Space Wars - Wie gut sind Fake-Lego-Minifiguren?
Nuff! Ich grüße das Volk.
Ganz in der Nähe meiner Behausung gibt es das Dong Xuan Center. Das ist ein riesiger Asiamarkt (der öfter mal in den Lokalnachrichten ist, wenn mal wieder eine Halle dort abbrennt), auf dem es in erster Linie Klamotten, Taschen, Nagelstudios, Friseure und Restaurants gibt, aber eben auch asiatische Supermärkte, Geschäfte für Haushaltselektronik und – besonders schön zum Stöbern – Kramläden mit allem Krempel, den Asien so aus Plastik und Metall herstellt. Neben den üblichen Winkekatzen, Armbanduhren, Feuerzeugen und Küchenutensilien gibt es da auch Spielzeug. Yay! Und in einigen Läden gibt es sogar Spielzeug, welches wohl nicht ganz zufällig an die Produkte eines dänischen Bausteinherstellers erinnert. (Dafür muss man sich aber erst mal durch über 9000 Fidget Spinner am Eingang wühlen.) Ich konnte nicht widerstehen und hab ein paar Sammelfiguren erstanden, weil ich einfach mal wissen wollte: Wie beschissen sind die eigentlich?
Ah, Space Wars. Jeder kennt es. Der Hersteller dieser Figuren (und der Verpackungen) ist auf vielerlei Weise unartig. Nicht nur, dass er Star-Wars-Merchandise ohne Lizenz von Lucasfilm herstellt, auch die Bilder auf der Verpackung sind von Lego geklaut. Und schon das Grund-Design der Lego-Minifiguren ist (anders als das der Steine selbst) urheberrechtlich geschützt, weswegen es mich nicht wundern würde, wenn da gelegentlich mal der Zoll durch die Hallen des Asiamarktes reitet und das Inventar einiger Läden beschlagnahmt.
Neben den Figuren sind auch noch zusätzliche Steinchen in jeder Schachtel, die – wenn man alle Figuren zusammen hat – ein Vehikel ergeben, welches nun absolut gar nicht nach Star Wars (oder Space Wars) aussieht.
Insgesamt gibt es acht Figuren, und das Sammeln wird einem gar nicht so leicht gemacht.
Der Händler, bei dem ich diese Exemplare schoss, hatte nämlich leider nur fünf von den acht Figuren da. Andererseits war das vielleicht auch ganz gut so, denn obwohl man diese Figuren in Hongkong für 25 bis 50 Cent kriegen kann, verlangte der freundliche Vietnamese für diese Erzeugnisse chinesischer Produktpiraten zwei Euro pro Stück. Aber was investiert man nicht alles, um einen Blogeintrag machen zu können.
Scout Trooper
Zuerst widmete ich mich dem Scout Trooper. Ignoriert bitte die mit Filzstift geschriebene Zahl auf der Packung, die habe ich bei dem etwas unvorteilhaften Licht im Laden leider nicht gesehen. Ist aber auch egal.
Der erste Gedanke beim Öffnen der Plastiktüte aus der Schachtel: Dieser Atemzug voller anregender Chemiedüfte hat mein Leben um ein Jahrzehnt verkürzt. Lecker.
Wer selbst Lego-Sets baut, der weiß: Deren Minifiguren kommen in Einzelteilen, wobei am Torso bereits die Arme mit den Händen angebracht sind. Bei den chinesischen Klonen ist das anders: Dort sitzt schon der Kopf auf dem Torso, aber dafür muss man die Arme noch selbst anbringen und auch die Hände ranstecken. Je nach Ausschöpfung der Produktionstoleranzen kann das Anbringen der Arme ganz schön viel Kraft erfordern. Kinder müssen da eventuell Mutti, Vati oder den netten Herrn im Gebüsch, der immer Schokolade anbietet, damit man ihm seinen Schlüpfer zeigt, um Hilfe bitten. Auch bei den Händen kann es sein, dass man viel Gewalt anwenden muss, weswegen (meistens) noch eine dritte Hand beiliegt, falls bei einem Versuch die Flosse des Plastikkameraden abbricht.
