Klopfer in Tokio
Shake it, Baby!
(Geschrieben am 28. März 2006 um 16.31 Uhr)
Es ist jetzt 22.35 Uhr, und eben hat die Erde gebebt. Nicht doll, aber das Bett hat doch recht auffällig gewackelt. Mal sehen, ob noch ein größeres Erdbeben kommt oder ob nur ein paar kaum bemerkbare Nachbeben folgen.
Wie auch immer: Nachdem es dunkel geworden ist, bin ich nach Kabuki-chô, einem kleinen Viertel im Ostteil Shinjukus. Entgegen seinem Namen gibt es hier kein Kabuki zu bestaunen, sondern vielmehr Laster, Lust, Vergnügen, Karaoke und Pachinko.
Das Viertel ist vollgestopft mit Clubs, in denen man wahrscheinlich Frauen beim Ausziehen zugucken und vielleicht auch Kontakte knüpfen kann, natürlich gegen Scheine. Echte Prostitution ist in Japan eigentlich nicht erlaubt, allerdings ist es wohl nicht unüblich, dass es beispielsweise bei der Öl-Massage auch mal zum Verkehr kommt. Ausprobiert hab ich allerdings nichts.
Angst vor dem schwarzen Mann? Nein, aber vorsichtig sollte man sein. Sonst sieht man in Japan keine Schwarzen, hier aber kann man sich vor ihnen nicht retten, da sie versuchen, Ausländer in die teuren Clubs zu locken. So wurde ich innerhalb von fünf Minuten sieben Mal angesprochen, und wenn man nicht zügig weitergeht, verfolgen die einen noch ein paar Meter.
Wenn man kein offiziell käufliches Mädchen, sondern eine nette Begleitung (die sich vielleicht nur nach Liebe oder LV-Taschen sehnt) gefunden hat, geht man ins Hotel. Die Hotels hier sind vornehmlich zum Vögeln gedacht. Nein, kein Scherz: Auch wenn man hier ebenfalls übernachten kann, so bieten diese Hotels ihre Zimmer für ein paar Stunden an. Oft sind diese Zimmer auch besonders nach bestimmten Themen eingerichtet (Karaoke-Maschinen sind keine Seltenheit, deswegen ist das Angebot für Karaoke zu Zweit ja auch eine Einladung zum Poppen) und halten Kondome bereit, damit das Stelldichein auch sicher wird. Die Hotels werden nicht nur von geilen Teenagern oder riemigen Ehebrechern benutzt, sondern auch von normalen Ehepaaren, da diese Hotels etwas dickere Wände bieten als die normalen Wohnhäuser. In vielen der so genannten Love Hotels kann man anonym an einem Schalter einchecken.
Ich hab vor einem der Hotels, welches in einer Seitenstraße lag, ein lustiges Pärchen gesehen. Er war Ausländer und hatte eine Japanerin an der Hand, die ihn lachend und energisch ins Hotel ziehen wollte. Er jedoch hat anscheinend gar nicht geschnallt, dass er echt Schwein hat, und beschwerte sich, was sie da will, und dass er da kein Geld für ein paar Stunden im Hotel ausgeben mag, wenn er doch schon ein Zimmer hat. Dabei wissen wir alle: Wenn ein Mädchen schonmal fruchtig ist, sollte man keine Zeit verlieren.
Ich jedenfalls hatte keine nette weibliche Begleitung gefunden und machte mich wieder auf den Weg ins Hotel, nicht jedoch ohne noch ein paar weitere Fotos der beeindruckenden Leuchtreklamen in der Nähe des Bahnhofs zu machen.
PS: Ich hab Pocari Sweat jetzt mal probiert. Wenn es kalt ist, schmeckt es sogar einigermaßen. Sobald es allerdings Zimmertemperatur erreicht hat, kann man es wegkippen.
Ich fühl mich so beschissen... ^^;
(Geschrieben am 29. März 2006 um 16.57 Uhr)
Heute gibt's mal nur einen Blog-Eintrag. Der Grund: Ich hab mir ne Erkältung eingefangen. Jetzt ist sowas schon ziemlich eklig, wenn man zu Hause ist, aber in Japan ist es gleich dreimal so scheiße. Ich hatte ja schonmal erwähnt, dass japanische Taschentücher sehr dünn sind und keinen Schnauber aushalten. Außerdem ist es in Japan absolut verpönt, sich in der Öffentlichkeit die Nase zu putzen. Man soll lieber hochziehen, und das machen die Japaner auch mit Inbrunst, was ziemlich widerlich ist, wenn man direkt neben so einer Person sitzt. Jedenfalls, als ich von meinem heutigen Ausflug gegen 14 Uhr wieder zurück kam, war ich so fix und fertig, dass ich erstmal ins Bett gefallen bin. Ich hoffe, morgen geht es mir sehr viel besser.
Heute ging es nach Odaiba. Odaiba ist eine künstliche Insel in der Bucht von Tokio, die vor Urzeiten mal eine Küstenfestung beherbergte und dann bis vor einigen Jahren total vergessen wurde, bis man sich in den 80er Jahren darauf einigte, ein Geschäftszentrum darauf zu errichten. Die Wirtschaftskrise sorgte dann dafür, dass der Schwerpunkt mehr auf die Unterhaltung verlagert wurde. Bis heute wird auf der Insel gebaut.
