Klopfer spielt die Blackwell Adventures
Nuff! Ich grüße das Volk.
Wenn man sich die aktuellen Corona-Zahlen anschaut, ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass einige von uns bald wieder viel Zeit daheim haben werden. Die will natürlich möglichst unproduktiv genutzt werden, weswegen ich euch jetzt in unregelmäßigen Abständen einige Point-&-Click-Adventures vorstellen möchte. Der Schwerpunkt liegt erst einmal auf Spielen des Studios Wadjet Eye Games oder Spielen, bei denen Wadjet Eye im weitesten Sinne mitgeholfen hat.
Den Anfang macht nicht nur ein Spiel, sondern eine ganze Reihe: die fünfteilige Blackwell-Serie, die die Grundlage des guten Rufs des Entwicklers ist. Die Premiere feierte im Jahr 2006 „The Blackwell Legacy“.
The Blackwell Legacy
Rosangela (Rosa) Blackwell ist eine junge Zeitungskolumnistin in New York. Sie hat gerade ihre letzte verbliebene Verwandte verloren: Ihre Tante Lauren ist nach vielen Jahren in einer psychiatrischen Anstalt gestorben und Rosa hat ihre Asche von einer Brücke gestreut. Etwas beunruhigend: Auch Rosas Großmutter Patricia ist bereits in recht jungen Jahren verrückt geworden und verbrachte den Rest ihres Lebens in der Gummizelle. Und beide redeten mit einer imaginären Person namens "Joey". Der Arzt von Lauren und Patricia macht sich daher Sorgen, dass es für diese Erkrankung genetische Ursachen geben und Rosa somit auch betroffen sein könnte. Wäre es möglich, dass Rosas Kopfschmerzen ein frühes Anzeichen sind? Hm…
Ihr Boss bei der Zeitung findet, dass sie mal was anderes als Buchrezensionen schreiben sollte, und gibt ihr den Auftrag, den Selbstmord einer Studentin zu untersuchen. Während sie recherchiert, erscheint in ihrer Wohnung direkt vor ihren Augen ein schwebender (und ziemlich durchsichtiger) Mann in einem Anzug. Der stellt sich als Joey Mallone vor. Er ist ein Geist. Genauer gesagt: Er ist der Geist, der auch mit den anderen Frauen in Rosas Familie zu tun hatte. Die Blackwell-Frauen sind Medien gewesen, die eine Verbindung zum Jenseits herstellen können. Ihre Aufgabe ist es, mithilfe von Spirit Guides wie Joey die Geister von Verstorbenen auf den Weg ins Licht zu führen. (Meistens ist das Problem, dass die Betroffenen selbst noch gar nicht gemerkt haben, dass sie tot sind.) Joey ist nach dem Tod von Lauren nun an Rosa gebunden und kann sich weder weit von Rosa entfernen noch selbst ins Jenseits hinüberwechseln.
Da Rosa nun auch andere Geister sehen kann, stellt sie mit Joey schnell fest, dass hinter dem Suizid der Studentin mehr steckt und auch eine andere Freundin sich umgebracht hat – und es noch mehr Opfer geben wird, wenn sie nicht herausfinden, wer die Mädchen in den Tod treibt …
Das Spiel ist (wie seine Nachfolger) ein Adventure im pixeligen Retro-Stil. Man führt Gespräche, klickt sich von einem Ort zum nächsten, benutzt Gegenstände und versucht, Rätsel zu lösen. Für die Auswahl der Themen, die man in den Dialogen bespricht, benutzt man das Notizbuch von Rosangela. Über das Notizbuch kann man auch (außerhalb von Gesprächen) Themen kombinieren und so neue Erkenntnisse gewinnen. Wenn etwa ein Mädchen als „zukünftige Mrs. Davenport“ bezeichnet wird und an einer anderen Stelle ihr Freund als „Alexander“ genannt wird, kann man beide Stichpunkte kombinieren, um so zum Namen „Alexander Davenport“ zu kommen. Joey kann man (in diesem Teil) noch nicht direkt steuern, aber seine Fähigkeiten dennoch nutzen. (Er kann durch Wände gehen und Dinge anpusten.)
In diesem frühen Werk von Wadjet-Eye-Gründer David Gilbert ist die Grafik noch etwas schlichter und auch die Puzzles sind oft noch etwas hakelig bzw. fügen sich nicht ganz geschmeidig aneinander. Aber das (relativ kurze) Spiel macht Lust auf mehr. Typisch für die Spiele ist übrigens ein zuschaltbarer Audiokommentar von David Gilbert zu den Hintergründen der Entstehung – und hier gibt es sogar zwei, die im Abstand von einigen Jahren aufgenommen wurden. Natürlich sollte man das Spiel erst einmal „pur“ genießen. Die fünf Adventures sind übrigens alle voll (auf Englisch) vertont. Deutsche Versionen gibt es nicht, auch keine übersetzten Texte.
