Twilight 2: New Moon - Bis(s) zur Mittagsstunde
Ich war der festen Überzeugung, ein guter Junge gewesen zu sein. Ja, ehrlich! Und trotzdem waren meine Bemühungen um den Weltfrieden und die Ausrottung der Hungernden des Hungers auf der Erde anscheinend nicht genug. Ich muss irgendetwas wahnsinnig Böses angestellt haben, denn ich wurde dazu verdammt, den zweiten Twilight-Film „New Moon – Bis zur Mittagsstunde“ zu gucken. Und egal was ich getan habe, ich bereue es zutiefst und schwöre Besserung, denn „New Moon“ ist wie ein magischer Blutegel, der einem die Lebensenergie absaugt. Es gibt wohl kaum einen Kinofilm, der es ähnlich effektiv schafft, den Zuschauer ins Koma zu langweilen. Erstaunlich, dass der Abspann nicht Alan Smithee als Regisseur für dieses auf Zelluloid geschissene Machwerk nennt. Aber gut: Geteiltes Leid ist halbes Leid, also müsst ihr die Folter jetzt gemeinsam mit mir ertragen.
Ein Vollmond verdunkelt sich langsam zum Neumond, und der Titel wird eingeblendet. Gefühlt läuft das in Echtzeit ab, aber zu meiner Überraschung sagt mir der Blick auf den Kalender, dass keine 14 Tage vergangen sind. Und auf einmal: Tageslicht! Und Action!
Bella rennt durch eine mediterrane Stadt voller Weihnachtsmänner ohne Fellbesatz an den Kutten. In Zeitlupe. Und dann steht sie plötzlich im Wald, wieder in Zeitlupe. Auf der Waldlichtung sieht sie ihre Oma stehen. Und dann kommt auch noch ihr kaltblütiger Lover an, krallt sich ihre Tatze und geht zur Omi hin. Doch oh Schreck, es ist gar nicht die Oma. Es ist Bellas Spiegelbild in alt, und Edward gratuliert seiner welken Liebsten zum Geburtstag.
Zum Glück war es nur ein Traum, und Bella wacht jung und knusprig wieder auf, weil ihr Erzeuger an die Tür klopft und mit einem Geburtstagslied auf den Lippen ins Zimmer kommt. Bella nölt ein wenig herum, weil sie ja gar keine Geschenke wollte, aber sie kriegt trotzdem eine Kamera und ein Fotoalbum (auf Wunsch ihrer Mutti). Natürlich nölt Bella. Bella nölt immer. Dieses Weib ist einfach nicht zufriedenzustellen. Das aktuelle Problem von Bella ist nämlich, dass sie fürchtet, alt zu werden. Mit frischen achtzehn Jahren. Fick dich, Bella. Noch nicht alt genug zum Saufen (in den USA), aber sich schon mit einem Bein im Seniorenstift „Zur heiligen Hüftprothese“ wähnen.
Auf dem Parkplatz ihrer Schule trifft sie auch gleich auf ihre „Freunde“, die vom großen Tag reden: Die Arbeit über „Romeo und Julia“ ist fällig! Bella fällt ein Stein vom Herzen, weil ihre fortschreitende Vergreisung offenbar kein Thema für ihre Schulkameraden ist. Ein Foto von ihnen für Bellas Mutti-Album muss natürlich auch noch gemacht werden. Ihre Mutter wird sicherlich feststellen, dass Bellas Freunde gar nicht zu ihr passen, weil sie im Gegensatz zur eigenen Leibesfrucht tatsächlich eine Mimik besitzen und nicht dauernd aussehen, als würden sie einen Nierenstein ausscheiden.
Und da kommt auch schon das Cullenmobil angerauscht. Und Junge, Edward hat das Ding auch nötig, um überhaupt pünktlich zur Schule zu kommen, denn sobald er außerhalb der Karre ist, läuft er wieder in Zeitlupe über den Parkplatz. Er gratuliert Bella grinsend zu ihrem Ehrentag, was sie natürlich mit ihrer gewohnten Miesepetrigkeit zurückweist. Schließlich wird sie alt. Edward wendet korrekt ein, dass 18 nun wirklich noch kein Alter ist, in dem man sich darüber sorgen machen müsste. Pustekuchen: Sie ist jetzt ein Jahr älter als er! zOMG! Auch hier tritt Edward auf die Bremse: Er ist schließlich reife 109. Bella scherzt ein wenig herum, dass sie nicht mit so alten Kerlen herummachen sollte. Ich sage scherzt, aber es ist nicht so, als wenn man in ihrem Gesicht eine Regung feststellen würde. Gerüchte, die ich mir gerade ausgedacht habe, besagen, dass man als Stuntdouble für Kristen Stewart eine Schaufensterpuppe verwendete und damit versehentlich auch einige normale Szenen drehte, bevor man den Irrtum bemerkte.
