"Neger" ist erst einmal nur eine Beschreibung der Menschen mit einer gewissen Hautfarbe, nicht mehr und nicht weniger. In sich ist da gar keine Herabwürdigung enthalten. Wenn man sich vor 100 Jahren abwertend über Neger äußern wollte, sagte man "Kaffer". Bei den Amis ist es ja ähnlich: "Nigger" ist immer abwertend gemeint gewesen, aber "Negro" war tatsächlich mal der höflichste Begriff (weit vor "black").
Dass jemand das Wort "Neger" benutzt, sagt überhaupt nichts darüber aus, ob er rassistisch ist oder nicht. Und deswegen muss man es sich immer wieder sagen: Kontext ist wichtig. Astrid Lindgren hat sicherlich nicht gedacht, dass Schwarze Untermenschen wären, als sie vom "Negerkönig" schrieb. Ich will Schwarze nicht unterdrücken, wenn ich von "Negerkuss" rede.
Kann man "Neger" auch abwertend benutzen? Klar kann man das. Aber das passierte mit dem Wort "Jude" auch. Und trotzdem heißt das nicht, dass ich Auschwitz wieder in Betrieb nehmen will, wenn ich einen Juden einen Juden nenne. Woanders war eine Weile "Deutscher" oder "German" eine schwere Beleidigung, da lynchte man Deutsche auch gerne mal, weil man ihnen böse Absichten unterstellte und sie als Volksfeinde betrachtete. Aber es waren nie die Wörter selbst, die die Leute zum Hass angestachelt haben, und daher bringt es auch nichts, die Wörter nachträglich zu tabuisieren. Das wird Rassismus auch nicht auslöschen. Es wird nicht mal dabei helfen, Rassismus auszulöschen, wenn man den Leuten Sprechverbote aufdrückt, die gar nicht rassistisch gegenüber Schwarzen sind. Dass in der Kindheit der Frau die anderen Kinder gemein zu ihr waren, weil sie anders aussahen, das hatte doch auch nichts mit dem Wort "Neger" zu tun. Auch die Afrikaner werden ihre Wörter für Weiße haben, so wie auch die Asiaten ihre Wörter für Europäer und ihre amerikanischen Abkömmlinge haben (z.B. "Langnasen"). Aber wir sehen nun mal alle anders aus, und natürlich bilden sich so jeweils eigene Vokabeln. Nur weil wir kein Wort mehr dafür hätten, wie anders wir alle aussehen, heißt das nicht, dass wir gleichzeitig blind werden und gar nicht mehr merken, dass diese Person eine andere Hautfarbe hat oder jene Person eine andere Augenform. Im Endeffekt wird versucht, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Und das geht ganz sicher in die Hose, denn die echten Rassisten kümmern sich eh nicht drum oder denken sich andere Wörter aus.