The Blackwell Legacy bei Steam
Blackwell Unbound
Der zweite Teil der Reihe erschien schon 2007 und spielt in den 70er Jahren. Wir steuern hier also nicht Rosangela, sondern ihre Tante Lauren, als die noch jung und knackig war, nicht in der Klapsmühle hockte und mit Joey arbeitete.
Die beiden haben in dieser Nacht zwei neue „Klienten“ entdeckt. Eine ist der Geist einer alten Frau, der auf einer Baustelle spukt. Der andere Geist ist der eines alten Saxophonspielers, der auf einer Promenade am Fluss immer wieder Musik macht. Beide Geister haben allerdings überhaupt keine Lust, mit Joey oder Lauren zu reden. Und dann ist da noch so eine durchgeknallte Alte, die körperlich lebendig, aber geistig ganz woanders ist – und Joey sogar sehen kann.
Die Grafik ist im Vergleich zum Vorgänger leicht verändert, die Rätsel sind aber deutlich mehr dialogbasiert und etwas weniger befriedigend. Zudem muss man immer wieder sehr viel hin und her laufen, aber diesmal kann man auch Joey direkt steuern. Der Teil ist übrigens eher aus Versehen entstanden: Eigentlich sollte das eine Rückblendesequenz in der Fortsetzung „The Blackwell Convergence“ werden, wurde dann aber so umfangreich, dass es ein eigenständiger Teil wurde. Dennoch ist es relativ kurz, eine Stunde Spielzeit kriegt man aber immerhin raus.
The Blackwell Convergence
Wie bereits angedeutet, spielt „The Blackwell Convergence“ wieder in der Gegenwart (bzw. im Jahr 2007) mit Rosa. Sie und Joey haben inzwischen schon einige Routine dabei, Gespenstern den Weg ins Jenseits zu zeigen, aber als sie sich um den Geist eines Schauspielers kümmern, stellen sie etwas Eigenartiges fest: Offiziell starb der Mann an einem Herzinfarkt, doch er selbst erinnert sich genau daran, erwürgt worden zu sein. Zudem wurde sein letzter Film durch seinen Tod mega-erfolgreich, was nicht nur das Filmstudio, sondern auch einen Investor glücklich macht. Dieser Investor ist eine Stiftung, und schnell merken Rosa und Joey, dass es nicht das einzige Mal ist, dass die Stiftung vom Tod eines Menschen profitiert. Außerdem scheint der Geist der durchgeknallten Alten vom letzten Mal wieder aufzutauchen…
Neues Spiel, neuer Grafikstil, wieder (größtenteils) etwas hübscher. Das Spiel verzichtet diesmal auf die Kombinierungsmechanik im Notizbuch, die Puzzle sind wieder sehr oft dialogbasiert und deren Lösung nicht immer ganz logisch bzw. vorhersehbar, zudem gibt es auch wieder einige Stellen, an denen man unter Zeitdruck steht (immerhin droht kein Game-Over, wenn man es nicht auf Anhieb hinkriegt, man muss die entsprechenden Handlungen einfach noch einmal durchführen). Mit diesem Spiel kann man sich sicher deutlich über zwei Stunden lang beschäftigen.
The Blackwell Convergence bei Steam
The Blackwell Deception
Rosa arbeitet nun offiziell als Beraterin für übersinnliche Probleme, auch wenn das nicht problemlos funktioniert, wie sie und Joey bei einem wütenden Geist auf einer Jacht feststellen. Kaum ist die Sache erledigt, bekommt Rosa einen Anruf. Ein ehemaliger Kollege von Rosa aus ihren Tagen bei der Zeitung bittet sie um Hilfe: Sie soll ihn bei der Recherche für einen Artikel unterstützen, weil er sich nicht so gesund fühlt. Sie findet schnell heraus, dass die Bitte von einem Toten kommt. Ihr Ex-Kollege wurde ermordet, während er Hinweisen auf eine Art Guru nachging, bei dem alle, die ihn konsultierten, schließlich unter mehr oder weniger verdächtigen Umständen den Löffel reichten. Schließlich müssen Joey und Rosa feststellen, dass weitaus mehr dahintersteckt als nur eine Einzelperson.
Die Grafik der Hintergründe ist diesmal wieder etwas schlechter, die Charakterportraits etwas hübscher. Bei den Rätseln wird wieder mehr kombiniert (das Notizbuch ist nun in ein Smartphone gewandert, und man kann darin erneut Themen kombinieren), aber manchmal hat man Schwierigkeiten, genau zu wissen, was eigentlich das nächste Ziel ist. Die Spielzeit beträgt ungefähr drei bis vier Stunden.
