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Sind Computer zu männlich für Frauen?

Eine französische Filmkomödie heißt „Her mit den kleinen Engländerinnen“. Den Wunsch haben auch englische Computerkurse im Königreich, in denen Schüler das Programmieren lernen sollen. Nur: Die meisten Mädchen wollen nicht. Der Jungenanteil beträgt 80 Prozent. Das angebliche Defizit: Es müsse klarer gemacht werden, dass es nicht um „nerdy boys’ stuff“ ginge. Und auch im Rest Europas klagt angeblich ein Drittel der Schülerinnen darüber, dass im Informatikunterricht alles aus der „Jungen-Perspektive“ erklärt werden würde.

Ich weiß nicht, was das sein soll. In der Informatik gibt es keine „Jungen-Perspektive“. Daher weiß ich auch nicht, wie eine „Mädchen-Perspektive“ aussehen soll. Einen Prozessor interessiert nicht, ob der Code, den er ausführen soll, von einem Mädchen oder einem Jungen geschrieben wurde, er funktioniert oder funktioniert nicht. Auch die mathematischen und informationstechnischen Grundlagen dahinter interessieren sich einen Scheißdreck fürs Geschlecht. Die Konzepte muss man so begreifen, wie sie halt sind, da gibt es keine Jungen-Version oder Mädchen-Version. (Ich kenne auch keinen Jungen, der sich über eine unfaire Mädchen-Perspektive beschwert, wenn ganz am Anfang im Informatik-Lehrbuch erklärt wird, dass ein Programmcode so was wie ein Kochrezept ist.) Ich hoffe, jeder weiß intuitiv, dass es in der Chemie keine Jungen- oder Mädchenperspektive gibt. Oder in der Physik. Und genauso gibt es in der Mathematik und der Informatik keine. Soll die Beschwerde der Mädchen jetzt einfach bedeuten, dass die meisten von ihnen abstrakte, mathematische Konzepte nicht verstehen? Ich weigere mich, Frauen für so unfähig zu halten. Und wie meine Mutter zu dem Thema sagte: „Wer Gleichberechtigung will, muss auch das Gleiche leisten, das bringt doch nichts, an Mädchen andere Anforderungen zu stellen.“

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Mädchen-Perspektive, so ein Unsinn. Von der Küche aus kann man meinen Computer zum Beispiel gar nicht sehen. trollface.png

Ich hatte am Gymnasium einen Informatik-Leistungskurs, der von einer sehr emanzipierten Frau geleitet wurde. Unter 15 Schülern waren zwei Mädchen. Und sie waren gut. Die restlichen Mädchen in der Klassenstufe haben sich einfach nicht so für das Thema interessiert, und auch die Tatsache, dass sie selbst alle auch im Grundkurs ein Jahr früher schon etwas Programmierung in BASIC gelernt haben, hat ihr Interesse nicht entfacht.

Als ich angefangen habe, Informatik zu studieren, waren wir zunächst etwa 120 Leute in dem Semester. Vier davon waren Frauen, davon hatten zwei Informatik nur als Nebenfach. Unser Netzwerk- und Programmierkurs? Von einer Frau geleitet. Der Lehrstuhl für Software-Engineering? Den hatte eine Frau inne. Der für Betriebssysteme? Ebenfalls von einer Frau besetzt. Alle waren sehr fähig. Frauen können Informatik, wenn sie wollen. Die meisten wollen aber nicht oder haben zusätzlich andere Interessen, denen sie noch lieber nachgehen möchten.

Nicht jede Ungleichheit basiert auf einer Ungerechtigkeit oder einer Unterdrückung oder sonst irgendwelchem Einflussfaktor aus niederen Gründen. Wenn man zufällig 100 Männer und 100 Frauen aussucht, wird man unter den Männern mehr Leute finden, die sich für Programmierung interessieren, als unter den Frauen. Und man wird unter den Frauen mehr Leute finden, die gerne Erzieher im Kindergarten werden möchten. Und keiner wird ernsthaft sagen, dass das daran läge, dass in der Ausbildung zum Erzieher die „Jungen-Perspektive“ zu kurz kommen würde.

Man kann durchaus darüber streiten, ob im Kindergarten und in der Schule mit jungentypischem Verhalten angemessen umgegangen wird, ebenso wie man diskutieren kann, ob im IT-Bereich auch mal sexistisches Verhalten auftritt. (Wobei das sogar oft eher von Kunden kommt, weniger von den Arbeitskollegen.) Aber man sollte den Einfluss dieser Faktoren auf die Berufswahl auch nicht überschätzen. Niemand wird wirklich erwarten, dass genauso viele Männer wie Frauen gerne Kindergärtner werden wollen, egal wie männerfreundlich die Ausbildung ist.

