Kartoffelsalat - Nicht fragen!
Das Verhör von Herrn Salamanda ist noch weniger ergiebig: Nach kurzem (und ergebnislosem) Geplänkel holt der Seuchenschützer sogar eine kleine Lampe und eine Sonnenbrille raus, setzt die Brille auf, und droht dem Lehrer an, ihn zu „blitzdingsbumsen“. Das ist wieder so ein Casting-Gag, weil der Schauspieler auch der Synchronsprecher von Tommy Lee Jones bei „Men in Black“ war. Aber der Gag verreckt mal wieder völlig wegen akuter Unlustigkeit. Erst jetzt merken die Leute, dass Herr Salamanda überhaupt nicht sprechen kann und nur über seine Klingel kommuniziert. Da er aber nicht sagen kann, wer die Schüler vergiftet hat, verlieren sie schnell die Geduld mit ihm und schmeißen ihn raus.
Leo ist nun jedenfalls der absolute Held, wird von der Öffentlichkeit gefeiert und von seinen stolzen Eltern wieder hemmungslos geliebt. Und er wird zum Ritter geschlagen. Mit einem Fausthieb in die Fresse. Das würde ich gerne mal nachstellen, mit Freshtorge als Ziel. Und einem Ziegelstein als Faust.
An seinem ersten Schultag danach gehen alle Schüler (auf der Schule, die nun tatsächlich „Leo-Weiß-Alles-Schule“ heißt) auf die Knie vor ihm, weswegen er erst einmal eine Rede schwingt. Ja, er hat die Schule gerettet. Und ja, er hat mit Helene Fischer geschlafen. (Das soll komisch sein. ) Aber seine Mitschüler sollen ihn doch lieber normal behandeln.
Torben fühlt sich angestachelt, will auch cool sein und verliest eine Liste mit den Namen all der Mädchen, die angeblich schon mit ihm geschlafen haben (aus Neugier über seine allergischen Reaktionen beim Sex). Der Plan geht nur nicht auf, es interessiert sich keiner für ihn. Leo ist schließlich der Held!
In der Schule selbst wartet auch Katrin auf Leo, diesmal voll aufgebrezelt. Sie erzählt ihm, dass Perle und Helmut schlussgemacht hätten und dass es ihnen leid täte, wie sie Leo behandelt hatten. Und weil doch bald der Sommerball wäre, wollte Katrin Leo fragen ob er … denkt, dass Helmut mit ihr dahin gehen würde. Leo macht gute Miene zum schlechten Witz… für etwa drei Sekunden, dann heult er ein bissel rum, während sich Katrin verdünnisiert.
Als er gerade auch gehen will, steht plötzlich Helmut im rosa Hemd vor ihm und gibt ihm einen Brief, in dem Helmut ihm dafür dankt, dass er ihm die Augen geöffnet hat, da Helmut vorher immer nur eine Rolle spielte und nun dazu stehen will, wie er wirklich ist. Und daher fragt Helmut, ob Leo mit ihm auf den Sommerball gehen will. (Helmut rezitiert den Brief gleichzeitig. So ein „War doch nicht im Off, höhö“-Gag, der vielleicht zünden würde, wenn der nicht vorher schon mal so ähnlich vorgekommen wäre.)
Vor der Villa des alten Schuldirektors von Leo fährt in diesem Moment die „Pozei“ vor und will den Direx verhaften, da nach einem anonymen Hinweis sein Büro am Elitegymnasium durchsucht und dort die Chemikalie gefunden wurde, die die Infektion an Leos neuer Schule ausgelöst haben soll.
Der Herr Direktor ist aber gar nicht da: Er ist im Umkleideraum der Leo-Weiß-Alles-Schule, um Leo zur Rede zu stellen. Er hat kombiniert, dass der Virus von Leos Vater (dem Chemiker) stammt und Leo selbst die Infektion ausgelöst hat. (Offenbar wissen die Drehbuchautoren nicht, dass ein Chemiker keine Viren bastelt.)
Und Leo gesteht: Als er sich in Perle verguckt hatte, schmiedete er einen Plan, um nicht mehr als Loser dazustehen. Er probierte die Chemikalie am Müllmann aus, drang mit dem Schlüssel, den er beim Rausschmiss vom Gymnasium geklaut hatte, in das Büro des Direktors ein und deponierte dort ein Reagenzglas mit der Chemikalie, und präparierte dann den Mett-Igel für den Frühlingsball. (Der Alkohol in der Bowle stammte von der Schulsekretärin und hatte mit dem Plan nichts zu tun.) Und weil er wusste, wie die Infizierten geheilt werden konnten (und am Ende sogar lernwilliger als vorher waren), gilt er nun als Held und wird von allen geachtet.
Moment mal. Der will also behaupten, dass all die infizierten Leute von dem kleinen Mett-Igel gefressen haben, der auch noch von dem Typen stammte, der kaum Freunde an der Schule hat? Und wäre sein ganzer Plan nicht in die Hose gegangen, wenn die Polizei spätestens nach seinem Anruf aus der Bibliothek beschlossen hätte, die Nicht-Infizierten da rauszuholen?
Der Direktor will das alles der Polizei erzählen, aber da Otto gerade bei einer strengen Fitnesstrainerin was für sein körperliches Wohl tut, kann er bei ihm nichts loswerden. Dafür rückt aber die Polizei in der Turnhalle an. Und da Leo auch neuer Bürgermeister ist, ist er sich ziemlich sicher, dass man dem Direx nichts glauben wird – zumal da ja noch die gefälschten Beweise sind, die ihm den Schwarzen Peter zuschieben. Leos Rache ist somit durch die Festnahme seines alten Feindes komplett.
