Klopfers Web » Texte » Lästereien » Die Abenteuer des Stefón Rudel

Die Abenteuer des Stefón Rudel

Ab hier wird es schwierig mit der Story, weil einerseits jeder Scheißdreck erwähnt wird, den der Knirps erlebt, inklusive aller Mahlzeiten und Duschen, andererseits gewisse Dinge nie erklärt werden. Die Haupterde ist offensichtlich etwas anderes als die Welterde. Es gibt „Menschheitsabsicherungsplattos“, aber fragt mich nicht, was das ist. Einerseits sollen die wohl nicht auf der Erde sein, andererseits liegen Orte wie Frankfurt am Main auf so einem Plateau. Keine Ahnung.

Als Stefan sechs Jahre alt ist, schleppt Frau Kennedy ihn mit nach München zur Familie Rudel. Herr Rudel ist offenbar ein alter Weltkriegsrecke und hat unter Adolf noch das Ritterkreuz in der höchsten Stufe gekriegt. Das Ehepaar Rudel will den Knaben gerne behalten und Frau Kennedy scheint es gar nicht eilig genug zu haben, ihn loszuwerden. Also adoptieren die Rudels das Kind vom Mars. Weil Deutschland aber von England nach dem verlorenen Krieg besetzt ist und dem alten Rudel das stinkt, möchte er gar nicht mehr auf der Welterde bleiben, sondern lieber auf eines der Menschheitsabsicherungsplateaus, auf die „Itönetie 18“. (Ja. Stefan Knapp kann das englische Wort „Eternity“ nicht schreiben, aber weiß, dass es so etwas in der Art gibt.)

Zum Glück gibt es da genau das richtige Zuhause für alte Kameraden, die Ritterkreuzsiedlung im Odenwald. (Ja, ich hab auch keine Ahnung, ob das jetzt nicht mehr Deutschland ist.) Dort lebt noch ein anderes Fliegerass aus Görings Luftwaffe, und der lädt seine beiden Gäste für ein paar Tage zur Colonia Dignidad in Chile ein. Wer mit dem Namen nichts anfangen kann: Wikipedia hilft. Die Kurzfassung ist jedenfalls, dass das eine kleine faschistisch organisierte Sektensiedlung war, in der fröhlich gefoltert wurde und sexueller Missbrauch von Kindern Usus war. So die Realität, im Buch klingt das Dorf wie ein Paradies. Den Weg dahin überwindet man mit einem restaurierten Bomber der Wehrmacht, muss aber in Paris zum Tanken zwischenlanden.

Oberst Rudel sagte noch zu mir „Hier in pari heißt du nun nicht mehr Stefan, sondern Stefón auf Französisch “.

Genau. Nicht Stéphane, nicht Étienne, Stefón heißt man in „pari“. Der Oberst hat offenbar von der französischen Sprache nicht viel mitbekommen, als er das letzte Mal mit seinem Bomber über Frankreich unterwegs war, noch mit Hakenkreuz am Heck. Jedenfalls ist hier die Erklärung für den merkwürdigen Buchtitel. Dem Jungen gefällt dieser pseudofranzösische Name so gut, dass er jetzt immer so genannt werden will. Gut, das wird im Laufe des Buches gelegentlich vergessen, aber Ansprüche an Kontinuität und Kohärenz sind bei diesem Werk absolut fehl am Platz.

Nach dem Urlaub gibt es Neues in der Ritterkreuzsiedlung: Die Franzosen kommen! Es ist wohl ein großes Manöver, und weil die Bundeswehr damit zu beschäftigt ist, hat man die Fremdenlegion geholt, um die „Eternity 18“ zu beschützen. Der Franzose hat es aber auch nicht leicht: 1966 haben die einen Atomkrieg gegen die Amis geführt und gewonnen, aber dafür sieht es bei den Franzosen auch aus wie … na ja, wie nach einem Atomkrieg. Oberst Rudel ist auch noch Ehrenmitglied in der Fremdenlegion, also kann sich Stefón problemlos bei den Legionären einkratzen. Ich erspar euch mal die ganze Riege, aber einer hat den urfranzösischen Namen Glüso. Der gibt ihm auch tolle Tipps.

„ Stefón“ sagte er, wenn du später auch Mahl mehrere Freundinnen haben willst, must du jetzt schon Komplimente üben, da stehen Frauen drauf.

Stefan ist da aber ein Naturtalent, zu dem Zeitpunkt hat er sich nämlich mit Ann Marie schon ein Mädel aus der Nachbarschaft angelacht, die ihn dann dauernd mit „mein Liebster“ anreden wird; während er sechs Jahre alt ist, wohlgemerkt. Glüso bringt ihm auch andere Dinge bei.

Zu später stunde können wir auch Brötchen sehen flüsterte Glüso zu mir. Ich fragte ihn weis das sein sollte und er erwiderte das sind Frauenbrüste.

Brötchen sind also Frauenbrüste. Merkt euch das. Stefón erklärt sich jedenfalls sofort bereit, in schlappen fünf Jahren auf jeden Fall auch zur Fremdenlegion zu gehen, wobei er schon mal den Ehrenkodex lernt. Der wurde von irgendwoher ins Buch reinkopiert und stellt die einzigen anderthalb Seiten dar, die nicht vor Fehlern nur so strotzen.

Gemeinsam klauen sie von den Amerikanern (unter Ausnutzung von Stefans amerikanischem Pass) noch einen Schulbus für die Franzosen und quatschen nebenbei mit dem „Filmplatto Mars“, wo die Nachrichten vom Mars weitergeleitet werden und außerdem ständig Filmdrehs stattfinden. Neuigkeiten über seine Eltern gibt es nicht, aber die Frau am anderen Ende lädt den Bengel sofort zu sich ein.

Bevor er aber wieder verduftet, investiert er noch in ein Grundstück mit einem Schwimmbad. Geld genug hat er jedenfalls.

Da ich vom amerikanischen Senat 1.000.000. US Dollar Taschengeld im Jahr bekam, da ich vom Mars Kamm und das so mit einem Centaurius der Marscentauri abgesprochen war, überlegte ich mir das Schwimmbad zu kaufen wenn Hans-Ulrich einverstanden war.

Ja, da zaubert der Autor einfach mal so eben aus dem Hut, dass der kleine Scheißer stinkt vor Geld, weil er vom Mars kommt und irgendeine Flitzpiepe den amerikanischen Senat mit derartigen Forderungen belästigt hat.

Nachdem der Grundstein für die zukünftige Immobilienspekulation gelegt ist, wird er von der Frau vom Filmplateau Mars abgeholt. Ich hab keine Ahnung, wo das liegen soll. Anscheinend nicht ganz auf dem Mars, der ja angegriffen wurde und auf dem immer noch Aufbauarbeiten laufen. Allzu weit weg kann das Ding aber auch nicht sein, weil es vermutlich sonst nicht Mars heißen würde. Dann wiederum stellt sich die Frage, warum die Angreifer damals offenbar das Raumschiff mit Stefans Eltern verfolgt und zerstört haben, dieses komische Plateau anscheinend aber gar nichts abkriegte. Ich habe Kopfschmerzen. Ich sollte nicht versuchen, das Buch logisch zu verstehen.

9
Dir hat's gefallen? Dann erzähl deinen Freunden davon!

Nach oben