Das mit dem "sichtbar sein" ist ein zweischneidiges Schwert. Klar, bei vielen Aktionen fragt man sich schon, was sie einem damit genau sagen wollen, gerade, wenn es Sachen sind, die der Einzelne auch einfach aus Spaß an der Sache mitmacht und nicht aufgrund der politischen Aussage. (Mit dieser Begründung haben zB Rammstein mal die Mitwirkung an "Rock gegen Rechts" abgelehnt und haben dafür wieder die üblichen Vorwürfe bekommen.)
Allerdings hört man in letzter Zeit aus rechten Kreisen ja doch häufiger die Ansicht, dass eigentlich das ganze Volk nur zu eingeschüchtert ist, um "die Wahrheit" zu sagen und es ja insgeheim jeder feiert, wenn irgendwo ein Flüchtlingsheim angezündet wird. (Und manche Ausländer berichten auch, dass sie in den letzten Jahren - seit Sarrazin und noch mehr seit letztem Sommer - immer häufiger angefeindet werden in einer Art, die man sich eigentlich nur erklären kann, dass die Leute irgendwie einen Rückhalt in der Bevölkerung vermuten.) Und vor diesem Hintergrund zeigt man sich eben nicht nur gegenseitig, sondern auch den Nazis (und nicht zuletzt den Betroffenen Flüchtlingen und anderen Ausländern), dass deren Meinungen eben doch nicht von einer Mehrheit geteilt werden.
Mit den Lichterketten gegen die Golf- oder Jugoslawienkriege sollte den verantworlichen Politikern gezeigt werden, dass sie sich nicht auf eine breite Bevölkerungsmehrheit stützen können. (Das klappt natürlich nur, wenn auch entsprechend viele bei der Demonstration dabei sind)
Bei den Protesten gegen Castortransporte war glaube ich die Strategie: Wir machen die Transporte so teuer, dass die Atomkraft sich insgesamt nicht mehr rechnet.
Aber die allermeisten Demonstrationen kranken eben auch daran, dass sie nicht die Größe erreichen, um irgendwas zu signalisieren (wenn in Berlin 50.000 auf die Straße gehen, ist das angesichts von über 3 Millionen Einwohnern nüscht). Insofern wird auch die Signalwirkung an die Rechten ausbleiben, zumal die Radikalen, die Heime anzünden, sowieso nicht aufhören werden, weil sie plötzlich mitkriegen: "Moment, die Bevölkerung will das gar nicht." Das ist eine naive Ansicht.
Die Lichterketten in Deutschland waren gerade beim zweiten Golfkrieg ganz besonderer Stuss, weil Deutschland ja gar nicht mitmachte.
Der Atommüll bleibt ja trotzdem. Das ist was, was die ganzen Atomkraftgegner offenbar immer noch nicht begriffen haben, wenn sie ihre supertolle "Wir machen Atommülltransporte teurer"-Strategie fahren: Der Müll ist da, und egal wie man zur Atomkraft steht, man wird sich um ihn kümmern müssen, ihn transportieren und lagern müssen.
Und es ist da auch egal, wie lange die Kernkraftwerke noch laufen, weil der Müll mengenmäßig ziemlich wenig ist; wer eine Lösung für den Müll der ersten fünfzig Jahre Atomkraft hat, der hat diese Lösung auch für den Müll weiterer fünfzig Jahre.