Nahrhaft, schmackhaft kochen - auch im Krieg!
Zu allererst: Es gibt ein Update. Yeah.
In meinem Bücherregal verbergen sich so manche Schätze. Einer dieser Schätze ist das Buch "Nahrhaft, schmackhaft kochen - auch im Krieg!" von Küchenmeister Eugen Bechtel. Ja, es ist ein Kochbuch. Und es ist herrlich.
Es ist Ende 1939/Anfang 1940 entstanden und soll die Hausfrauen lehren, mit knappen Mitteln auszukommen und dennoch ihre Familie ordentlich zu ernähren. Aus fast jedem Text springt eine überschäumende Arroganz des "Küchenmeisters" gegenüber den Frauen heraus, und im Nachhinein sind die meisten Textteile, die nicht unmittelbar Rezepte sind, ein Brüller. Das Buch ist in Frakturschrift gedruckt (die später dann bei den Nazis verpönt war, weil sie glaubten, die wäre von Juden erfunden worden), daher spare ich mir mal Scans - viele können die Schrift halt heute nicht mehr lesen. Glaubt mir einfach mal, was ich daraus zitiere.
Aus der Einleitung:
[...] jede Hausfrau wird ihre helle Freude daran haben, von diesem durch und durch erfahrenen praktischen Küchenmeister zu hören und zu lernen, wie vielseitige und vielfältige Dinge und Mittel uns heute in unbeschränktem Maße zur Verfügung stehen, und vor allem, wie nützlich und bekömmlich uns diese Dinge und Mittel sind, die für unsere Gesundheit unendlich höher im Werte stehen als die Gaumenkitzler, an die wir uns zu unserem eigenen Schaden gewöhnt und durch die wir uns alle verwöhnt hatten.
Und deshalb wissen wir, daß Tausende unserem in allen Pfannen und Töpfen "durchgekochten" Küchenmeister Bechtel für das, was ihnen in dem vorliegenden Werkchen geboten wird, nicht nur jetzt, sondern auch für späterhin aufrichtig dankbar sein werden.
Schöner kann man "Ihr doofen Hühner habt bisher alles falsch gemacht!" nicht ausdrücken, oder?
Handeln Sie nach diesem Buch, so fördern Sie nicht nur die Gesundheit in Ihrer Familie, nein, Sie tun noch viel mehr, Sie verstärken den Abwehrkampf gegen die Aushungerungsversuche unserer Feinde. Nicht zuletzt auch in der Küche wird dieser Krieg gewonnen.
Jetzt weiß ich, warum wir den Krieg verloren haben. Wir haben nicht gut genug gekocht.
Geradezu poetisch wird der Küchenmeister, wenn es um das Kochen einer Soße geht...
Das Geheimnis, eine kräftige, feinschmeckende, wohlbekömmliche Tunke herzustellen
Es steht uns in der Küche alles zur Verfügung, um die Zubereitung der Tunke richtig durchzuführen zur vollsten Zufriedenheit der Familie und für die Volksgenossen in den Gaststätten. Eine gute schmackhafte Tunke ist die Liebe selbst und muß deshalb mit Liebe zubereitet sein.
Ebenso poetisch sind einige Überschriften:
Pilze und Schwämme, wer hätte die nicht gerne?
Unser bestes, zuverlässiges Mädchen für alles ist unsere deutsche Speisekartoffel
Vitamine, Kraft und Saft liegen in unserem Eintopfnapf
Aber auch die Einleitungstexte wie der zum Schlachtfleisch offenbaren manche Perle:
Auch heute noch trotz der Kriegsszeiten und da es uns daran nicht mangelt, schätzen wir das äußerst nahrhafte Fleisch; es bringt namentlich mit unseren vorzüglichen, ernährungsstoffhaltigen Gemüsen eine stehts willkommende Abwechslung in den täglichen Speisezettel. Es braucht ja nicht jeden Tag Fleisch zu geben; einigemal in der Woche und Sonntags genügt vollauf.
Ich liebe das. "Einigemal in der Woche und Sonntags" Fleisch - und schon gilt man als halber Vegetarier.
Und zum Schluss noch der Bombenwitz (verzeiht das Wortspiel) dieses Kriegskochbuches:
Es müssen ja nicht Austern und Hummern sein oder russischer Kaviar, deutscher Kaviar genügt uns auch.
Heißt das, wir hatten eigentlich gar keinen Grund, die Sowjetunion zu überfallen?
Viel Spaß mit dem Update!
Weil jemand in den Kommentaren es angesprochen hat: Ja, auf dem Einband ist Sütterlin-Schrift. Das Buch selbst ist aber in Fraktur gedruckt.
Gast
Let's get married married married...
Ein Update! Juhu! Vielen, vielen Dank, Klopfer! =D Und jetzt bin ich weg, Kolumnen lesen