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Süchtig nach Satan

Man kann nicht immer nur auf Bildschirme gucken. Aus diesem Grund hat Johannes Gutenberg vor etwa 550 Jahren den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfunden (nachgewiesen in seinen Briefen, in denen er schrieb: "Ich kann nicht mehr auf Bildschirme gucken, ich erfinde deswegen jetzt den Buchdruck mit beweglichen Lettern!"), doch vielleicht hätte er sich diese Idee aus dem Kopf geschlagen, wenn er gewusst hätte, dass seine Erfindung irgendwann "Süchtig nach Satan" von Karlhans Frank möglich machen würde.

Dieses Buch, was mir Leser Veilyn zugeschickt hat, wird offenbar in einer Reihe von Schulen als Unterrichtslektüre eingesetzt. Verantwortlich dafür ist fraglos das Thema des Buches (Satanismus), allerdings bezweifle ich, dass die Verantwortlichen den Inhalt mal richtig verdaut haben, bevor sie das Machwerk als Erziehungsmittel einstuften.

Süchtig nach Satan Cover

Der Hauptcharakter ist die 15jährige Sarah alias Katrin. Genau, sie hat eine gespaltene Persönlichkeit, was ja unheimlich dabei hilft, eine emotionale Beziehung mit der Figur aufzubauen, zumindest wenn man genauso irre ist. Sarah ist die gesittete Tochter eines fanatischen Christen, der ihr so ziemlich alles verbietet, was Spaß macht, und auf ihre Persönlichkeitsrechte scheißt. Katrin ist nicht ganz so gesittet und kommt dann raus, wenn Papa nicht in der Nähe ist. Sarahs Freundin heißt Anne, ist auch nicht so lieb wie ihre Eltern glauben, aber beschränkt sich auf einen Namen, was darauf schließen lässt, dass sie nicht ganz so wahnsinnig ist wie Sarah. Deswegen taucht sie im Buch zwischendurch überhaupt nicht auf. Am Anfang lädt sie Sarah jedoch zu einer kleinen Seance ein, wo Sarah (bzw. Katrin) Zora und Sascha kennenlernt, die zum Umkreis des örtlichen Schulgruftis Markus gehören.

Diese Beiden machen Katrin (bzw. Sarah) später mit Markus bekannt, der eine gehörige Meise unterm Pony hat. Der Knabe spricht gewisse Wörter rückwärts (Lebib statt Bibel, Dog statt God/Gott usw.), hackt nachts auf Friedhöfen geklauten Tieren die Köppe ab (z.B. Annes Kater) und hält sich für den geilsten satanischen Hohepriester diesseits der Autobahn. Sarah bekommt von Markus den Namen Haras (warum er allerdings darauf besteht, sich Asmodeus zu nennen und nicht Sukram, steht nicht im Buch), soll die Familienbibel schänden und den Opferstock klauen, und wird danach endgültig in die kleine Satanistengruppe aufgenommen. Als sie dann bei so einer kleinen Opferzeremonie auf dem Friedhof mitmacht, bei der ein Hund gekillt werden soll, wird Zora (angebliche Zigeunerin und Hexe) der ganze Scheiß zu doof und sie haut ab. Die restliche Truppe lässt sich den Spaß nicht verderben und schächtet dann den Hund, wobei auch Katrin/Sarah/Haras das Blut säuft. Bei einem Treffen in einer Heavy-Metal-Kneipe beschließen sie mal eben Zoras Tod und vermöbeln danach besoffen einen Obdachlosen. Eine weitere Opferzeremonie geht ein bisschen schief, weil der geklaute Ziegenbock sich nicht so gerne abmurksen lassen will, aber immerhin lässt sich Sarah von Markus entjungfern (natürlich nur stellvertretend für Satan) und dabei filmen, und so wird es doch noch ein ganz schöner Abend, von dem dank des Videos auch noch ein paar Mitschüler von Sarah etwas haben, wie sie später feststellen wird.

Andi, ein Mitglied der Gruppe und angeblich nur aus lyrischem Interesse dabei, verlässt diesen Satanshaufen, als die Bande eine Voodoopuppe von Zora triezt, und wird dafür mit einem Fluch belegt. Prompt stirbt er ein paar Tage später bei einem Verkehrsunfall. Buhuu, gruselig. Um aber die ganze satanische Macht zu entfalten, beschließen Markus und seine Schergen, ein Baby zu klauen und das zu schlachten. Ums kurz zu machen: Sarah vertraut sich ihrer Oma an, macht zufällig Zora ausfindig (die gar keine Zigeunerin ist und nicht einmal Zora heißt, was allerdings keinen wundern dürfte), die beiden Mädels klauen das Kind zuerst, um es in Sicherheit zu bringen, ein Ermittler der Polizei kommt Markus' Truppe auf die Spur, die Typen vergiften sich mit Stechapfeltee, Sarah bringt das Kind heimlich zur Mutter zurück, wird als Satanistin in der ganzen Stadt geschnitten, muss nen Exorzismus von ihrem Kaplan auf Drängen ihres Vaters über sich ergehen lassen und lebt bei ihrer Omi. Unausgesprochene Moral von der Geschichte: Halte dich von allen fern, die irgendwie von der Norm abweichen, denn die sind bestimmt Verbrecher, aber hab Verständnis für den christlichen Fundamentalisten in deiner Familie, denn der meint's ja nur gut.

