Andreas und die Außerirdischen vom Humo
In der aktuellen Bravo ist ein Bericht über ein paar jugendliche Mädels, die nach Marokko gefahren sind, um dort für die Rettung des Klimas Bäumchen in der Wüste zu pflanzen. Was das genau bringen soll, weiß ich nicht, vermutlich können die Marokkaner den Bäumchen dann beim Vertrocknen zugucken, während sie sich überlegen, wie sie am besten von der marokkanischen Küste bis nach Düsseldorf kommen, keine Ahnung.
Da lobe ich mir doch einen Report aus der Bravo-Ausgabe 11/1984. Vor knapp 33 Jahren zeigte die Bravo nämlich in einer Sternstunde des Qualitätsjournalismus, wie sich ein Junge für die Rettung der Welt einsetzen kann: mit der Hilfe von Außerirdischen.
Klingt das nicht schon vielversprechend? Aliens und ein Junge, das ist schon immer ein Erfolgsrezept gewesen, man denke nur an E.T. Doch hier hat sich nicht einfach ein Außerirdischer verlaufen; nein, Andreas soll den Außerirdischen dabei helfen, eine Katastrophe abzuwenden!
„Ich habe fast jede Nacht Kontakt mit Wesen von einem andern Stern. Sie haben mich dazu auserwählt, die Menschen vor einer Naturkatastrophe zu retten. Sie kommen mit einer Art Ufo auf die Erde und wollen uns helfen. Es sind kleine, braunhäutige Wesen, kahlköpfig und den Menschen ähnlichen Gesichtern. Und sie sind viel intelligenter als wir …“
Braunhäutig und intelligenter als Weiße? Da würde ich doch erst mal unseren selbsternannten Kaiser konsultieren wollen, der mir sicher sagen kann, wie viele Informationsfeile die Aliens verarbeiten können…
Das behauptet der 15jährige Andreas aus Neu-Isenburg. Totale Spinnerei? Nur ein Wichtigtuer? Hat er das alles bloß geträumt oder stimmt seine Story wirklich? Lest selbst, was Andreas zu erzählen hat …
Kann es kaum erwarten.
Es war im November 1982. Ich lebte damals mit meinen Eltern schon vier Jahre auf Teneriffa, in einem Ort in der Nähe von Santa Cruz. Mein Vater besaß dort ein Restaurant. Ufos und ähnliches, das tat ich als Quatsch ab. So was gibt’s doch gar nicht, dachte ich. Das heißt, ich habe mich nicht mal näher damit befaßt, für mich war das Humbug, aus.
Verständlich. Dr. Axel Stoll hatte damals ja noch nicht begonnen, die Welt aufzuklären.
Dann kam diese Nacht. Ich konnte nicht schlafen, obwohl ich dazu keinen Anlaß hatte – weder Sorgen noch Krankheit oder sonstwas.
Schon den ganzen Tag über war ich so unruhig gewesen. Und dann, nachts, stand ich auf und ging auf den Balkon vor meinem Zimmer. Es war, als würde mich irgendwas dorthin lenken …
Dir war schlecht und du wolltest über die Balkonbrüstung kotzen?
Mir wurde dann ganz komisch. Ich kann das Gefühl nicht beschreiben. Jedenfalls sah ich plötzlich etwas am Himmel, was nichts mit einem Flugzeug zu tun hatte.
Eine Currywurst? Das Bernsteinzimmer? Queen Mary?
Das Ding leuchtete, rot, blau und grün. Und von dem Moment an, als ich es genau sah, überfiel mich plötzlich eine Art Ohnmacht oder tiefer Schlaf.
Die Fahne von Eritrea? Das würde vll. die braunhäutigen Aliens erklären. Zu doof, dass du alles verpennt hast.
Ich öffnete eine schwere Eisentür – und plötzlich war ich in einer anderen Welt! Ich erlebte das alles ganz genau, so als wär’s Wirklichkeit.
Eisentür klingt jetzt nicht sehr nach Science-Fiction. Ich hoffe, da waren wenigstens bunte Lämpchen dran.
Mir ist heute noch komisch, wenn ich daran denke. Ich sah jedenfalls viele kleine Wesen um mich, so etwa 1,50 m groß. Sie hatten dunkle Haut, etwa olivfarben. Keine Haare, keine Kleidung. Aber auch keine Geschlechtsteile.
