Helden - Wenn dein Land dich braucht
(Zwischenstand im Spreewald: Die slawischen Models, die bei der Gurkenernte halfen, verabschieden sich. Der kaputte Bruder ist immer noch kaputt.)
Im unterirdischen Forschungszentrum erwacht Andrea Catterfeld und stellt fest, dass ihr Boss, ihre Kollegen und die Kinder noch leben. Ansonsten sieht es aus wie in einem Fallout-3-Tunnel und Marcs Tochter Jana fehlt. Dennoch gibt es auch negative Seiten: Die ganze Gruppe ist verschüttet.
Bevor es noch zu menschlich wird, zurück zur Politik: Irgendein Scherge aus dem Bundeskanzleramt diskutiert telefonisch mit einer deutschen Abgesandten auf dieser Sicherheitskonferenz in Salzburg. Die Frau muss ihm erst mal erklären, dass der Collider weder der Schweiz noch Frankreich gehört, weil das ein internationales Forschungsprojekt ist und 20 Staaten beteiligt sind. Ich weiß nicht, inwieweit das jetzt kriegsentscheidend sein soll; ich kann mir kaum vorstellen, dass sich eines der 20 Länder bei dieser Sachlage gegen das Abschalten des Colliders wehren würde. Außerdem informiert sie ihn, dass die Schweizer ihre Armee zum Collider schicken wollen, um die Leute zu bergen. Dem Eumel im Bundeskanzleramt geht das gegen den Strich: Die Schweizer sollen gefälligst die Bahn freimachen für den Einmarsch deutscher Truppen, jawoll! Das Schweizer Militär wäre schließlich ein Witz und die Franzosen wären auch dafür. (Die Franzosen denken sich vermutlich: „Bei uns waren die Deutschen schon ein paar Mal, jetzt sind die Helvetier dran…“) Die Abgesandte weist ihn darauf hin, dass sein Anliegen echt üble Assoziationen weckt, aber verspricht ihm, es trotzdem vorzutragen. Deutschland liegt eh in Trümmern, da kann man ruhig noch den Ruf ruinieren. Oder sie wollte ihn nur abwimmeln.
Die Schweizer Armee hat es inzwischen immerhin bis zum Eingang des Forschungszentrums geschafft, aber traut sich nicht, reinzugehen und die Aliens plattzumachen, die … Moment, das war Half-Life… Also jedenfalls trauen sie sich nicht ins Gebäude ohne ausdrücklichen Befehl vom Stab. Immerhin kriegen sie so aus erster Reihe mit, wie der von Sophie angekündigte EMP ausgesendet wird.
Im Hubschrauber ist die Stimmung schlecht: Sophie will Marc jetzt doch nicht in die Schweiz mitnehmen, aber ihm auch nicht erklären, was eigentlich passiert ist. Stattdessen denkt die blöde Frutte, es würde um sie und die verflossene Beziehung zu Marc gehen, denn wichtigere Probleme haben sie ja nicht. Die traute Zweisamkeit wird vom Kopiloten gestört. Der vermeldet, dass der Bengel mit dem Abschaltcode ein Auto geklaut und sich abgesetzt hat. Aber man weiß trotzdem, wo er ist, weil er mit der Kreditkarte seines Vaters den Eintritt ins Tropical Island bezahlt hat. Sophie weiß nicht, was das ist, obwohl so ziemlich jeder, der in Berlin wohnt, zumindest schon mal davon gehört haben dürfte, aber der Kopilot erklärt ihr, dass das nur 20 Minuten entfernt wäre.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erinnern: Es geht um einen Typen aus dem Schwarzwald, der mal eben mit einem geklauten Auto nach Brandenburg gedüst ist. Das sind ungefähr 750 Kilometer. Selbst wenn einem nicht dauernd Flugzeuge auf den Kopf fallen und aufgrund von eventueller Panik eine massenhafte Migration von aufgeregten Bundesbürgern stattfindet, braucht man mit dem Auto knapp sieben Stunden für die Fahrt. Wenn so viel Zeit vergangen wäre, müsste es im Film eigentlich langsam dunkel werden, aber die Sonne ist nicht mal in der Nähe des Horizonts.
Im Helikopter erklärt Sophie endlich, was mit dem Collider passiert ist, und Marc erzählt, dass seine Tochter auch beim Collider ist. Das ist eine interessante Neuigkeit für seine Ex-Freundin, die bislang noch nicht mal wusste, dass er eine Tochter hat. Aber man weiß ja, wie so etwas ist, es kommt so viel dazwischen und manchmal ist der Augenblick auch nicht so passend, da fallen solche Kleinigkeiten halt irgendwie unter den Tisch. Sophie ist trotzdem verbittert. Zum Schmollen bleibt allerdings keine Zeit, da der EMP eintrifft und den Hubschrauber unerbittlich in den grünen Schoß eines Brandenburger Waldes stürzen lässt.
