Krieg der Welten
Im letzten Jahr kam eine Literaturverfilmung in die Kinos, die ich eigentlich recht gespannt erwartete. Ich hatte den Film "Kampf der Welten" von 1953 gesehen, ich hatte auch das Buch "Krieg der Welten" von H.G. Wells gelesen. Und nun sollte also eine Verfilmung von Steven Spielberg die Geschichte neu erzählen. Obwohl ich Tom Cruise wegen seiner Scientology-Predigten nicht wirklich mag, war ich bereit, diesem Film eine Chance zu geben. Was mich dann aber erwartete, lässt sich mit Enttäuschung nur oberflächlich beschreiben. Ich hatte eher das Gefühl, dass das Buch vergewaltigt worden war. Von vorne, von hinten, mitten in der Nacht, ohne Gleitcreme und ohne Kondom. Und seit die Idee für die "Klopfer lästert"-Kategorie in mir schlummert, wollte ich diesen Film unbedingt besprechen...
Der Anfang ist noch recht stimmungsvoll. Die Kamera macht eine kleine Reise vom Inneren eines Zellkerns zur Außenansicht der Erde mit eingestreuten Szenen des täglichen Lebens auf US-amerikanischen Städten. Dabei wird ein Monolog vorgelesen, der textlich eine gekürzte Variation des ersten Kapitels aus dem Buch von H.G. Wells darstellt und schon allein deswegen besser geschrieben ist als der ganze Rest des Films.
Zunächst dürfen wir Ray, der verdächtig nach einem Plazenta fressenden Scientologen aussieht, bei seiner Arbeit als Kranführer im Containerhafen beobachten. Die Szene ist so bombastisch geschnitten, dass dieser Job auf einmal sehr glanzvoll und heldenhaft wird. Und diese bunten Container - also da hab selbst ich meinen Berufswunsch noch mal überdacht.
Ray hat jetzt aber Feierabend und schmettert die Wünsche seines Ausbeuterchefs nach einer Sonderschicht mit dem Hinweis auf die Gewerkschaft ab. Man könnte das fast als versteckte Werbung sehen, aber das ist ja hier nicht "Die Insel".
Ray rast also nach Hause und trifft dort auf seine Ex-Frau und ihren neuen Mann, die sichtlich angepisst vor dem Haus stehen, weil sie eigentlich schon vor einer halben Stunde Rays Kinder hier absetzen wollten, um alleine zu ihren Eltern zu fahren. Nun haben wir Ray gerade bei der Arbeit gesehen, und dass er in halsbrecherischer Geschwindigkeit nach Hause gefahren ist, er also höchstwahrscheinlich gar keine 30 Minuten eher hätte zu Hause sein können. Will man uns jetzt sagen, dass Ray keinen blassen Schimmer von seinen Arbeitszeiten hatte, als er mit seiner früheren Ollen die Übergabe der Kinder verabredet hatte? Ich persönlich glaub ja, dass seine ehemalige Gattin einfach eine egozentrische Kuh ist und kein Verständnis für arbeitendes Volk hat.
So sind offenbar auch die Kinder erzogen, die von ihrem Vater so ziemlich gar nichts halten. Sein Sohn Robbie (sind wir hier bei den "Dinos"?) bekommt beim Aussteigen aus dem Auto zwar gesagt, dass die Haustür geschlossen ist, aber was stellt er messerscharf ein paar Minuten später fest? "Die Tür ist zu." Selbst wenn er seinen Vater vorher nicht gehört hat, hätte er das erstens schon daraus schließen können, dass sein Erzeuger gerade erst gekommen ist, und zweitens steht er geschlagene zwei Minuten vor der Tür, bis der Blitz der Erkenntnis in seinen Schädel schlägt. Das ist immerhin ein kleiner Hinweis auf den weiteren Verlauf des Films, in dem sich bestätigt, dass Robbie ein Vollidiot ist. Rachel, das kleine Mädchen, zeigt jetzt schon einen leichten Hang zur Klugscheißerei, als ihre Mutter ihren Koffer ins Haus tragen will und mit dem Hinweis gepiesackt wird, dass am Koffer Rollen wären.