The Blackwell Deception bei Steam
The Blackwell Epiphany
Rosa arbeitet nun inoffiziell mit einem Polizisten zusammen, den sie im letzten Teil kennenlernte. Der schickt sie zu einem Gebäude, in dem es spukt. Zufällig wird sie danach Zeuge eines Mordes, doch als sie dem Geist helfen will, ins Jenseits zu gelangen, wird der Geist vor ihren Augen zerfetzt. Auf der Suche nach dieser geheimnisvollen und unheimlichen Macht, die es auf (mehr oder weniger) unschuldige Geister abgesehen hat, klären sich weitere Rätsel auf. Was passierte am Ende von Joeys Leben? Was ist mit der verrückten Alten damals genau passiert? Und wieso sind Rosas Tante und ihre Oma wahnsinnig geworden? In „The Blackwell Epiphany“ führen alle Fäden zusammen und ergeben den Abschluss der Reihe.
Der letzte Teil der Blackwell-Saga sieht nicht nur am besten aus, er ist auch der längste. Ich habe beim ersten Mal knapp vier Stunden zum Durchspielen gebraucht. Es gibt ein paar heftige Überraschungen und an einigen Stellen geht einem das Geschehen auch recht nahe. Dialogrätsel gibt es diesmal kaum, aber das „Was steht jetzt an?“-Problem besteht weiterhin, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie in den Vorgängern.
The Blackwell Epiphany bei Steam
The Blackwell Epiphany bei GOG.com
Bundle-Links:
Blackwell 1-5 bei Steam
Blackwell 1-4 bei GOG.com (Teil 5 bei GOG siehe oben)
Fans von traditionellen Point-&-Click-Adventures werden sicherlich nicht enttäuscht sein von der Blackwell-Saga. Da die Reihe über 8 Jahre hinweg entstanden ist, sieht man auch gut die Entwicklung, die David Gilbert als Spieldesigner durchgemacht hat – Teil 5 ist deutlich polierter als Teil 1. Insgesamt findet man hier sehr solide Kost und fühlt sich von Episode zu Episode immer mehr verbunden mit den Charakteren.
Die Spiele „Shivah“ und „Unavowed“, die im selben Universum spielen wie die Blackwell-Teile (aber sehr gut auch ohne Vorwissen komplett unabhängig davon gespielt werden können) werde ich in getrennten Blogeinträgen vorstellen.
Kommen wir am Schluss zu etwas völlig anderem: Ich habe jetzt das Layout des Buchblocks des "Bob & Linda"-Buches fertig und kann nun also endgültig sagen, dass das Buch 348 Seiten haben wird. Fehlt nur noch das Cover, um ein paar Probedrucke anfertigen zu lassen. Fein.
Ansonsten ist alles irgendwie mittelgrässlich gerade. Meine Matratze ist kaputt, aber gleichzeitig muss ich demnächst über 600 Euro für Zahnarztbehandlungen zurücklegen, es kommt auch alles auf einmal. Mein Steuerbescheid für letztes Jahr ist auch noch nicht da, aber da wird auch wieder Geld flöten gehen. (Wenn ich doch nur für OnlyFans nicht zu hässlich wäre. ) Und ich habe festgestellt, dass ich vor dem Start des Buchverkaufs noch die Paypal-Zahlung auf Klopfers Web umstellen muss.
Apropos Buchverkauf: Damit ich weiß, wie viele Bücher ich auf Lager haben (bzw. überhaupt drucken lassen) sollte, bitte ich alle, die fest vorhaben, das Buch in absehbarer Zeit (d.h. bis Ende 2021) zu kaufen, bei der folgenden Umfrage mitzumachen. Preislich sollte man sich bei dem gedruckten Buch auf 12 Euro gefasst machen, das E-Book dürfte wohl um die 7,49 Euro kosten.
Des Weiteren möchte ich gerne den KW-Newsletter wieder beleben. Ein paar kleine technische Kleinigkeiten müssen noch geklärt werden, aber dann sollte dem Start nichts im Wege stehen. Da die alten Abonnements nicht mehr existieren, wird sich jeder Interessent neu eintragen müssen, aber das sollte keine unüberwindliche Hürde sein. Ich sage dann noch Bescheid.
Ich denke, das war es dann für dieses Mal. Bis dann!
Mitglied
Ich muss irgendwie an Kyokai no RINNE denken... erscheint das eigentlich noch?
Ansonsten Danke fürs Review, ich mag Point'n'Click insofern mal schauen, ob wir in einen neuen Lockdown laufen...