Und was ist der Eindruck von der fertigen Figur? Der Druck auf dem Torso und dem Kopf ist halbwegs okay, der auf dem Helm ist miserabel. Das Plastik fühlt sich zwar nicht billig oder zerbrechlicher als bei Lego an, aber ist gerade bei hellen Farben transparenter und wirkt daher nicht so wertig. Die größeren Toleranzen bei der Produktion sorgen dann aber auch dafür, dass die Gliedmaßen sich nicht so geschmeidig bewegen und es auch viel Kraft erfordern kann, die Figur anständig auf ihre Grundplatte zu setzen. Auch bei den Bauteilen für das merkwürdige Vehikel ist die Qualität eher lausig. Es gibt Grate und optische Makel vom Plastikguss, die Teile passen eher schlecht als recht, und das, was die Chinesen da als Bereifung für die Räder liefern, hat mit Gummis ungefähr so viel zu tun wie der Papst.
Jango Fett
Der Vater von Boba Fett wurde auch verewigt, aber so, wie wenig mich die ganze Fett-Family reizt, so wenig hatten wohl auch die Chinesen Bock, die Figur dem Lego-Vorbild entsprechend zu gestalten.
Der Helm ist nur so halbherzig kopiert worden, der Druck auf dem Torso ist gleich ganz anders als bei der originalen Lego-Figur. Das Plastik wirkt ein bisschen besser als beim Scout Trooper, weil es tatsächlich blickdicht ist.
Obi Wan Kenobi
Ja, der Mann, der aus Anakin sowohl Jedi-Ritter als auch einen Krüppel machte, hat ebenfalls die Ehre bekommen, gefälscht zu werden. Das Resultat ist zum Niederknien.
Man schaue sich nur dieses Gesicht an und vergleiche es mit dem Aufdruck auf der Schachtel. Der kleine Plastikmensch ist nicht Obi Wan Kenobi, der führt eher eine Horde Wikinger an und ist drauf und dran, Amerika zu entdecken.
Ich hab das Gefühl, man hat dem Gestalter dieses Gesichts nie ein Bild vom Original (oder auch nur der Verpackung) gegeben, sondern ihm nur telefonisch gesagt, wie der Charakter aussehen soll. Und dann guckte der Chinese auf den fertigen Entwurf, sagte: „Meh, die Westler sehen sowieso alle gleich aus“, und schon ging dieses Antlitz in die Produktion.
Kleine Pointe am Rand: Das Gesicht von Jango Fett passt eher zu Obi Wan Kenobi als das von Leif Eriksson, das er jetzt mit sich herumtragen muss.
Ansonsten ist das Plastik wieder leicht transparent, der Druck ist nicht katastrophal, aber nur so mittelprächtig, und die Qualität des transparenten Plastiks für das Laserschwert ist unterirdisch, genauso wie der Stoff seines Umhangs.
Luke Skywalker
Der Urheld von Star Wars (und von Space Wars vermutlich auch) ist eher für seine Laserschwertkünste bekannt, aber das große Bild auf der Verpackung zeigt ihn mit einem Blaster – warum auch immer. Aber kein Grund zur Beunruhigung: Anscheinend ist doch auch zusätzlich ein Laserschwert dabei!
Und wie sieht der Mann, der hemmungslos seine Schwester küsste, nun als Chinaplastik aus?
Deutlich anders als erwartet. Es ist jetzt nicht die anspruchsvollste Aufgabe, in jede Schachtel die richtige Tüte zu packen, aber offenbar haben die Siebenjährigen, die mit lockeren 14 Stunden Arbeit am Tag ihre Familien unterstützen, diese Herausforderung immer noch nicht gemeistert.
