So, wie die Frage gestellt ist, ist sie eigentlich fast unmöglich zu beantworten, weil sich die Kultur eines Volkes durch den Kontrast mit anderen Kulturen äußert (man denke an den "Kulturschock", der viele überfällt, wenn sie ins Ausland kommen). In dem Zusammenhang sollte man meine Antwort sehen: Die Deutschen sind analytisch, haben ein großes Bedürfnis nach Ordnung, Planbarkeit und Zuverlässigkeit, aber auch ein großes Vertrauen darin, oft gepaart mit einem Vertrauen in Obrigkeiten, sie nehmen Dinge wörtlicher und sehen Versprechen als verbindlich an, bevorzugen feste Strukturen und identifizieren sich und andere eher über Gruppenzugehörigkeiten. Das heißt allerdings auch, dass sie relativ unflexibel sind und irritiert reagieren, wenn etwas nicht ihren Erwartungen entspricht. Deutsche sind direkt, tendieren geradezu zur schonungslosen Ehrlichkeit, aber das heißt auch, dass der Status zwischenmenschlicher Beziehungen allgemein klar ist: Wenn Deutsche jemanden als Freund bezeichnen, kann man davon ausgehen, dass er auch wirklich einer ist und sich im Gegenzug auf die Unterstützung seiner Freunde verlassen kann. (Anders als z.B. in den USA, wo jemand oft schon Freund genannt wird, wenn man sich mal einen Nachmittag unterhalten hat, und bei denen eine locker ausgesprochene Einladung auch mal nicht ernstgemeint ist.) Fremden gegenüber sind Deutsche relativ distanziert. (Damit meine ich nicht, dass sie unfreundlich sind, sondern dass sie ihr Privatleben eher für sich behalten, bis man sich größeres Vertrauen verdient hat.)
Natürlich sind die individuellen Ausprägungen von Mensch zu Mensch unterschiedlich, aber ich denke, die meisten dürften bei Auslandsaufenthalten schon einen Teil ihres "Deutschseins" dadurch gespürt haben, dass all die anderen so verdammt unorganisiert, unpünktlich, oberflächlich oder ungenau sind. ^^