So, jetzt hab ich euch erspart, diesen Schinken zu lesen. Dafür könnt ihr mir auf den Knien danken, denn das Buch ist Müll. Ich würde die Aussage gerne schöner verpacken, aber ehrlich gesagt ist es einfach nur Mist. Der Autor wird im Klappentext für sein Wissen über den Satanskult gelobt, obwohl er einfach nur die abgedroschensten Klischees zusammengehauen hat. Der Satanismus im Buch hat mit echtem Satanismus ungefähr soviel zu tun wie die BILD-Zeitung mit Journalismus, was echte Satanisten mit viel Genugtuung erfüllen dürfte, weil sie so viel leichter Mitglieder werben können, da sie eben nichts mit Tieropfern oder sonstigem Okkultismus zu tun haben. Allerdings glaube ich auch, dass die Beschreibung des erzchristlichen Elternhauses von Sarah alles andere als typisch für christliche Haushalte ist, woraus ich schließe, dass die gesamte Geschichte in einem Bizarro-Paralleluniversum spielt und mit unserer Welt keinerlei Berührungspunkte hat. Eine kaum durch Sachkenntnis getrübte Beschreibung der nicht namentlich genannten BRAVO (Zentralorgan der Jugend seit Neunzehnhundertblumenkohl) gibt schon deutliche Hinweise auf die Kompetenz und Geisteshaltung des Autors Karlhans Frank:

Sarah liegt auf dem Bett und liest in der Jugendzeitschrift, die man gelesen haben muss, wenn man mitreden will. Sie hat diese Postille, in der geschäftstüchtige Leute über Pop und Poppen das ablassen, von dem sie glauben, es macht Leser so an, dass sie dafür Geld rausrücken, von Anne geliehen, obwohl ihre Eltern sie im Laden führen. Vater verkauft das Blatt zwar, bestimmt aber: "Solcher Schund kommt mir nicht ins Haus."

Da gibt es einen Aufsatz über Satanismus, der gruselt schön.

Die Verfasser übermitteln ihre Lust an Vergewaltigung und Quälen von Tieren und Menschen so raffiniert, dass man sie mit ihnen teilen möchte. Sie behaupten, dass in heimlichen Ritualen unheimliche Geister beschworen werden. Geschickt manipulierte Bilder machen deutlich, dass seltsame Wesen erscheinen und ihren Meistern gehorchen. Schließlich geht alles gut aus: Der böse Obersatanist verbrennt sich selbst, geht mit Schwefelgestank in Flammen auf; seine Schäfchen tauchen mit leicht angekokelter Wolle aus dem Inferno auf und sind um manche Erfahrungen reicher.

Sarah schließt aus dem Gelesenen, dass der Spuk ungefährlich und es letztlich lehrreich ist, den Geheimnissen der Anderswelt nachzuspüren.

Meine Damen und Herren, dieser Mann hat eindeutig nie eine Jugendzeitschrift in der Hand gehabt (erst recht keine mit dem Thema Okkultismus), aber er findet sie richtig scheiße. Nun bin ich sowieso skeptisch, ob man mit seinen Botschaften tatsächlich zu Jugendlichen durchdringt, indem man erst einmal alles beleidigt und runtermacht, was sie mögen und liebgewonnen haben. Ich würde dann einfach auf Durchzug schalten, weil dieser alte Knacker ja offenbar einen Scheißdreck über meine Hobbys weiß. Aber dieser Ausschnitt gibt auch einen kleinen Vorgeschmack auf das, was beim Lesen ununterbrochen quält: Es ist mies geschrieben. Ich weiß nicht, wie der Typ seit über 45 Jahren als freier Autor überleben kann mit dieser Stümperei. Zu oft hatte ich das Gefühl, dass der Schriftsteller eine Prügelei mit der deutschen Sprache an sich anzetteln will.

Markus tönt also vor seiner Gemeinde über und für die Novizin Haras, die sich geehrt fühlt und angefüllt mit fast unerträglicher Spannung, die wegrennen möchte und voller Hoffnung bleibt, die sich gruselt und zugleich irgendwie glücklich ist. "Näher, mein Herr, zu dir trägt diese Jungfrau ihren Leib.[...]"

Solche Ergüsse wecken in mir das Bedürfnis, den Autor mit seiner eigenen Schreibmaschine zu verhauen. Zum einen, weil es einfach ein furchtbarer Schreibstil ist, zum anderen, weil das Buch mit all seinen Klischees und Horrorgeschichten nur Intoleranz und Vorurteile gegen bestimmte harmlose Jugendkulturen (wie etwa Gothics und Heavy-Metal-Fans) provozieren kann. Falls eure Lehrer mit diesem Schinken ankommen, zeigt ihnen diesen Text. Irgendwer muss dieses Machwerk stoppen, und die Kampagne beginnt hier.

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