Jahreszeiten erledigen kann, den Erfolg bringen. "Ficken" ist übrigens nicht dabei, möchte ich schon einmal vorgreifen.
Ja, Teenagerjungs stehen echt darauf, die ganze Zeit irgendwo herumzusitzen und Tests zu machen wie: "Bist du ein echter Fanpir?" oder "Hast du das Bieber-Fieber?" Fast noch besser als bei minus 15 Grad durch die Landschaft zu stapfen und sich in den Schnee zu werfen - wenn der Junge schon bei nassen Füßen zu heulen anfängt, wie plärrt der dann erst, wenn seine gesamte Rückseite feucht wird?
Zu zweit auf dem Fahrrad zu fahren ist ja sooo bequem für den, der nicht den Sattel erwischt hat, das macht man gerne mal zwei Stunden lang. Es empfiehlt sich allerdings, den Geiz daheim zu lassen und sich nicht nur ein Eis zu teilen, da frisst sich ja jeder hungrig. Lieber jedem mindestens ein Eis, dann lohnt es sich für den Jungen wenigstens, Zeit mit der ollen Zippe zu verbringen. Wenn sie zahlt, versteht sich. Sie will schließlich was von ihm.
Sollten all die Tipps nicht geholfen haben, muss das Mädchen aber wohl oder übel noch eine Woche ranhängen. Und ich möchte wetten, der Plan für diese vierte Woche beinhaltet Schießübungen, die Einrichtung eines Kellerverlieses und "romantische Dinge, die man tun kann, wenn der Junge gefesselt ist und eine Augenbinde trägt".