Im Tropical Island bindet Hacker Tobias inzwischen seiner Freundin einen dicken Bären auf, indem er angibt, wie viele schwerbewaffnete SEK-Beamte sein ganzes Dorf umstellten, um ihn aufzuhalten. Sie scheint eher milde beeindruckt, aber wäre einem kleinen Fick in der Öffentlichkeit nicht abgeneigt – zumindest, bis das Fernsehen mit einer Nachrichtenmeldung über den explodierten Reichstag ihre Aufmerksamkeit stiehlt. Das überzeugt sie, die Paarung lieber in privatere Räumlichkeiten zu verlegen, und so zerrt sie ihren Internetfreund in die Richtung der privaten Hütten, die man im Tropical Island mieten kann. Für sehr teures Geld, möchte ich übrigens anmerken; der Papa, dessen Kreditkarte da geschändet wird, dürfte seinem lieben Sohn beim Eintreffen der Rechnung so heftig in den Arsch treten, dass die Kernfusion einsetzt. Warum der EMP, der 20 Minuten entfernt schon einen Hubschrauber runtergeholt hat, den Fernseher oder die Beleuchtung der Halle bisher nicht beeinträchtigt, lässt das Drehbuch übrigens unbeantwortet.
Apropos Hubschrauber: Im Brandenburger Forst krabbeln Sophie und Marc aus dem brennenden Wrack, die namenlosen Staatsdiener am Steuer haben es leider nicht geschafft. Marc schnappt sich aus den Trümmern noch einen Rucksack und ein Sturmgewehr. Klar, wer weiß schon, wie wild diese Ossis sind.
Im Salzburger Land regt sich ein Rentner im Altersheim auf, weil das Radio nicht funktioniert. Und in einer Gelsenkirchener Kleingartensiedlung steigt der Stresspegel bei einem kleinen Schalke-Fan-Verein, weil der Grill-Abend zum Vereinsjubiläum noch nicht fertig vorbereitet ist und nun auch noch der Strom weg ist. (Vom Spezialeffekt des EMP hat hier keiner was mitgekriegt. War ja auch nur in der Schweiz und in Brandenburg so eine schöne blaugrüne Schockwelle.) Die Kerle dort plagt aber auch ernster Kummer: Der Verein liegt im Sterben, weil… ich hab keine Ahnung, ich dachte immer, in Gelsenkirchen gäbe es keinen Mangel an Schalke-Fans. Ist aber auch scheißegal, die Typen haben eigentlich nichts mit der Handlung zu tun. Dummerweise haben die Filmemacher bei jeder Filmförderungsanstalt Geld eingesackt, die nicht schnell genug die Tür verrammeln konnte. Dafür mussten sie aber versprechen, einen gewissen Teil des Films in der Heimat der jeweiligen Förderungsanstalt zu drehen. Allein deswegen verschwendet der Streifen so viel Zeit im Schwarzwald, beim Spreewald, in Gelsenkirchen – und ja, aus Österreich gab es auch Fördergelder, was für einen Film zum Tag der Deutschen Einheit natürlich ungeheuer logisch ist. Und die Reihe der so geförderten Drehorte ist noch nicht komplett. Aus der Schweiz gab es übrigens kein Geld, deswegen hat man das Genfer Kernforschungszentrum kurzerhand in Wolfsburg gefilmt, mit Geld aus Niedersachsen natürlich.
Und während die Pornoproduktionsabteilung von RTL gerade den Beischlaf der beiden Teenager im Tropical Island filmt, fällt auch dort der Strom aus. Tja, preußische Technik hält halt doch etwas länger.
Einige Kilometer entfernt (im „südlichen Brandenburg“) treffen Marc und Sophie auf einen Hof und klauen einen alten Militär-Landrover, der mangels Elektronik auch nicht vom EMP beeinflusst wurde. Warum mitten in Brandenburg ein Rechtslenker steht, wird natürlich ebenso wenig beantwortet wie die Frage, warum die beiden im Haus nicht mal kurz Bescheid gesagt haben, dass sie sich die Karre ausleihen wollen.
Im Kernforschungszentrum hat man mittlerweile Jana ausgegraben, die von Andrea total glücklich umarmt wird. Aber Jana hat nun mal die Rolle der irrationalen Teeniezicke, also rotzt sie sich pampig ein „Lass mich!“ ab. Andrea nimmt das zum Anlass, ihre Beichte abzulegen. „Ja, es war meine Idee, mit den Kindern diesen Ausflug zu machen. Und ja, meinetwegen seid ihr jetzt hier in der Lage.“ Jana nimmt diese Vorlage dankbar auf: „Ja, zum Glück sind es nicht deine eigenen Kinder. Oh, du hast ja gar keine eigenen Kinder. Ansonsten hättest du vielleicht gewusst, dass sich Kinder für so einen Scheiß nicht interessieren, und dann wären sie nicht hier unten gefangen!“ Woah. Diese aufmüpfige Proletenfotze bettelt um Schläge. Und ja, Andrea enttäuscht uns nicht: Sie haut der frechen Tussi eine runter. Aber es geht ihr trotzdem ziemlich nahe, zumal die besagte Tussi nicht aufhört, die Ausweglosigkeit ihrer Lage zu beschwören, weil man ja schließlich im 16. Untergeschoss sitzen würde. Klopp die Zicke doch mit einem Stahlrohr in die Unterwürfigkeit, in der Situation kann man sich Defätisten und Wehrkraftzersetzer nicht leisten!