War ja klar, dass du da hinguckst, du kleines Ferkel! (Plötzlich olivfarben? Ich dachte, sie wären braun? )
Sie sprachen nicht, und trotzdem verstand ich alles, was sie mir mitteilen wollten. Die Botschaften waren deutsch, also jedenfalls verstand ich sie.
Deutsch? Haben sie was über Skalarwellen und Reichsflugscheiben gesagt?
Sie sagten, daß sie mich ausgewählt hätten, ihre Botschaft an die Menschen zu übermitteln. Und zwar diese: Es wird eine riesige Naturkatastrophe kommen, noch vor dem Jahr 2000.
Oh, ich hoffe, du bist unter der Last dieser Verantwortung nicht zusammengebrochen! Aber ich muss mich mal selbst loben: Offenbar hab ich schon mehr Weltuntergänge überlebt als vermutet, und ich seh immer noch verdammt gut aus.
Die Erde wird aus ihren Angeln gehoben, es gibt Überschwemmungen, Orkane und Erdbeben. Aber sie könnten die Menschheit retten. Jedoch nur, wenn wir an sie glaubten.
Wie großmütig von ihnen.
Bis jetzt sei das aber nicht der Fall – man würde nur lachen über sie und ihre Raumschiffe sogar angreifen und darauf schießen. Und deshalb könnten sie uns nicht helfen.
Sie wollen nur nicht, die fiesen Schweinehunde! Jetzt, wo ich das weiß, würde ich auch auf ihre Raumschiffe schießen, jawoll!
Ich solle ihre Botschaft an die Öffentlichkeit bringen, sagten sie. Wenn die Menschen dann an ihre Existenz glauben würden, dann könnten sie anfangen uns zu helfen. Denn das sei nur möglich, wenn ihnen Sympathien, also positive Strömungen, entgegenkämen.
Nur weil die keine Geschlechtsteile haben, an denen sie reiben können, müssen sie so ihre Befriedigung holen? Das kann aber gar nix werden, wir haben schon Geschichten über einen Gott, der sehr eifersüchtig wird und die Welt untergehen lässt, wenn nicht genug Leute an ihn glauben.
Die Wesen von diesem Stern, der ‚Humo‘ heißt, kommen oft auf die Erde. Bevorzugt landen sie im Bermuda-Dreieck. Dort sind ja auch schon oft Menschen spurlos verschwunden; ihre Schiffe wurden leer aufgefunden.
Die Verschwundenen sind nicht ertrunken, sondern die Leute von ‚Humo‘ haben sie zu sich geholt. Sie wollen ihnen zeigen, wie man die Welt noch retten kann. Wenn sie das gelernt haben, schicken sie sie zurück zur Erde …“
Die Entführten scheinen sich nicht sehr clever anzustellen, ansonsten hätten die Aliens wohl nicht den Entschluss gefasst, den Plan zu ändern und die Rettung der Welt einem 15-jährigen Jungen anzuvertrauen.
Aber die Bravo hakt auch äußerst kritisch nach:
Das klingt ja abenteuerlich. Ist das nicht alles deiner Phantasie entsprungen, Andreas?
„Ich kann mir denken, daß ihr mich für einen kompletten Idioten haltet“, sagt Andreas cool. „Aber so ist das leider. Auch in der Schule lachen sie über mich.
Wer kann ihnen das verdenken?
‚Ufo-Freak‘ ist noch das netteste, was mir nachgerufen wird. Die meisten verarschen mich total. Aber ich lasse mich nicht beirren.
Kein Wunder, dass die Aliens dir geistig überlegen sind.
Übrigens: Als ich damals in Teneriffa von meiner Reise auf diesen andern Stern zurückkam, da stand ich bibbernd auf dem Balkon. Ich dachte, ich würde jetzt gleich verrückt werden. Hatte ich das nun erlebt oder geträumt?
Geträumt. Eindeutig.
Da sah ich auf meiner Hand ein blaues Zeichen: das Zeichen des Sternes ‚Humo‘. Meine Freunde dort sagten mir, ich solle es immer wieder dort aufmalen oder bei mir tragen, es würde mich schützen. Und es würde die Kontakt-Aufnahme erleichtern.
Große Enttäuschung für alle Anhänger von Stoll und unserem wedrussischen Kaiser: Das Zeichen ist kein Hakenkreuz.
Seither habe ich zwei-, dreimal in der Woche Kontakt mit ihnen. Ich lebe ja jetzt in Neu-Isenburg seit einem knappen Jahr, weil sich meine Eltern scheiden ließen.
