Nächtliche Ruhestörung
Ich war nie ein Pazifist. Pazifismus war für mich immer nur die Verleugnung des Eingeständnisses, dass die einzig adäquate Antwort auf gewisse Frechheiten rohe Gewalt ist. Momentan ist die gewisse Frechheit mal wieder die Klimaanlage der Sparkasse im Vorgebäude unseres Wohnhauses, welche nachts alle paar Minuten anspringt, die Bank klimatisiert und meine heilige Nachtruhe stört. Und die angemessene Antwort wäre eigentlich eine Handgranate. Doch dank verfehlter Waffengesetzgebung (ich stelle mir ein Gesetz vor, welches sagt: "Christian Schmidt, geboren am 14.02.1980 in Frankfurt (Oder), darf schwere Waffen aller Art besitzen und nach eigenem Ermessen gegen jegliche organische und anorganische Materie benutzen. Außerdem hat er als einziger das Recht, sich als bester Liebhaber der Welt zu bezeichnen.") habe ich keine Handgranate. Also schreib ich einen Blogeintrag, da ich nicht schlafen kann.
Man soll ja eigentlich nicht in der Vergangenheit leben. Allerdings denke ich oft an die Zeiten zurück, in denen man noch etwas erreichen konnte. Ich zum Beispiel war mal begeisterter Computerspieler. Ich hab eigentlich mal programmieren gelernt, um Computerspiele zu kreieren, nicht für Webanwendungen (zumal das Internet damals im allgemeinen Bewusstsein noch total unbekannt war). Wenn ich damals die Kenntnisse gehabt hätte, die ich heute über Grafik- und 3D-Programmierung habe, wäre aus mir vielleicht sogar was Großes geworden, ähnlich wie bei Will Wright, Peter Molyneux oder Sid Meier. Heute geht so etwas gar nicht mehr: Kommerzielle Computerspiele müssen mit einem dicken Entwicklerstab produziert werden (25 Programmierer, 25 Grafiker, 35 3D-Grafiker, 10 Musiker und 120 Marketingfuzzis, die der Presse das Spiel als innovativste Neuentwicklung seit der Erfindung des Monotheismus verkaufen) und ein Budget von einigen Millionen Euro verschlingen, weil ohne 3D und hochauflösendem Kokolores gar nichts mehr läuft. Zumal dann ja auch noch die Gebühr für den USK-Test hinzukommt. Und dann müsste ich mich auch noch in die Windowsprogrammierung mit DirectX einarbeiten - zu meiner Zeit (oh Gott, klingt das vergreist...) war DOS die bevorzugte Spieleplattform, da haben wir noch mit Assembler jongliert, um überhaupt die Maus benutzen zu können.
Generell kann man heute fast verzweifeln. Karrieremäßig müsste man eigentlich auf den öffentlichen Dienst bauen, ansonsten gibt es in der deutschen Wirtschaft nur noch Potential für Verkäufer und Callcenter-Terroristen (die, die Leute anrufen und ihnen Telefonverträge oder Lottoscheine aufschwatzen wollen), da alles andere ja nach Osteuropa oder Asien ge-outsourcet wird (von dicken Management-Jobs abgesehen, die aber nur noch für verwöhnte Arschkriecher aus oberen Schichten erreichbar sind - oder glaubt jemand ernsthaft, dass man sich heute noch wie früher vom kleinen Schalterangestellten zum Bankchef hochdienen kann?). Zumal ich ja eh nicht so doll dastehe - oder wie soll ich einem Personalchef erklären, dass ich mein Studienfach mehrmals gewechselt hab (und deswegen wahrscheinlich dreimal gebildeter bin als der Chef der Firma)?
Einige haben mir ja viel Glück mit der Sponsorensuche auf Klopfers Web gewünscht. Wie ich vorausgesehen hab, gab es bisher keine Meldungen, anscheinend ist mein Publikum zu jung. Damit meine ich "zu jung um mich sponsorn zu können", denn die Leser von Klopfers Web liegen schwerpunktmäßig in der werberelevanten Zielgruppe im Alter von 14-49 Jahren, da müssten die Werbetreibenden der Logik nach eigentlich meine Tür einschlagen und mir gierig die Flöte blasen, nur damit sie bei mir werben können (ca. 10000 Einblendungen pro Tag sind doch auch nicht so übel). Sie müssten halt nur damit leben, dass es einmal im Monat zu extrem steigenden Klickraten kommt, sobald ich ein Update gemacht hab und der Newsletter verschickt wurde.
In den 20 Minuten, in denen ich obige Absätze schrieb, ging die Klimaanlage der Bank übrigens glatte vier Mal an und wieder aus. Schlampe.