Lampen und Uhren
Nuff! Ich grüße das Volk.
Anmerkung: Es kommen keine Lampen im Text vor. Sorry.
Durch meinen Namensvetter vom Blog "Alles Evolution" kam ich auf einen Spiegel-Online-Artikel, der zwar hinter einer Paywall steckt, aber dessen Anreißer mich schon heftig amüsiert hat wegen seiner Absurdität. (Inzwischen ist der entsprechende Blogeintrag bei "Alles Evolution" verschwunden, ich weiß aber nicht wieso.)
Nachtrag: Mittlerweile ist der Blogeintrag erneut veröffentlicht worden.
Abgesehen von "Eine Uhrenkolumne von..." ist da so ziemlich alles komplett falsch. Schon der erste Satz im Teaser-Text ist nach ein bisschen Recherche im Netz ein besserer Witz als alles, was manche deutsche Comedians in ihrer gesamten Karriere abgelassen haben.
Ich treffe eine ehemalige Topmanagerin, die eine Crazy Hours von Franck Muller trägt – eine Uhr für den zweiten Blick.
Die Uhrenmarke sagte mir nichts, aber ein Blick auf die Website verrät mir immerhin, dass die Uhr nicht sehr dezent ist. Das Zifferblatt schreit mit seinem Design geradezu und so einige der Armbandoptionen sind farblich auch nicht das, was man sich unter kühlem Understatement vorstellt.
Eine weitere Suche nach Preisen führt zu einem Uhrenshop, in dem für einen dieser Chronometer aktuell zwischen 14.300 und 39.100 Euro fällig werden.
Wenn die Frau nicht angeben wollte, hätte sie eine Ruhla-Uhr für 90 Euro am Handgelenk tragen können, nicht den Gegenwert eines Autos. (Offenbar kriegt man selbst auf dem Gebrauchtmarkt keine "Crazy Hours" für unter 8.000 Dollar.) Und selbst eine Spongebob-Billiguhr wäre als Zeitmesser auch wesentlich praktischer, denn bei der "Crazy Hours" sind die Stundenzahlen wild auf dem Zifferblatt verteilt, der Stundenzeiger springt also jede Stunde wild umher und man braucht sicher viel Eingewöhnungszeit, um dort mal schnell die Uhrzeit abzulesen.
Aber schauen wir noch mal auf die Überschrift:
Warum es Frauen nicht nötig haben, mit Luxusuhren anzugeben
Und der letzte Satz des Teasers:
Wir reden über weibliche Zurückhaltung und männliche Angeberei.
Ist das tatsächlich die Erfahrung des Autors mit Männern und Frauen? Mal ganz davon abgesehen, dass auch Rolex und Omega recht dezente Uhren im Programm haben, bei denen man erst mal genau hinschauen und den Herstellernamen sehen muss, um zu erahnen, was der Träger da für ein Luxusobjekt ums Handgelenk geschnallt hat: Sind Frauen tatsächlich zurückhaltender, wenn es darum geht, ihren Status zu präsentieren?
Leute aus schon länger vermögenden Familien rümpfen gerne die Nase über Neureiche und Scheichs, weil die ihren Reichtum so stillos zur Schau stellen. Ein würdevoller reicher Mann trägt einen Anzug, hängt sich nicht kiloweise Kettchen um den Hals wie ein Gangsterrapper und verpasst seinem Auto keine Goldlackierung wie so ein Abdullah. Die Stillosigkeit eines Donald Trump zeigte sich weniger in seiner Kleidung oder seiner Limousine, sondern in der geschmacklosen Einrichtung seines Apartments, wo alles mit Blattgold zugeschissen wurde. Für eingefleischte Mitglieder der High Society war das widerlich vulgär. (Sein Verhalten war ein weiterer Faktor. Viel zu prahlerisch, impulsiv und einfach unwürdig für ein Mitglied der oberen Zehntausend.)