Zweifellos deinetwegen. "Der Junge ist komplett durchgedreht, das kommt von deiner Seite der Familie! Deine Mutter war doch auch in der Klapsmühle! " "Du hast doch während der Schwangerschaft gesoffen! Das haben wir jetzt davon!"
Die Kontakt-Aufnahme mit den Wesen von diesem andern Stern geht so: Ich lege mich ins Bett und konzentriere mich ganz stark auf sie. Dann spüre ich plötzlich, wie ich hochgehoben werde und dann bin ich bei ihnen. Es geht alles über Energie. Sie haben eine unwahrscheinliche Energie und Intelligenz, mit der übermitteln sie alle ihre Botschaften.
Und du bist obenrum nackig und hast dir ihr Zeichen auf die Hühnerbrust gemalt. Sei mal ganz ehrlich, Andreas: Führen die Aliens dir Analsonden ein und sagen dann, dass das euer kleines Geheimnis ist?
Oder ich gehe auf eine einsame Wiese – es dürfen keine anderen Leute dabeisein – und konzentriere mich auf einen Gegenstand – zum Beispiel auf eine Uhr oder einen Schuh. Dann kommen sie auch. Aber nur nachts, denn sie können nur nachts kommen.
Du stellst dich also nachts halbnackt auf eine Wiese in Neu-Isenburg und guckst auf die Uhr, bis die Aliens dich hochheben. Trinkst du eigentlich regelmäßig Benzin oder so was?
Wenn bei uns Tag ist, schlafen sie.“
Das mach ich auch, aber ich bin kein Außerirdischer. Glaub ich.
Glaubt das eigentlich jemand, was Andreas da erzählt? „Ja, meine beiden Freunde zum Beispiel. Die glauben mir ganz fest. Und meine Mutter glaubt mir auch. Sie weiß, daß ich so was nie erfinden würde. Und dann geben mir die Humo-Wesen ja auch Beweise dafür, daß es sie gibt:
Ich denke, wir können nun immerhin davon ausgehen, dass zumindest ein Teil seiner Probleme genetisch bedingt ist.
Zum Beispiel sagen sie konkrete Dinge voraus. Den Tod von dem russischen Staatschef Andropow zum Beispiel. Das haben sie mir eine Woche vorher gesagt, und auch, daß sein Tod sehr schlecht für die Menschen sei …“
Juri Andropow war gesundheitlich schon ein Wrack, als er ins Amt kam. In den letzten Monaten seines Lebens hat er sich nicht mal in der Öffentlichkeit gezeigt und war kaum arbeitsfähig, weil sein Körper nicht mehr durchhielt. Dass er bald abkratzen würde, war vermutlich für niemanden auf der Welt eine Überraschung. Danach kam übrigens Konstantin Tschernenkow, der auch nach 13 Monaten starb, weil die Sowjets damals stur Leute auf den Chefsessel setzten, bei denen die Würmer in der Erde schon in hungriger Erwartung schmatzten. Der letzte Staatschef der Sowjetunion war dann der wesentlich lebendigere Michail Gorbatschow. Inwieweit das jetzt für die Menschheit als solche schlecht gewesen sein soll, will sich mir nicht wirklich erschließen.
„Stimmt“, bestätigt René, Andreas‘ bester Freund. „Andreas hat das erzählt, bevor es überhaupt im Fernsehen oder so kam. Drei Tage vorher. Das ist der Wahnsinn …“
Den letzten Satz unterschreib ich mal so.
Was sagen die Humo-Leute noch?
„Zum Beispiel, daß jeder Mensch siebenmal geboren werden muß, siebenmal auf der Erde leben muß. Ich sei bereits im siebten Leben, sagen sie.
Und jetzt alle gemeinsam: ♪ Über sieben Brücken musst du gehen… ♫
Und deshalb habe ich nach diesem Leben die Freiheit, auf einen andern Stern zu gehen. Zum Beispiel auf den ihren. Das tu ich natürlich.“
Wenn die dich wollen würden, könnten sie dich jetzt schon da behalten, so wie die Leute aus dem Bermuda-Dreieck. Aber die benutzen dich nur für die Befriedigung ihrer schmutzigen Bedürfnisse und schicken dich dann wieder frierend und mit blauen Flecken nach Hause, so sieht's aus!
Wo ist denn dieser Stern „Humo“?
