Großes Würgen
Nuff! Ich grüße das Volk.
Nach außen war es ganz schön ruhig hier, intern wird aber fleißig gewerkelt. Am 25. Mai tritt die Datenschutzgrundverordnung endgültig in Kraft, und das sorgt nicht nur für jede Menge Bürokratie, sondern auch für allerlei Bastelei an der Technik.
Das größte Problem: Da die DSGVO auch IP-Adressen als persönliche Daten einordnet, setzt man sich in ein Wespennest, wenn man auf seiner Seite Dinge von anderen Servern einbindet, denn wenn sich der Browser eines Webseitenbesuchers dann diese Sachen von einem fremden Server holt, kriegt der fremde Server die IP-Adresse des Besuchers mit. Im Prinzip müsste man dann als Betreiber der Website eigens Verträge mit dem Betreiber des fremden Servers abschließen, in denen der sich verpflichtet, sich ebenfalls an den Datenschutzkram zu halten.
Was bei erster Betrachtung noch halbwegs sinnvoll klingen mag, wird allerdings praktisch zum Bürokratiemonster. Schriftarten von Google? Eher nicht. Eine Javascript-Bibliothek direkt von den Machern einbinden? Auch eher nicht. Stattdessen bietet man sie selbst auf seinem eigenen Server an. Damit verschenkt man allerdings eventuell Geschwindigkeitsvorteile, weil ein Browser z.B. diese Bibliothek nicht neu herunterlädt, wenn bereits eine andere Seite dieselbe Bibliothek von derselben Quelle eingebunden hat. (Und Mobilnutzer müssen ein bisschen mehr von ihrem Datenvolumen opfern.)
Es geht noch weiter. Youtube-Videos einzubinden ist heikel. Ich hab die Videos auf der Seite inzwischen so umgebaut, dass nur noch dann Daten von euch an Youtube übertragen werden, wenn ihr ein Video tatsächlich guckt. Nachteil für mich: Das geht auf das Datenvolumen des KW-Servers, weil der die Vorschaubilder für die Videos runterlädt und an euch weiterleitet, anstatt dass euer Browser die Vorschaubilder direkt von Youtube lädt. Ich hatte vorher mal mit dem Gedanken gespielt, auch Videos von Vimeo oder Gfycat so einzubinden (etwa in der LLD, die ja auch Youtube-Videos automatisch einbettet). Kann ich jetzt knicken, egal wie benutzerfreundlich das wäre.
Bei der LLD hatte ich bislang eingebaut, dass Links auf Bilder automatisch auch die Bilder auf der Seite einbinden. Das mach ich nicht mehr, auch wenn das auf Kosten des Komforts geht. Jemand wünschte sich mal eine Anbindung an Gravatar. Auch das fällt jetzt schon aus rechtlichen Gründen flach. Zur Spam-Abwehr benutze ich Googles Recaptcha, und ich habe ebenso wie bei AdSense und Amazon keine Ahnung, ob für solche Zwecke noch Datenverarbeitungsabkommen angeboten werden. Gäste müssen beim Kommentieren jetzt ausdrücklich angeben, dass ich ihre Daten speichern darf; Mitglieder müssen ihr Einverständnis bei der Registrierung abgeben. Zum Glück gebe ich diese Daten sowieso nicht weiter. Diejenigen, die ihre Kommentarbereiche auf Disqus oder Facebook umgestellt haben, werden sich hingegen besonders in den Hintern beißen. Und eventuell muss ich bis zum Stichtag auch noch meinen eigenen Mailserver aufsetzen. Und bei all diesen Sachen denk ich mir nur: Wie sollen so etwas andere schaffen, die zum Beispiel einfach nur ihre Websites bei Wordpress.com oder Tumblr haben und heilfroh sind, dass sie sich um diesen ganzen technischen Kram nicht kümmern müssen?
Ich hab ja noch Glück, dass ich meine Seite auf einem eigenen Server betreibe; wer nur Webspace gemietet hat (z.B. bei 1&1) oder eben einen Dienst wie Blogspot, Wordpress oder Tumblr verwendet, muss da auch extra einen Datenverarbeitungsvertrag abschließen. Und zusätzlich muss nahezu jeder, der irgendwie mit fremden Daten zu tun hat, ein Verzeichnis führen, in dem haarklein drin steht, was mit diesen Daten passiert. Klingt auch sinnvoller, als es ist: Wenn ich hier ein Banner von GetDigital anzeige, bin ich mir sicher, dass die Jungs und Mädels dort mit euren IP-Adressen in ihren Serverlogs rein gar nichts anfangen. Aber wenn ich aufschreibe, dass die IP-Adresse übertragen wird, klingt es gleich bedrohlich.
Diese ganze DSGVO ist sperrig, unflexibel, praxisfern und hilft dem Datenschutz tatsächlich kaum weiter. Privatpersonen stehen übrigens kaum besser da: Die DSGVO schützt sie lediglich vor Bußgeldern, aber dennoch wird von ihnen erwartet, dass sie sich darum kümmern, die Daten ihrer Besucher entsprechend der Verordnung zu behandeln. Übrigens gilt das auch für Betreiber von Websites, die nicht in der EU sind, aber europäische Nutzer haben. In manchen Foren habe ich schon von Admins aus den USA gelesen, dass sie ihre Seiten lieber für Besucher aus der Europäischen Union sperren werden, als sich mit diesem Stuss herumzuschlagen.
Ich glaube, dass sich jede Menge Anwälte ab Ende Mai auf die Jagd nach kleinen Firmen und Freiberuflern machen werden, um vermeintliche Datenschutzverstöße mit gesalzenen Abmahnungen zu ahnden. Ich bezweifle nicht, dass man bei der EU eigentlich an die großen Schwergewichte wie Google und Facebook dachte, als man diesen Quark zusammenrührte. Aber die kleinen Unternehmen und Selbstständigen, die auch gar nicht die Macht haben, mit IP-Adressen irgendwelchen zwielichtigen Kram anzufangen, die werden davon deutlich schwerer getroffen.
Ich hatte überlegt, wieder einen Blog zu machen, in dem ich mehr über technische Sachen rede (also Kniffe für PHP, Javascript, CSS und dergleichen), aber derzeit bin ich mit der Bürokratie für eine Seite voll ausgelastet.
Nun ja. Ich glaub, ich mach nachher noch einen vergnüglicheren Eintrag, aber jetzt musste ich mich erst einmal auskotzen.
Mitglied
Ich hab von dieser DSGVO bisher nur am Rande gehört aber mir graut auch schon vor den Folgen für uns.
Wir haben eine kleine Handwerksfirma die spezielle Fußböden verlegt.
Wenn jetzt ein Kunde Interesse hat, frage ich ihn üblicherweise nach seiner Adresse, mache einen Termin mit ihm aus und gucke mir das Objekt dann an.
Danach lege ich den Kunden in unserem System an und erstelle ein Angebot. Alles mit einer dafür ausgelegten Software.
Ich weiß gar nicht ich wie diese neue Verordnung nun umsetzen muss.
Ich fürchte ich muss jeden Kunden eine extra Genehmigung unterschreiben lassen, dass ich seine (Adress-)Daten überhaupt speichern darf oder?
Auf so einen Bürokratiescheiß hab ich echt gar keinen Bock