Beim Durchschalten durch die Fernsehprogramme wird in diversen Nachrichtensendungen von merkwürdigen Gewittern berichtet, welche in anderen Ländern ihr Unwesen treiben. Ich frag mich, ob das eine Bedeutung für die Story hat? Viel spannender ist allerdings die Frage, warum ein japanischer Sender plötzlich englischsprachige Nachrichtensendungen in den USA ausstrahlt.
Das Fernsehvergnügen wird allerdings von Ray unterbrochen, der endlich mal den Vater raushängen lassen will und Robbie auf die Wiese hinter dem Haus zerrt, um dort ein paar Bälle zu werfen. Was zunächst noch harmlos anfängt, schaukelt sich verbal und sportlich zu einem Kampf auf Leben und Tod hoch, in dessen Verlauf Ray seinen Sohn tötet und ihm mit den Zähnen die Bauchdecke aufreißt, um sein Gesicht in dessen Eingeweide... Entschuldigung, ich bin ein wenig hinweggetragen worden von der Atmosphäre. In Wirklichkeit schmeißt Ray nur eine Scheibe ein, während Robbie schmollend abzieht.
Rachel versucht gute Tipps zu geben, wirkt dabei aber so ekelhaft schulmeisterlich, dass Ray sich von ihr gar nichts sagen lässt. Wow, ein Konflikt zwischen dem männlichen und dem weiblichen Hauptcharakter. Ich frag mich, ob sie später im Laufe eines Streits miteinander schlafen. So funktioniert Hollywood doch, oder? Ray geht jedenfalls ins Bett und gibt seiner Tochter noch den Tipp, sich was zu bestellen, wenn sie Hunger hat. Wenn das nicht ein treu sorgender Vater ist?
Am nächsten Morgen motzt Ray ein wenig rum, weil Rachel nur ungenießbaren Biofraß bestellt hat (Hummus, schmeckt aber anscheinend wie Humus). Rachel wiederum weigert sich, einen Splitter in ihrer Hand von Ray entfernen zu lassen, weil ihr Immunsystem ihn ja wieder abstoßen wird. Ich frage mich, ob das nicht vielleicht eine Anspielung auf den weiteren Verlauf des Films sein könnte. Hm... Die gegenseitige seelische Misshandlung wird fortgesetzt, indem Rachel von ihrem Pay-TV-Anschluss zu Hause schwärmt und Ray ihre televisionären Bedürfnisse mit Hinweis auf seine beschränkten finanziellen Möglichkeiten abkanzelt. Ziemlich öde und wahrscheinlich nur im Film, um noch mehr zu zeigen, dass Ray nicht wirklich heiß geliebt wird von seinen Kindern, auch weil er keinen Schimmer von Erziehung hat. Ich wette, er kennt noch nicht einmal das Konzept der Stillen Treppe. Nebenbei erfährt Ray noch, dass sein Sohn mit seinem Auto abgedampft ist. Dabei hat der Bengel nicht mal einen Führerschein.
Ray geht raus und will offenbar seiner Lendenfrucht ein paar heiße Ohren verpassen, als er merkt, dass seine Nachbarn zum Himmel starren und eine merkwürdig leuchtende Wolke fotografieren. Obwohl das Phänomen stark an Independence Day erinnert, denkt keiner daran, aufgeregt durch die Gegend zu rennen und zu brüllen: "Wir werden alle sterben!" Dabei wäre das eine gute Idee. Ich würd's tun. Nach ein wenig Fachsimpelei ("Sowas hab ich hier noch nie um diese Jahreszeit gesehen") gibt Ray seinen Nachbarn den Tipp, doch in die Gärten hinter den Häusern zu gehen, weil man die Wolke da besser sehen könnte. Was eigentlich nur zeigt, dass die Nachbarn offenbar noch bescheuerter sind als Ray, wenn sie nicht selbst drauf gekommen sind.
Hinter dem Haus angekommen stellt Ray fest, dass das Gewitter gegen den Wind steuert. Und was macht man, wenn man ein potenziell gefährliches Objekt am Himmel sieht, welches sich scheinbar nicht den Naturgesetzen entsprechend verhält? Man holt seine kleine Tochter, damit sie das auch mal sehen kann. Warum auch nicht? Morgen könnte sie ja schon tot sein...