Leo erzählt Torsten, was noch passieren wird: Er wird in sein Auto steigen, es wird im Off ein Fazit gesprochen und die Kamera wird einen langsamen Schwenk in den Himmel machen. Und so kommt es dann auch. Das Fazit? „Glaub an dich selbst und lass dich nicht abstempeln.“ Und werde kriminell, damit dich alle mögen, sollte wohl auch noch rein.
Eine kleine Szene zeigt noch Herrn Salamanda, der dem Schularzt und ein paar Krankenschwestern den wahren Täter verraten will, indem eines der Karbolmäuschen die Buchstaben des Alphabets vorliest und der Salamanda beim richtigen Buchstaben klingelt. Weil die Schwester aber gegen Ende so schnell wird, kommt LEP heraus. Und Herr Salamanda wird so wütend, dass er aufsteht und die Leute anschreit. Und dann freut er sich, weil er sprechen (und gehen) kann, und vergisst, dass er noch was mitteilen wollte. Hat sich voll gelohnt, dafür noch ein Set zu bauen.
(Im Abspann gibt es neben Outtakes auch drei Seiten voll mit Sponsorenlogos. Eigentlich sollte man beim Gucken noch Geld kriegen bei so viel Werbung.)
Geschafft. Also besonders ich. Es ist kaum in Worte zu fassen, wie spektakulär dieser Film dabei versagt, lustig zu sein. Und das ist nicht etwa, weil ich schon zu alt für solchen Humor wäre: Übereinstimmenden Berichten zufolge war die Zielgruppe selbst (also 12- bis 14-Jährige) im Kino erschreckend still und bereute, Geld fürs Ticket ausgegeben zu haben, um ihre Lieblings-Youtube-Stars zu sehen, die in den meisten Fällen aber eh nur winzige Nebenrollen hatten (was in der Marketingkampagne wohlweislich verschwiegen wurde).
Da ich selbst kreativ bin und insofern trotz allem eine gewisse Grundsympathie für solche Projekte habe, ist es besonders niederschmetternd zu sehen, wie die wenigen Gags, die in anderem Umfeld vielleicht für ein, zwei Lacher gesorgt hätten, von so viel bescheuerten Witzen rundherum ersäuft werden, dass sie gar keine Chance mehr haben, eine Wirkung zu erzielen. Und mir tun auch die Youtuber selbst ein bisschen leid, die da mitgemacht haben und spätestens im Kino merken mussten, was für eine Grütze dabei herauskam. Sicherlich dachten viele, das wäre so eine Art tolles Sprungbrett in andere Medien. Stattdessen war es eins in die Scheiße, denn das kann man ja nicht mit gutem Gewissen in seinem Lebenslauf erwähnen. Bin froh, dass ich da nicht mitgemacht hab.
Die Macher von „Kartoffelsalat – Nicht fragen!“ wussten vermutlich selbst nicht so recht, was ihr Film eigentlich werden sollte. Eine normale Komödie? Eine Parodie? Ein auf 80 Minuten gestreckter Youtube-Sketch? Vermutlich sollte es eher was von den ersten beiden haben, wurde aber dann doch eher das dritte. Und selbst bei diesem Maßstab versagt er.
Der Film hat eine Million Euro gekostet und ist weniger unterhaltsam als die Videos der beteiligten Youtuber über die Dreharbeiten und das Haus, in dem sie währenddessen untergebracht waren. Insofern ist er noch schlimmer als „Daniel, der Zauberer“, weil der den Fans wenigstens noch das bot, was sie erwarteten. Wer hier allerdings nicht gerade Torge, Phil von Y-Titty oder Dagi Bee als Favoriten hat, sieht in diesem Film seine Lieblings-Youtuber kaum. Selbst die Bibi, deren Rolle immerhin eine gewisse Bedeutung für den kümmerlichen Plot hat, ist im ganzen Film insgesamt ungefähr fünf Minuten lang zu sehen. Aber wisst ihr, was am ungerechtesten ist? Dieser verdammte Film hat tatsächlich mehr als das Doppelte seiner Entstehungskosten eingespielt.
„Kartoffelsalat – Nicht fragen!“ ist übrigens nicht die einzige Kinosünde deutscher Youtuber: Ungefähr zur gleichen Zeit haben die Lochis (die hier auch Komparsenrollen haben) ihren eigenen Kinofilm „Bruder vor Luder“ gedreht, der im Dezember 2015 auf die Leinwände gekotzt wurde und wohl nur marginal besser sein soll als dieses Machwerk hier. Es gibt also tatsächlich noch mehr Produktionsfirmen, die irgendwelchen Youtubern dicke Geldsäcke geben, damit die ihre Kinoträume ausleben können. Falls euch irgendeiner mal erzählt, dass sich Qualität immer durchsetzt, haut ihm bitte von mir fest eins in die Schnauze.
PS: Die Youtuberin aus der allerersten Szene im Film ist Joyce Ilg. Wer mir das geschrieben hat, ohne vorher zu Ende zu lesen, hat sich die Mühe umsonst gemacht. Ätsch.
Euch hat die Lästerei nicht abgeschreckt und ihr wollt den Film trotzdem (oder gerade deswegen) sehen? Falls ihr die Blu-Ray/DVD/Streaming-Version per Amazon kaufen wollt, könnt ihr diesen Link benutzen und mich so noch unterstützen.
Nachtrag vom Dezember 2016: Inzwischen hat Freshtorge den Film auf Youtube hochgeladen, allerdings um eine knappe Viertelstunde gekürzt.