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Alte Kameraden

Dieses Thema haben sich mehrere Leute gewünscht, und ich habe mich daran versucht, obwohl es wahnsinnig schwer ist, da irgendwas draus zu machen, ohne zu böse Witze zu machen oder endlos viel erklären zu müssen. Insofern bin ich mir bewusst, dass der Text nicht wirklich pulitzerpreisverdächtig ist.

Das Internet ist in vielerlei Hinsicht ein Segen für die Menschheit, weil neue Ideen, Visionen und Konzepte blitzschnell einer riesigen Öffentlichkeit vermittelt werden können. So rangeln auch viele neue Ideologien und Utopien um die Gunst der Menschen, die eine bessere Zukunft versprechen (ich will übrigens immer noch euer Herrscher werden). Angesichts dieser vielen neuen Wege verwundert es ein wenig, dass viele Leute sich noch von einer alten, widerlichen Ideologie einfangen lassen, die in der Vergangenheit mit vielen Opfern bekämpft werden musste. Ich meine natürlich den Nationalsozialismus.

Bei Demonstrationen der NPD fallen in erster Linie Vertreter des abgehängten Prekariats auf, welche im Allgemeinen durch (rechts)extrem pflegeleichten Haarschnitt, (rechts)extrem dummes Gesicht und (rechts)extrem eingeschränkte Artikulations- und Denkfähigkeit auffallen und geistig schon mit der korrekten Bedienung von Trommeln ziemlich ausgelastet sind. Leider gibt es auch in den anderen Bevölkerungsgruppen zu viele Menschen, die sich von der platten Propaganda einfangen lassen und zu Schlipsnazis mutieren, welche sich nicht unbedingt in den Rechtsaußen-Parteien engagieren, sondern auch die größeren Volksparteien infiltrieren. Dabei gibt der Blick auf die Geschichte überhaupt keinen Anhaltspunkt für die Verklärung der 12 beschissensten Jahre unseres Landes.

Schon wenn man sich anguckt, wer im Jahr 1933 nach der Macht griff, fragt man sich nämlich, warum die Führungsspitze der NSDAP nicht von ihren eigenen Schergen totgeschlagen wurde. Ein Ausländer als Reichskanzler, ein Behinderter als Propagandachef, ein dicker Drogensüchtiger als Dienstherr der preußischen Polizei und ein Schwuler als Chef der SA. Daneben wurde ein irrer Hühnerzüchter zum bayerischen Polizeipräsidenten, nachdem er bereits SS-Obermufti war. Ausgerechnet diesen Leuten irgendwelchen Mumpitz über die angebliche Zugehörigkeit zu einer Herrenrasse abzukaufen, gehört wohl zu den peinlichsten Dingen, die man sich überhaupt auf die Kappe sticken kann.

Gemälde Hitlers
Beim Malen hielt er die Klappe

Hitler hatte definitiv kein Talent, was Innenpolitik, Außenpolitik, Militärstrategie oder Wutbewältigung angeht, aber wenn er weiterhin Maler geblieben wäre, anstatt in die Politik zu gehen, hätten wir ihn vielleicht in bester Erinnerung. (Und ich hab herzlich gelacht über seine Stummfilme, in denen er mit einer Melone auf dem Kopf und dem Krückstock in der Hand unverschämten Polizisten in den Hintern trat.) Rätselhafterweise sind Nazis geradezu hündisch verliebt in die psychopathischen Aktionen ihres Führers in den Bereichen, wo er neue Rekorde im Häufchen bauen aufstellte. Das hat bisweilen surreale Züge, etwa wenn heutige Neonazis allen Ernstes behaupten, dass a) die Juden den Holocaust ja verdient hätten, den es b) nie gegeben hätte.

Geheimwaffe Sturmgeher
Die meisten Wunderwaffen waren
ein totaler Reinfall...

Neben den Dezimierungen der Weltbevölkerung durch staatlichen Terrorismus ruinierte er den Staatshaushalt und senkte die Arbeitslosigkeit, indem er die meisten Männer in die Armee steckte, damit sie irgendwann für Volk und Vaterland mit dem Gesicht im Dreck verbluten können. Bisher hab ich im Infomaterial der rechten Parteien noch keine wirksamen Alternativvorschläge zur Bekämpfung der momentanen Arbeitslosigkeit gefunden, weswegen ich nicht ausschließen möchte, dass die „im Dreck verbluten“-Pläne für den Notfall vielleicht noch in der Schublade stecken.

Politisch tun sich die Parteien aber generell eher wenig hervor, wenn sie nicht gerade lustige Anträge in den Länderparlamenten stellen, in denen sie vertreten sind. So forderte die DVU unter anderem die Untersuchung aller Asylbewerber auf Seuchen, die Auflösung des (nicht existierenden) brandenburgischen Landesamtes für Verfassungsschutz und die Einführung der D-Mark in Polen.

Kameradschaft
Freie
Kameradschaften

Nun organisieren sich die Nazis aber nicht nur in Parteien, sondern in mehr oder weniger lockeren Vereinen, Clubs, lockeren Schlägertrupps oder Krachcombos, die schlechte Lieder in Mikrofone schreien und dabei wahrscheinlich kiloweise braune Naziunterwäsche auf die Bühne geschmissen kriegen (keine Ahnung, ich war nie auf so einem Konzert). Da so etwas meist illegal und ziemlich versteckt stattfindet, hat man oft nicht einmal die Möglichkeit, ein groß angelegtes Naziklatschen zu veranstalten. So bleiben also nur die kleinen Erziehungsmaßnahmen: an meinem alten Gymnasium wurde ein Trupp, der Nazimucke verteilen wollte, von den Schülern eingekreist und gezwungen, die CDs wegzuwerfen und sich zu verpissen, wenn die Kameraden nicht ihre Zähne mit gebrochenen Fingern aufsammeln wollten. Das ist prinzipiell schon ein guter Anfang, aber solange andere Idioten die CDs annehmen, bleibt immer noch ein guter Grund, Gewalt an der Schule nicht völlig abzulehnen.

Nazis versammeln sich übrigens auch in Internetforen. Und in einem dieser Internetforen war auch mal ein Link zu Klopfers Web, und die Volksgenossen waren sehr begeistert von den Durchblicksachen. Ich hingegen wollte nur noch kotzen…

PS: Schaut doch auch einmal bei der Front Deutscher Äpfel vorbei.

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