Wenn mich nicht alles täuscht, soll das General Grievous aus der Prequel-Trilogie von Star Wars sein. Erstaunlich hierbei: Es ist keine Kopie einer Lego-Figur, denn Lego hat sich entschlossen, den Charakter nicht unbeholfen aus Standardteilen zu fertigen. Deswegen sieht wohl diese China-Version besonders bescheiden aus.
Auch hier mussten alle vier Arme wieder selbst befestigt werden, und ausgerechnet dieses Mal waren keine Ersatzhände bei. Zum Glück bin ich offenbar doch nicht so ein Grobmotoriker, denn ich hätte mir nie verziehen, wenn ich dieses Kleinod durch meine Unbeholfenheit zerstört hätte. Die beiden Torsi sitzen sehr locker aufeinander (fürs Spielen eignet sich das nur bedingt), aber immerhin ist das Plastik wieder blickdicht. Trotzdem gibt es auch wieder die üblichen Verarbeitungsprobleme, die ich oben beim Scout Trooper schon erwähnt hatte.
Das Schlimmste aber: ES IST NICHT LUKE SKYWALKER!
Nun ja, schade drum, aber wenigstens hab ich noch den interessantesten Charakter aus Space Star Wars vor mir…
Darth Vader
Der knusprig gebratene Sith-Lord mit den Atemproblemen und der Bekleidung im Grufti-Schwarz. (Er ist somit quasi auch ein Goth-Lord, oder? ) Auf den war ich besonders gespannt!
Ich habe selbst nur einen Darth Vader von Lego, und das ist der, der im Weihnachtsoutfit vor einigen Jahren im Adventskalender war. Mir eigens ein Star-Wars-Set zu kaufen, um die Normalversion von Lukes Papa zu bekommen, konnte ich mit meinem Geiz nicht vereinen, aber für zwei Euro tut’s doch auch eine Kopie, oder etwa nicht?
DIESE VERKEIMTEN, INZESTUÖSEN, GEISTESGESTÖRTEN KOTNASCHER!
Wenn’s wenigstens eine Figur gewesen wäre, die ich noch nicht hatte, aber nee, da wäre der Arschtritt für den armen Klopfer ja nicht groß genug gewesen.
Die Karten
Das hatte ich bisher nicht erwähnt: In jeder Schachtel war auch eine (schlecht gedruckte) Sammelkarte zu dem jeweiligen Charakter. Offenbar war der, der die Karten in die Schachteln packte, nicht ganz so unfähig wie sein Kollege, denn es waren tatsächlich die richtigen Karten drin. Eine Spielanleitung, wie man mit diesen Karten gegeneinander spielt, gibt es aber nicht. Allerdings wäre das bei maximal acht verschiedenen Karten eventuell auch sinnlos. Dennoch sind für jeden Charakter diverse Eigenschaftswerte angegeben, die offenbar Intelligenz, Kraft, Geschwindigkeit und sonstige Fähigkeiten quantifizieren sollen. Wer wirklich versuchen will, mit den wenigen Karten zu spielen, der wird schnell auf ein Problem stoßen.
Abgesehen von dem SP-Wert oben rechts sind alle Werte identisch. Ein Scout Trooper hat also genauso viel drauf wie sein Chef Darth Vader. Granatenmäßig konzipiert. Der Hersteller dieser Figuren ist echt ein hoffnungsloser Fall: Selbst wenn mal was korrekt erledigt wird, dient es nur dazu, die Aufmerksamkeit auf das Versagen an anderer Stelle zu lenken.
Habt ihr schon negative (oder gar positive?) Erfahrungen mit solch dreisten Chinakopien gemacht, nicht nur im Lego-Bereich? Klagt euer Leid in den Kommentaren, vielleicht tröstet mich euer Elend über meinen Darth-Vader-Mangel hinweg. Bis dann!
Gast
Wäre jetzt spannend zu wissen ob es überhaupt Darth Vader und Anakin gibt, oder wirklich nur falsch verpackt sind.
Tippe eher mal auf nicht existent...
Aber gerne wieder, netter Text