Die Insel ist mit dem Festland über die Rainbow Bridge verbunden, eine große weiße Hängebrücke, die nachts angeblich farbig angeleuchtet wird, ich hab das allerdings noch nicht gesehen. Als öffentliches Verkehrsmittel bietet sich die Yurikamome-Linie an. Das ist eine automatisch gesteuerte Hochbahn, die im Bahnhof von Shimbashi losfährt, unter der Rainbow Bridge entlang gondelt und an den wichtigsten Zielen der Insel hält.
Fast direkt daneben ist das Venus Fort, dessen Glanzstück ein Nachbau einer kleinen verträumten europäischen Fantasiestadt voller Geschäfte ist. Außerdem gibt es dort ein Automuseum von Toyota, in dem aber auch andere Hersteller ausgiebig gewürdigt werden. Toyota betreibt auch das Megaweb-Center, in dem so ziemlich alle aktuell von Toyota gebauten Modelle ausgestellt sind (sowie von den Herstellern, bei denen Toyota seine Finger im Spiel hat, wie Daihatsu oder Crown). Man darf dort auch Probefahrten machen, und wer keinen Führerschein hat, der darf für 200 Yen mit einem elektronisch gesteuerten Kleinwagen auf einem festen Parcours fahren.
Man findet dort auch mehrere Spielhallen, in denen ich mich vergnügte. Ich hab an den Spielautomaten festgestellt, dass ich ein schlechter Trucker, ein schlechter Pilot und ein schlechter Hundehalter bin. Danke für die Traumata, Japan.
Irgendwie bin ich dann auch noch in eine japanische Tierhandlung geraten, und die Zustände dort haben mich entsetzt. Etwa 4/5 der Fläche gehen für Kram wie Spielzeug und Tierklamotten drauf, im restlichen Fünftel sind junge Katzen, Hunde, Hasen, Frettchen, Chinchillas, Mäuse, Vögel und sogar ein Affe eingepfercht, und das in Gehegen, die nichtmal einen Quadratmeter Grundfläche haben. Ein besonders großer Hase für über 1000 Euro war in einem Käfig, der grad mal doppelt so groß war wie er, und als er mich sah, versuchte er sich durch die Gitterstäbe zu kratzen. Tut mir echt Leid, Artgenosse, ich hätte dich gern befreit. Leider durfte man auch keine Fotos machen. Japan ist in manchen Dingen echt krank.
Übrigens gibt es dort noch eine weitere Spielhalle, die SEGA Joypolis, die wirklich unverschämt ist. Man muss sich am Eingang an Automaten ein Ticket kaufen, um überhaupt reinzukommen. Für die Spiele werden dann nochmal Extrakosten fällig. Deswegen hab ich den Laden auch nur von außen gesehen.
Da mein Schnupfen langsam richtig lästig wurde, fuhr ich mit der Yurikamome wieder zurück nach Shimbashi und stieg dort in die Yamanote-S-Bahn. Die Yamanote ist die japanische Ringbahn, die so ziemlich alle wichtigen Punkte in Tokio abfährt (vorausgesetzt, man zählt den Kaiserpalast, Tokyo Disneyland und den Hello Kitty Freizeitpark nicht dazu) und für eine Umrundung etwa eine Stunde braucht. Die Berliner Ringbahn braucht ebenfalls so viel Zeit, deckt aber überhaupt keine wichtigen Orte ab, was wieder einmal mehr zeigt, was für ein Pupsnest Berlin gegen die japanische Hauptstadt ist.
Weil es vielleicht interessiert: Taschentücher kriegt man in Japan an jeder Ecke überreicht als Werbegeschenke. Die Tücher sind zweilagig, allerdings sind die Lagen auch nicht so dick wie bei deutschen Taschentüchern. Der Erfolg liegt auf der Hand.
In den Kommentaren zum letzten Eintrag kam die Frage auf, ob die Japaner denn nun doch gut englisch sprechen, wenn ausländische Namen so groß in Mode sind. Die Antwort: Wenn man nicht grad mit Hotelangestellten redet, so stellt sich recht schnell heraus, dass die meisten Japaner gar kein Englisch können. Die haben das jahrelang als Pflichtfach (einzige Fremdsprache in der Schule) und sind schon mit dem Alphabet überfordert. Die ganzen ausländischen Zeichen sind für Japaner eher eine Art Schmuck, und wenn Japaner mal solche Wörter lesen können, dann sind es besonders bekannte Marken. Wer sich mal einen Spaß machen will, der gehe mal in eine japanische Buchhandlung und frage nach einem Buch. Die angesprochene Person wird in heller Aufregung jemanden suchen, der das Alphabet lesen kann und einen Stift und einen Block besitzt, diese Person wird dann drei Minuten rumrätseln, was mit den Worten gemeint ist (selbst wenn man es in Romaji schreibt) und sich dann erst auf die Suche machen.
Ebenfalls gefragt wurde, wo der Unterschied zwischen Tokio und Tokyo liegt. Tokio ist die Schreibweise laut Duden, Tokyo ist eine Umschrift für Tôkyô, was eigentlich korrekt wäre, wenn man nach den Schriftzeichen geht.