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#43234 Als Fragensteller der verlinkten Frage: Ich bin links. Weit links, nämlich Marxist. Für mich würde linke Politik bedeuten, Politik auf Grundlage von Klassenverhältnissen zu machen. Klasse bedeutet in diesem Fall nicht nur das Einkommen, sondern auch ob jemand angestellt oder selbstständig ist, jemand kann sozial höhergestellt sein (z. B. weil er politische Macht hat, selbst wenn er nicht überdurchschnittlich verdienen sollte) oder auch materiell diskriminiert werden, wie das bei Hausfrauen und -männern der Fall sein dürfte. Rassismus wird als Werkzeug eingesetzt (nicht zwingend bewusst!) um die Kosten tief zu halten. Einem Ausländer kann man eher einen tiefen Lohn unterschieben, weil der sich weniger wehren wird (z. B. weil er die Gesetze nicht kennt oder die Sprache nicht spricht, oder generell eine schwerere Position hat). Redet man ihm ein, er habe weniger zu melden, funktioniert das umso besser. Ausserdem kann man dann schön behaupten, der Ausländer sei schuld an den Problemen der heimischen Arbeiter. Daher ist Rassismus immer gegen die Arbeiterbewegung. Das Beispiel mit den älteren Arbeitnehmern ist eine differenziertere Problematik. Das würde dann auch davon abhängen, wie das Programm finanziert wird, welche Arbeitnehmer davon profitieren (im mittleren Kader ist die Situation anders als bei Fabrikarbeitern) und wie es umgesetzt wird. Allgemein aber bin ich skeptisch gegenüber solchen partikulären Programmen für einzelne Gruppen von Arbeitern. Die (etwas extremere) Linke denkt auch tendenziell weniger individualistisch als der Liberalismus.
Warum stimmen eigentlich so viele Leute gegen ihre materialistischen (nicht materiellen) Interessen? Erfolgreiche Propaganda à la "alle Linken wollen die UdSSR zurück"? Zu komplexe Theorie? Kümmert man sich mehr um Kultur und Werte als um Materialismus (obwohl der Materialist sagen würde dass beides zusammenhängt)?
Das zeugt aber von einer Sichtweise auf die Verhältnisse von vor mehreren Jahrzehnten. Es mag sein, dass die Wirtschaft sich mal drüber gefreut hat, dass Ausländer kommen, weil man die so schön ausbeuten kann, aber das ist von der Realität überholt worden. Bei den Jobs für Geringqualifizierte ist das Angebot an Arbeitskräften weitaus höher als die Nachfrage, selbst ohne zusätzliche Ausländer. Da gewinnt man also nichts durch den Zustrom. (Bei den Fachkräften stellt sich schlicht und einfach heraus, dass die meisten Ausländer, die kommen, hoffnungslos hinterher sind, was den Bildungsstand angeht, und es daher billiger wäre, Deutsche oder Ausländer aus Spanien, Italien oder Frankreich für solche Sachen auszubilden.)
Ein großer Teil der Ausländer gehört im Prinzip so gar nicht mehr zur Arbeiterklasse, und der Ruf "Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg" ist viel leiser geworden und bezieht sich oft eher darauf, dass Arbeitsplätze in fremde Länder verlagert werden. Der größere Vorwurf, dem sich Ausländer heute ausgesetzt sehen, ist doch eher der, dass sie sich vom Sozialsystem durchfüttern lassen und nichts beitragen würden.
Insofern müssen sich die Linken auch fragen, wieso die Einteilung der Gesellschaft in diese Klassen (insbesondere in den Gegensatz Bourgeoisie und Proletarat) tatsächlich für die Politik die bestimmende Beschreibung sein sollte und ob man damit nicht eine Spaltung der Gesellschaft zementiert, weil unterschwellig schon mit dem Heraufbeschwören des Klassenkampfes immer gesagt wird, dass ein Vorteil für eine Klasse der Nachteil der anderen wäre.
Warum stimmen eigentlich so viele Leute gegen ihre materialistischen (nicht materiellen) Interessen? Erfolgreiche Propaganda à la "alle Linken wollen die UdSSR zurück"? Zu komplexe Theorie? Kümmert man sich mehr um Kultur und Werte als um Materialismus (obwohl der Materialist sagen würde dass beides zusammenhängt)?
Weil die Linken vll. hehre Ziele haben, aber in ihren Methoden nicht mehrheitsfähig sind? Weil die Linken immer noch nicht so wirklich aufgearbeitet haben, wieso die sozialistischen Länder wirtschaftlich so beschissen funktionierten und somit in den Augen der meisten Leute nicht gezeigt haben, dass sie es besser machen würden? Viele Linke sind gut darin, den Finger auf die Wunde zu legen, was gerade verkehrt läuft. Aber wenn's dann darum geht, was getan werden sollte, um es zu verbessern, wird's gerne mal unrealistisch oder macht den Leuten Angst.