Natürlich gibt man auch als würdevoller Vermögender an. Aber eben dezent. Da trägt man eben eine Luxusuhr, die für den Laien nicht als solche auf den ersten Blick zu erkennen ist. Aber andere Reiche erkennen sie, und auf die kommt es an. Denen will man zeigen, dass man zu ihnen gehört. Ebenso der Anzug: Für einen Laien mag da kein großer Unterschied sein zwischen dem Anzug eines Milliardärs und dem eines Bankangestellten, doch wer selbst Milliardär ist, erkennt die Qualität des Stoffes und die Finesse des Schnitts, der an den Träger perfekt angepasst ist. Alles muss eine gewisse Disziplin und Ordnung ausstrahlen, um vermitteln zu können, dass der Reichtum verdient ist und nicht einfach nur das Resultat eines unglaublichen Glücksfalls. (Natürlich ist trotzdem meistens eine gehörige Portion Glück dabei. Aber das will man ja nicht betonen.) Diese Ausstrahlung hilft auch dabei, dass andere Reiche einem vertrauen, denn wenn man Geschäfte mit jemandem macht, erwartet man natürlich eine gewisse Zuverlässigkeit. Wenn man neu in diese Kreise aufsteigt und all die ungeschriebenen Regeln im Umgang unter altem (Geld-)Adel nicht gelernt hat, merkt man schnell, dass man trotz seines Vermögens ein Außenseiter bleibt. Das gilt auch für die Regeln des zurückhaltenden Prahlens.
Es gilt aber auch: Frauen haben wesentlich mehr Spielraum zum Angeben. Sie haben in ihrer Garderobe weitaus höhere Gestaltungsfreiheit, es gibt genug Luxusmarken, die erlesene Kleider verschiedener Art im Angebot haben, von besonderen Schuhmarken ganz zu schweigen. Eine Frau muss auch nicht darauf vertrauen, mit der Armbanduhr als Accessoire ein Signal zu setzen, sie kann auch mit Ohrringen, Armbändern, Diademen beeindrucken. Es macht bei Frauen auch weniger aus, wenn der Reichtum für Nichtvermögende sichtbarer ist als bei Männern. Da darf auf der Handtasche oder dem Gürtel gerne groß das Logo von Louis Vuitton oder Gucci prangen.
Lange, lackierte Fingernägel bei Frauen sind Männern ziemlich schnuppe. Aber sie sind seit jeher ein Signal an andere Frauen: Seht her, ich muss meinen Lebensunterhalt nicht mit körperlicher Arbeit verdienen, ich kann mir diese unpraktischen Krallen leisten. Früher war helle Hautfarbe ein Statussymbol: Seht her, ich muss nicht auf dem Feld unter der prallen Sonne arbeiten. Später kehrte sich das um und insbesondere Frauen präsentierten stolz die Goldbräune: Seht her, ich kann es mir leisten, viel Zeit im sonnigen Süden zu verbringen. (Seit der Pöbel allerdings auch auf Mallorca darf, ist der Prestigegewinn dadurch wieder verloren.) Auch Stöckelschuhe senden ein ähnliches Signal von "Ich muss nicht schwer arbeiten und bin daher besser als ihr" an andere Frauen aus, haben aber auch den für Männer attraktiven Effekt, dass die Beine optisch länger wirken. Eine gewisse aufwendige Haut- und Haarpflege, die sich nicht jeder leisten kann (sowohl zeitlich als auch finanziell), sind ebenso wie ein durchtrainierter Körper gleichfalls ein Signal an andere, um die eigene Qualität hervorzuheben.
Unabhängig vom Geschlecht versuchen Leute, ihren Status nach außen zu präsentieren und so auch zu festigen. Dabei gibt es Gemeinsamkeiten, oft macht es aber auch jedes Geschlecht auf seine Weise, weil die Erwartungen und Strategien im evolutionär begründeten Kampf um die besten Lebensbedingungen für sich und seine Nachkommen verschieden sind. Zu behaupten, Frauen wären pauschal zurückhaltender, ist daher Unfug. Auch sie prahlen, manchmal nur etwas anders. Im Fall mit der "Crazy Hours" ist es allerdings ganz simpel: Das war ungehemmtes, geschlechterneutrales Angeben.
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Mitglied
Ich finde es auch ganz lustig, vor einiger Zeit hatte ich mal eine Studie gelesen wie Millionäre in en USA leben. In Einfamilienhäusern in den Vorstädten, sie fahren Gebrauchtwagen und gehen einer geregelten Tätigkeit nach. Da wird nix zur Schau gestellt. Denn es ist eine Binsenweisheit, aber es reicht nicht Geld zu machen, man muss es auch beisammenhalten können, um reich zu werden.