Lost in Translation
Danach gibt's wieder mal eine Portion stummes "Charlotte geht durch Shibuya". Ich weiß nicht, was diese uninspirierten Einstreuungen sollen, vielleicht hatte die Regisseurin einfach ein bisschen Lust, "Voxtours in Tokio" zu machen.
Wieder Bob, diesmal beim Fotoshooting für die Whiskywerbung, mit vielen guten Ansätzen für sprachliche Witze, die leider allesamt hinterrücks gemeuchelt werden, und zwar schamlos. Vergangene Zeit: 22 Minuten. Fühlt sich aber irgendwie länger an. Aber wenigstens hängt ihr jetzt auch mit drin.
Abends ist es mal wieder Zeit für eine Szene in der Hotelbar, in der man übrigens prima aus dem Fenster gucken kann. Dort sehen sich Bob und Scarlotte zum ersten Mal. Obwohl sie ihm sogar einen Drink ausgibt, reden sie nicht miteinander und kommen sich auch nicht näher als 5 Meter. Wie krank ist das denn? Bob, die Frau hat dich eindeutig angemacht! Sie will dich, also schmeiß sie ins Bett und besteig sie wie ein Löwe! Schwulenfilm, eindeutig.
Um Bobs Erscheinung noch etwas zu erniedrigen, gibt es auch noch eine kleine Szene, in der er von einem elektronischen Lauftrainer (auf dem man übrigens aus dem Fenster gucken kann) etwas überfordert wird. Wollte Bill Murray mit dem Film seine Karriere beenden? Den coolen Peter Venkman nehm ich ihm jedenfalls nicht mehr ab.
Scarlotte und ihr Typ latschen durch die Korridore des Hotels (wahrscheinlich suchen sie ein Fenster, aus dem sie rausgucken können) und treffen dabei auf Anna Faris, die eine durchgeknallte, etwas bekloppte Schauspielerin spielt und wahnsinnig gut mit dem Fotografen auskommt, mit dem Scarlotte verheiratet ist. Der Oscar für das beste Drehbuch ist für den Arsch: Die ganze Szene wurde einfach nur reingesetzt, um zu zeigen, dass Scarlotte und ihr Typ gar nicht zusammenpassen. Und das Zeigen geschieht mit der Subtilität eines SS-Offiziers, der mit seinen benagelten Stiefeln kleine Kinder und Katzenbabys zertritt.
Jetzt dürfen die beiden Hauptdarsteller Bob und Charlotte endlich mal miteinander reden, natürlich wieder abends in der Hotelbar. Die ganze Szene wirkt merkwürdig, wahrscheinlich weil die beiden mit dem Rücken zum Fenster sitzen und nicht rausgucken. Die ganze uninteressante Leidensgeschichte der beiden wird ausgetauscht, und ich ertappe mich dabei, in Gedanken Regieanweisungen zu geben wie "Bill, mach einen Witz!" und "Scarlett, pack deine Möpse aus!"
Die nächste Einstellung zeigt Bob beim Schwimmen im hoteleigenen Swimmingpool. Der befindet sich im 47. Stock und bietet ein riesiges Fenster, aus dem man gucken kann, wenn man nicht gerade schwimmt. Eigentlich ist der ganze Film Werbung für das Hotel, aber diese Szene hat nun wirklich gar keinen anderen Sinn.
Charlotte ist derweil wieder auf ihrem Voxtours-Trip, diesmal in einer japanischen Spielhalle. Sie guckt halb amüsiert, halb skeptisch auf die ach so verrückten Japaner, und man spürt einfach nur: Die ist da falsch. Gut, das wär sie auch hier beim Aldi, aber da könnte ja versehentlich etwas Lustiges passieren, und das würde den Anspruch des Filmes verletzen, jeden einzelnen Zuschauer so zu langweilen, dass eine zweiwöchige Wasserfolter dagegen wie eine Oralsexparty mit den hungrigen Next Topmodels von Pro7 wirkt.
Das merkt sie allerdings selbst und geht rechtzeitig zur Dämmerung ins Hotel, um wieder ein bisschen aus dem Fenster zu gucken. Dabei überrascht sie ihr nerviger Ehemann, der sie zum Essen mit Anna Faris schleppt, die über Einläufe redet, während Scarlotte von einem fertigen DJ vollgelabert wird. Sie setzt sich kurz ab und redet mit Bob kurz darüber, wie toll Abhauen doch wäre, am besten gleich aus dem Land. (Ich würd ja schreien: "Nehmt die Kamera mit!", aber auf mich hört ja keiner.)
Weil Sofia Coppola wieder keine neue Idee hatte, beginnt der nächste Tag ebenfalls im Bett mit Scarlett, während ihr Typ zur Arbeit huscht (und wenn ich mir seine Klamotten angucke: so zieht sich kein Hetero an). Sie versichert ihm, dass sie sich nicht langweilen und ihren Spaß schon suchen wird.
Dann guckt sie aus dem Fenster. Sehr sehr lange. Die Kamera fährt derweil um sie rum, während sie aus dem Fenster guckt. Ich geh auf Klo. Ich bin wieder da, und die Kamera hat die halbe Umdrehung fast geschafft. Mir fällt auf, dass sie eigentlich ganz schöne Beine und Füße hat. Und einen netten Blasmund. Meine Konzentration auf die Handlung lässt nach 40 Minuten schon beträchtlich nach, wie man sieht. Was für Lippen. Wow.
Abends geht sie im tollen Pool schwimmen und trifft danach auf Bob, den sie zu einer Verabredung mit Freunden einlädt. (Wohlgemerkt: Die Szene direkt vorher spielt am Morgen!) Der darf sich bis dahin aber damit rumquälen, welchen Teppich seine liebe Frau daheim verlegen soll (ich hab gesagt, dass sie ein Besen ist). Schließlich steht er in einem schreibunten (aber immer noch heterosexuellen) T-Shirt vor ihrer Zimmertür. Sie lacht über seinen Aufzug, was ihn dazu bringt, das Shirt umzukrempeln und die wesentlich weniger farbenfrohe Innenseite nach außen zu tragen. Das interessanteste: die offenbar absolut unfähige Charlotte braucht geschlagene zwei Minuten, um das blöde Waschetikett vom T-Shirt abzuschnippeln.
Die Party mit den Freunden stellt für mich ein Rätsel dar. Woher hat Charlotte Freunde in Tokio? Die sitzt die meiste Zeit am Fenster und guckt raus, wie Fensterputzer sehen die Japaner aber auch nicht aus. Aus irgendeinem Grund, der mir entfallen ist, mich aber auch nicht interessiert, rennen Charlotte und Bob dann einige Zeit durch die Stadt (und eine Pachinko-Halle), bevor es die obligatorische Karaoke-Szene gibt. Natürlich musste so etwas vorkommen. Ich glaub, der letzte westliche Film, der zumindest teilweise in Tokio spielte und kein Karaoke beinhaltete, war M*A*S*H. Dabei ist Karaoke nur besoffen zu ertragen und in Japan übrigens auch eher ein Vorwand, um jemanden zum Ficken einzuladen (zumindest wenn es ein Junge zu einem Mädchen sagt). Muss ich darüber hinaus noch extra sagen, dass die gesamte Partyszene im Film stinklangweilig ist?