Foto-Lovestory: Treuetest mit "Twist"
Zu den obligatorischen Inhalten einer Teeniezeitschrift gehören unter anderem die Fotoromane. Immer geht es um die große Liebe, mal mit verzwickten Dreiecksbeziehungen, mal mit stiller Anbetung des Schwarms, der sich dann doch noch erbarmt und seine innige Zuneigung gesteht.
In einer der letzten Ausgaben der "Twist" gab es allerdings eine Geschichte, die ein bisschen aus der Art schlug...
Nelly liebt Lucas, und Lucas hat als Hobbys Partys und Girls. Kein Wunder, dass Nelly ein bissel unsicher ist, ob Lucas seinen Penis nur in ihre Vagina schiebt.
Lucas nimmt Nellys Bedenken natürlich sehr ernst und gibt sich größte Mühe, ihre Bedenken zu zerstreuen. Ha, als ob. Stattdessen macht er nur einen blöden Witz: "Außer den fünf anderen Girls gibt es niemand! Versprochen!" Grammatik muss er noch üben.
Am nächsten Tag im Café kommt Lucas zu spät zu seinem Treffen mit Nelly, und dann auch noch mit einem Lippenstiftfleck am Hemdkragen. Aber das kann er total lässig erklären: Gestern Abend war er noch auf einer Geburtstagsparty von einem Kumpel, und der hat mit einer anderen herumgeknutscht, und als seine Freundin auftauchte, hat Lucas bereitwillig mit ihm das Hemd getauscht, damit die Perle nix merkt. Ja, da macht man bestimmt einen sehr guten Eindruck bei seiner Freundin, wenn man ihr erzählt, dass man dem Kumpel hilft, seine Liebste zu bescheißen. Nelly ist jedenfalls skeptisch, und das Gefühl wird am nächsten Tag noch verstärkt.
Lucas hat nichts davon gesagt, dass er seinem Kumpel auch noch die Knutschflecke abgenommen hat, und Nelly ist sich ebenfalls ziemlich sicher, dass sie nicht selbst für dieses Hämatom verantwortlich ist. Nellys Vertrauen in ihrem Traumboy ist erschüttert, und sie teilt ihre Bedenken mit ihren Freundinnen Isy und Lena.
Anstatt ihn zur Rede zu stellen, wo er sich dieses Liebesmal am Hals geholt hat, wird lieber eine andere Idee gewälzt: Isy macht mit Lucas einen Treuetest, und Lena filmt das Ganze heimlich.
Am Abend trifft man sich also im Café, um diesen Treuetest unauffällig durchziehen zu können, während Nelly so tut, als müsste sie kacken. Ich möchte hier auch mal auf den Gesichtsausdruck von Lucas aufmerksam machen. Sexy, oder?
Kaum ist Nelly weg, kommt auch schon Isy und beginnt ihre "rattige Blondine sucht Typen zum Lochstopfen"-Nummer bei Lucas. Der ist aber so gar nicht begeistert, obwohl ihm Isy heftig auf die Pelle rückt.
Lucas schickt sie in die Küche, wo sie hingehört, und Nelly lässt sich von ihm grinseglücklich erzählen, wie er gerade die Avancen irgendeiner Tussi abgewehrt hat.
Auch die Sichtung des Videomaterials im Freundeskreis lässt bei Nelly Verzückung aufkommen. Endlich ist die Treue von Lucas endgültig bewiesen und der immer noch ungeklärte Knutschfleck vergessen! Mit schlechtem Gewissen schenkt Nelly ihrem Liebsten am nächsten Tag eine Schachtel Pralinen. Mit einem sanften Kuss wird die ewige Verbindung zwischen den beiden Liebenden noch einmal besiegelt. Ein schönes Ende, oder?
Tja, war nur leider noch nicht das Ende. Denn Isy ist eine falsche Schlange und Lucas tatsächlich der Fremdvögler, für den man ihn hielt. Gemeinsam machen sie sich in ihren Fickpausen über Nelly lustig und lachen auch noch die Kamera aus.
Und das ist tatsächlich das Ende, Nelly ist die Verarschte und weiß es nicht mal, und ihr Traumboy und ihre angebliche Freundin pimpern sich das Hirn aus dem Leib. Was zum Fick ist da nur in die Redaktion gefahren? Wo bleibt der positive Ausblick auf die Liebe, der optimistische Funke der Hoffnung auf eine erfüllte Beziehung für die Leser und Leserinnen? Muss hier unbedingt die Saat des Zweifels in die jungen Menschen gepflanzt werden? Ist es nötig, dass Zwietracht die zart aufblühenden Bande gegenseitiger sexueller und emotionaler Abhängigkeit gefährdet? Wird hier die Romantik zugunsten eines kalten Realismus brutal abgeschlachtet, gehäutet, noch einmal zerhäckselt und dann auf dem fahlen Acker der Enttäuschung ausgestreut? Zweifellos. Und wenn ein junger Bursche nun Schwierigkeiten hat, die Äffäre mit seiner Geliebten vor seiner misstrauischen Freundin zu verstecken, der darf sich gerne bei der "Twist" bedanken.
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Was für ein bescheuerter Fotoroman. (Ich kannte diese Zeitung übrigens noch gar nicht, woher hast du die?)