Denk immer an Emma Goldman: "Wenn Wahlen etwas ändern würde, wären sie verboten." ;-)
Nee, kann das Problem schon verstehen. Der Fachkräftemangel hat auch die Politik schwer erfasst, wo sind die Sympathieträger mit Sachverstand, Standpunkt und Vision hinverschwunden? So macht man Populisten das Leben ja auch nicht unnötig schwer. Seitdem die Unionsparteien das Wohlstandsversprechen für den Mittelstand nicht mehr einlösen und die SPD sich von den Arbeitern und dem Prekariat als Zielgruppe zugunsten einer Identitätspolitik abgewendet hat (was total dämlich ist, da die Grünen die schon bedienen), sieht es echt übel aus. So kriegt man doch keine Mehrheiten hinter sich. So verschwinden die Volksparteien auch folgerichtig in Prozentbereiche, die sonst Steigbügelhaltern vorbehalten waren.
Auf der anderen Seite, wir müssen ein stärkeres, aber auch handlungsfähiges Europa aufbauen, die Welt wird zwischen den USA und China aufgeteilt, mit den Russen, die auch gerne mitspielen möchten, aber außer Atomwaffen nicht mehr viel zu bieten haben. Das sagt kein deutscher Politiker gerne, aber wir müssten (leider) viel mehr in eine schlagkräftige Armee investieren. So hart das sein mag, aber in der Weltpolitik wird sicher keiner von uns was sagen lassen, weil wir moralisch so integer sind. Früher hatten wir wenigstens noch die Briten dabei, die haben noch Militär. Dass die EU das Vereinigte Königreich verloren hat, ist eine Katastrophe. Ich weiß, wir haben noch die NATO, aber Europa braucht eine eigenständige Armee.
Und dann sind wir beim Punkt, ich sehe leider auch keine Partei, die unsere größten Zukunftsaufgaben gezielt und vernünftig angehen wird:
- den Klimawandel
- China
- die alternde Gesellschaft
- die Einwanderungspolitik
Als politische Union allerdings ist sie einfach zu verschieden. Man hat arme Länder, man hat reiche Länder, man hat kleine Länder, man hat große Länder, es gibt starke Mentalitätsunterschiede und die einen sind stark zentralistisch, die anderen eher föderalistisch. (Und es wird noch mal komplizierter, wenn man daran denkt, dass in einigen armen Ländern die Menschen im Median vermögender sind als die Menschen im an sich reichen Deutschland.)
Und die Haltung gegenüber den Nachbarn der EU ist jeweils stark historisch geprägt und weit von einer gemeinsamen Linie entfernt. Dass man da gezwungen wird, ausgleichende Kompromisse auf dem niedrigsten gemeinsamen Nenner zu finden, damit alle gleich stark grummeln und keiner abhaut, schwächt die EU. Die einen haben guten Grund, sich in vielen Fragen ausgenutzt zu fühlen, die anderen haben guten Grund, sich in vielen Fragen im Stich gelassen zu fühlen. Und über allem das Fehlen einer echten europäischen Identität, die man aber auch nicht einfach überstülpen oder künstlich herstellen kann. Momenten haben eher Separationsbestrebungen sogar innerhalb der Mitgliedsstaaten Aufwind, anstatt dass eine größere Einigkeit zu spüren ist. Insofern denke ich, für politische Zusammenarbeit, die auch nach außen ein Machtfaktor wäre, wäre wirklich eher eine kleinere Union mit einander ähnlicheren Staaten angesagt. Da wäre natürlich auch an eine gemeinsame Streitkraft zu denken, weil man manchmal eben auch Aua machen muss, um ernstgenommen zu werden. Aber das ist wieder etwas, wo auch die Deutschen sich sperren würden, weil zu viele die Illusion haben, dass man alles mit Stuhlkreis und Schnittchen regeln kann.
Deutschland allein hat natürlich das Problem, dass wir eigentlich seit einiger Zeit nur noch von den Errungenschaften der Vergangenheit zehren und rein technologisch nicht zu erwarten ist, dass wir in Zukunft noch gestaltend tätig werden können, weil wir da absolut abschlaffen und am ehesten in Sachen investieren, bei denen andere schon kapiert haben, dass das eher Sackgassen sind.