Ach ja, sie knutschen. Und dann kommt Jacob, der Ureinwohner aus dem ersten Teil. Also mit „kommen“ meine ich „erscheinen“. Es ist nicht so, dass Jacob auf Bella und Edward ejakulieren würde. Also zumindest nicht in diesem Film. Vielleicht in den Bonusfilmchen auf der zweiten DVD, die ich mir nicht angeguckt habe. Edward verdrückt sich jedenfalls, weil er keine Kerle ausstehen kann, die nicht so bleich sind wie er und seine Freundin bumsen wollen. Kleinlich, ich weiß.
Bella warnt Jacob nach einem Blick auf seinen Körperbau vor den Gefahren des Missbrauchs von Steroiden, aber Jacob schwört, dass er einfach nur gewachsen wäre. Ja klar. Ich wette, da zirkuliert eine Brühe durch seine Adern, für die mindestens fünf Forschungsabteilungen eines Pharmagiganten verantwortlich sind. Der Grund für Jacobs Auftauchen bei Bella ist vorgeblich, dass er irgendein Teil für seinen Golf gekauft hat und Bella doch mal auf eine Spritztour vorbeikommen sollte. Mädels: Beschwert euch nie wieder darüber, dass jemand seine Fickabsichten mit dem Hinweis auf eine Briefmarkensammlung tarnen will, okay? Viel niveauvoller ist das Locken mit einer neuen Einspritzanlage für die Proletenschleuder nämlich nicht. Jacob lädt als Geburtstagsgeschenk noch etwas indianischen Tand bei Bella ab, einen Traumfänger. Edward fragt Bella, warum er ihr denn nichts schenken darf, aber Jacob schon. „Weil ich dir nichts zurückgeben kann.“ „Aber du gibst mir schon alles, indem du atmest.“ Ich geh mal eben kotzen.
Auf dem Weg zum Klassenzimmer springt ihnen auch noch Alice Cullen entgegen, streckt Bella ein Geschenk ins Gesicht und lädt sie für den Abend bei den Cullens ein – was dank etwas Gedankenmanipulation durch ihren Stiefbruder/Lover Jasper auch gelingt. Alice mag ich. Alice lebt (jedenfalls äußerlich). Alice ist ein interessanterer Charakter als alle anderen im Twilight-Universum zusammen. Und Ashley Greene ist eine verdammt leckere Frau, die sich nicht zu schade ist, ungezogene Fotos mit dem Handy zu machen und sie dann an Freunde zu verteilen, die ein eher lockeres Verhältnis zum Schutz privater Aufnahmen haben.
Genug geschwärmt. Zeit für den Unterricht. Im letzten Jahr hatten sie anscheinend nur Bio, anderen Unterricht sah man jedenfalls im ersten Film nicht. Diesmal ist Englisch dran. Romeo und Julia. Und weil die Klasse eine Verfilmung anguckt, quasseln Bella und Edward die ganze Zeit miteinander. Über Selbstmord. Ich war schon immer der Meinung, dass Edward ein hemmungsloser Romantiker ist. Jedenfalls erwähnt er, dass Selbstmord für Vampire fast unmöglich ist. Er erzählt, dass er mit dem Gedanken gespielt hat, sich umzubringen, wenn er am Ende des vorherigen Films nicht rechtzeitig gekommen wäre, um Bella zu retten. (Ich hab die unbestimmte Vermutung, die Gedanken kamen erst, als ihm klar wurde, dass er Bella ‚Mach mich zum Vampir, damit ich immer und ewig bei dir bleiben kann‘ Swan nun dauernd an der Backe haben würde.) Er müsste für einen vampirmäßigen Selbstmord nach Italien fahren, um die Volturi herauszufordern, aber das hat bestimmt keine Relevanz für den weiteren Verlauf. Der Lehrer erinnert sich jetzt daran, dass er einen Unterricht führen sollte, und ruft zur Disziplinierung der Klasse einen Schüler auf, um ihn zu demütigen, allerdings nicht mit der typischen Frage „Was haben wir gerade besprochen?“, sondern mit der Aufgabe, irgendwas aus dem Stück zu zitieren. Und weil Edward seit über 80 Jahren in die Schule geht – was ihn entweder zu einem Streber oder zu einem Schulversager macht – kann er natürlich irgendeine schnulzige Stelle auswendig und haucht sie in die Luft, während die ganzen pubertierenden Mädels im Publikum an diesen Punkt vermutlich mal wieder vor Verzückung ihre Spongebob-Schlüpfer befeuchten.