Er befindet sich nahe dem Planeten Pluto. Mehr sagen sie nicht. Ich habe auch nie was von der Landschaft dort gesehen, immer nur die Wesen. Aber ich weiß, daß wir dort leben könnten, wir Menschen. Es gibt also Sauerstoff und Nahrung und so. Bloß müßten wir uns eben total umstellen …
Planet Pluto. Das waren noch Zeiten.
Allerdings fällt die fehlende Unterscheidung zwischen "Stern" und "Planet" sowieso negativ auf. Auf einem Stern kann man natürlich nicht leben, da würden einem die Füße verkohlen. Auf einem Planeten nahe des Pluto wiederum könnte man nicht leben, weil einem da die Füße erfrieren würden, nebst der Luft in der Lunge.
Sie sagen, sie stammen selbst von den Menschen ab. Sie hätten bereits in der Steinzeit mit ihnen Kontakt gehabt. Aber dann sei der Kontakt abgerissen, und erst jetzt, bevor die Erde untergeht, melden sie sich wieder. Weil sie uns retten wollen. Sie sind sehr positiv eingestellt, und bei ihnen gibt’s keinen Krieg und so.“
Ja, was denn nun? Stammen sie von den Menschen ab oder hatten sie in der Steinzeit Kontakt? Und wenn sie damals so einfach abgehauen sind, wieso sind die Steinzeitmenschen technologisch so hinterher gewesen?
Aber wenn sie keinen Krieg kennen, muss es wahnsinnig leicht sein, diese Hippies zu erobern.
Kann denn jeder Kontakt mit den Humo-Wesen aufnehmen?
„Ja, eigentlich schon. Man muß sich eben total konzentrieren darauf, muß zum Himmel sehen und sie sozusagen beschwören, sich zu melden.
Warum denn jetzt auf einmal zum Himmel? Ich dachte, man soll sich auf einen Schuh konzentrieren?
Dann kommen sie. Sehr gern zu Jugendlichen, denn die – so sagen meine Humo-Freunde – sind offen, sind ihnen positiv gesinnt.
Und sie sind so schön naiv und machen sich freiwillig nackig, gell? Deswegen mögen auch viele Menschen Jugendliche.
Aber wenn sie merken, daß man nicht an sie glaubt und sie nur testen will, kommen sie nicht.
Ich dachte, sie wollen uns helfen, weil sie so gütig sind, und dann zicken sie so rum? Arschlöcher.
Sie haben nämlich Zugang zu unseren Gedanken. Spüren, wer es ernst meint und wer nicht. Man kann übrigens auch noch einen Kassettenrecorder neben sich stellen. Manchmal sind dann Stimmen auf dem Band zu hören.“
Du hast oben erzählt, die würden nicht sprechen, sondern telepathisch mit dir kommunizieren.
Hast du so ein besprochenes Band?
„Nein“, sagt Andreas. „Das heißt, das zeige ich niemand …“ „Und warum nicht?“
„Weil die Menschen ohne Beweise an die Humo-Wesen glauben sollen …“
Nun ja. So kann man’s natürlich auch sehen.
Warum einfach die Welt retten, wenn man's den Menschen auch so kompliziert wie möglich machen kann, gell?
Im letzten Satz glaubte ich übrigens zu vernehmen, wie die Hoffnung der Bravo-Redakteurin auf einen Journalistenpreis in tausend Bruchstücke der Verzweiflung zersprang. Ich wünschte, ich hätte es auf Kassette aufgenommen, um das zu überprüfen.
Das war aber noch nicht alles! Drei Ausgaben später konnte die Bravo Neues berichten: Es gab nicht nur über 5000 Zuschriften, Andreas hat auch zum Bleistift gegriffen und so einen Humo gezeichnet!
Wenn die von den Menschen abstammen, haben sie nicht unbedingt die beste Abzweigung gewählt, die ihnen die Evolution geboten hat. Warum enden die Beine in Saugnäpfen und sind unterschiedlich dick? Und dieses Gesicht, das selbst eine Mutter dazu bringen würde, ihr Kind mit dem Kissen zu ersticken?
Aber die Bravo hat im zugehörigen Artikel noch mehr Einzelheiten aus Andreas herausgekriegt und auch einige Leser zu Wort kommen lassen.
„Die Humos (ausgesprochen: Ummos) sind sehr glücklich darüber, daß so viele Jungs und Mädchen an sie glauben und über meine Geschichte nicht einfach lachen“, erzählt Andreas. Denn tatsächlich gibt’s nur ganz wenige Briefe, die Andreas‘ Geschichte als „Humbug“ oder „Spinnerei“ abtun.