Je freier Frauen ihr Leben bestimmen können, desto weniger interessieren sie sich für technische Berufe. In Ländern wie Norwegen nimmt der Anteil von Frauen in „Männerberufen“ ab, je größer das gesellschaftliche Bewusstsein für die Gleichstellung der Geschlechter ist. Soll man echt glauben, dass das böse Patriarchat bei uns oder in Skandinavien Frauen mehr unterdrückt als in Zimbabwe oder Iran und deswegen Frauen in größerem Maße aus technischen Berufen drängt?

Ich habe persönlich noch keine einzige Frau getroffen, die tatsächlich sagte: „Ich wäre gerne Programmiererin geworden, aber es war zu männerzentriert und mir wurde das Gefühl gegeben, dass ich das nicht könnte, weil ich eine Frau bin.“ Jede Frau sagt, sie hätte freiwillig drauf verzichtet. Aber viele scheinen anzunehmen, dass es all ihren Geschlechtsgenossinnen anders gehen würde. So in der Art: „Man selbst hat sich verwirklicht, indem man Lehrerin wurde. Alle anderen quälen sich in ihren Berufen, weil sie keine Informatikerinnen werden konnten.“ Jetzt ist meine persönliche Erfahrung zwar auch nur anekdotisch, aber ich hätte doch in all der Zeit wenigstens auf zwei oder drei Frauen treffen müssen, die von Herzen gerne in die IT gegangen wären, aber sich von „Jungen-Perspektiven“ und solchem Kram entmutigen ließen, wenn das wirklich so ein großes Problem wäre, wie es in den Meldungen anklingt.

Als das Google-Memo von James Damore viele Leute gegen den Strich bürstete (wobei mir immer noch schleierhaft ist, wieso so viele angeblich respektable, angeblich knallhart journalistisch arbeitende Medien Dinge behaupteten, die gar nicht in dem Text standen), erzählte eine Frau bei Bloomberg.com, wie sie zu der Erkenntnis kam, dass eine IT-Karriere für sie nichts ist. Sie kam eines Montags zur Arbeit und fragte ihre (männlichen) Kollegen, was sie am Wochenende gemacht haben. Und einer antwortete, dass er ein Glasfaser-Netzwerk in seinem Keller aufgebaut hätte, was bei den anderen Männern auf großes Interesse stieß. Und die Frau merkte, dass sie zwar ihren Job mochte, aber sich nie in ihrer Freizeit mehr als nötig mit solchem IT-Kram beschäftigen wollte. Und das ist mir selbst auch aufgefallen bei den Frauen, die ich kenne und die tatsächlich Informatik studiert und auch abgeschlossen haben. Unter uns männlichen Informatikstudenten war es normal, sich Rechner zu bauen und zu optimieren, privat zu programmieren (gerne auch bei einer eigenen Website – q.e.d.), mit Robotik zu experimentieren, neue Programmiersprachen zu lernen oder ähnliche Dinge zu tun. Wer von den Jungs nach einem Semester noch da war, verbrachte unter Garantie einen beträchtlichen Teil seiner Freizeit mit solchem Computerkram, auch wenn das ein bisschen nach Big-Bang-Theory-Klischee klingen mag. Keine von den Frauen hat so was gemacht. Sie hatten andere Hobbys. Und das ist auch in Ordnung. Aber man darf dann eben nicht erwarten, dass Frauen genauso zahlreich und mit gleich großem Erfolg in derartigen Berufen tätig sind. (Mit Erfolg meine ich die Frauengruppe im Vergleich zu den Männern insgesamt. Natürlich kann eine individuelle Frau in der Informationstechnik erfolgreicher sein als ein individueller Mann.)

Im Endeffekt wird hier ein Missstand konstruiert, der so gar nicht da ist. Noch schlimmer: Es wird ein Sündenbock ausgemacht, der unschuldig ist. Es ist nicht das Patriarchat, das Frauen aus der IT heraushält. Ist mir eh schleierhaft, wieso das angebliche Patriarchat bei der Informatik so erfolgreich sein soll, Frauen aktiv fernzuhalten, wenn Frauen in Bereichen wie Medizin und Jura, die ja auch vor gar nicht langer Zeit deutlich männerdominiert waren, sich ganz selbstbewusst selbst ihren Platz erkämpft haben. Wenn man sich aber die ganze Zeit darauf konzentriert, dass Männer oder Männer-Perspektiven schuld wären, dann wird man sinnlos irgendwelche (womöglich sogar kontraproduktiven) Maßnahmen ergreifen, die aber gar nichts bringen. Und wir sollten uns endlich an den Gedanken gewöhnen, dass wir nicht überall eine Gleichverteilung erreichen werden – es sei denn, wir zwingen Leute nach Geschlecht in Berufe, die sie nicht haben wollen. Allerdings könnte man dann wohl vollends vergessen, dass diese Leute dann auch gute Arbeit leisten würden. Lassen wir doch einfach die Leute das machen, was sie wollen und können.

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