Was uns sagt, dass der Großteil der deutschen Jugend schon damals keinen Grund zur Hoffnung gab.
„Gleich nach dem Erscheinen des Artikels hatte ich wieder Kontakt mit den ‚Humos‘“, erzählt Andreas. „Sie sagten, daß sie sehr stolz auf mich seien. Und ich solle alle wissenschaftlichen Tests mitmachen, die mir angeboten würden, um mich und meine Geschichte auf ihre Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen. Sie würden mir helfen, die Tests zu bestehen.“
Jaaa! Eine Lobotomie! Oder besser gleich ganz sezieren, das Gehirn entnehmen, in dünne Scheibchen schneiden und unter dem Mikroskop anschauen, was bei dem Jungen falsch gelaufen ist.
Andreas hat wirklich schon Angebote von Ufo-Forschern bekommen. Sie alle wollen mit ihm reden, mehr erfahren über seine angeblichen Kontakte.
Erstaunlicherweise halten mehrere von ihnen die Aussagen des Jungen aus Neu-Isenburg durchaus für ernstzunehmend.
„Es ist bewiesen, daß es noch Lebewesen im All gibt“, schreibt einer der Forscher. „Und was Andreas da erzählt, hat durchaus Hand und Fuß.“
Die Humos haben gar keine Füße! Nicht mal einen!
Und das sagen Leser zu Andreas‘ Geschichte: „Wer Andreas das nicht glaubt, der ist bekloppt. Warum sollte es denn außer auf der Erde im ganzen Weltall keine anderen Leben mehr geben? Es gibt unzählige Planeten – und die Erde soll der einzige bevölkerte Planet sein? Das ist doch Quatsch. Also ich glaube an die ‚Außerirdischen‘“, meint Manuela, 16, aus Düsseldorf.
Nur weil es wahrscheinlich noch woanders Leben irgendwo im All gibt, heißt das nicht, dass die Geschichte von Andreas stimmt. Wenn ich erzählen würde, dass mir Sophia Thomalla jeden Morgen einen bläst, wäre der Beweis dafür nicht einfach dadurch erbracht, dass die Nichtexistenz von Sophia Thomalla ganz schön unwahrscheinlich wäre.
„Was steht ihr hier noch rum, liebe BRAVO-Reporter“, schreibt Angela 17, aus Memmingen. „Ihr müßt sofort eine Riesen-Aktion organisieren, um die Erde zu retten. Denn was Andreas sagt, stimmt hundertprozentig. Es gibt Ufos, ich hab selbst schon eins gesehen!“
Angela brachte bestimmt im nächsten Jahr ein Kind zur Welt, weil ein Typ ihr erzählte, dass a) er nur kurz die Spitze reinstecken würde und b) sie beim ersten Mal sowieso nicht schwanger werden könnte.
Natürlich gibt’s auch einige, die das Ganze für eine „echt dreiste Lüge“ halten oder schreiben, der Andreas „hätte auch mit einer weniger doofen Geschichte aufwarten können, wenn er schon unbedingt in die BRAVO wollte“.
Das ist ja auch vollkommen korrekt.
Wie hat seine Umwelt reagiert auf die Ufo-Story?
„O Mann“, sagt Andreas. „An dem Donnerstag, als es das Heft am Kiosk gab, war echt der Teufel los. In der Klasse haben sie natürlich sofort die große Diskussion angefangen. Viele lachen mich aus, rufen mir Humo nach oder Codo oder so. Die Lehrer grinsen nur vielsagend, sprechen mich aber nicht darauf an.
„Haha, die Versetzung in die nächste Klasse kannst du knicken, Bürschchen“, das denken die sich dabei vermutlich. Aber was ist „Codo“?
Am meisten freue ich mich aber darüber, daß so viele Jugendliche an mich und meine Geschichte glauben. Ich hab den Auftrag der Humos erfüllt, und das ist doch das Wichtigste!
Die Rettung der Menschheit vor der gaaaaanz üblen Naturkatastrophe wäre das Wichtigste, nicht dass du deine Fresse in die Bravo kriegst!
Aber bitte habt Verständnis: Ich kann nicht alle Briefe beantworten, die Ihr mir geschickt habt. Das sind ja einige Tausend. Aber ich werde alle Briefe durchlesen und den Humos beim nächsten Kontakt davon berichten.“
Dass die uns als Reaktion darauf nicht ausgerottet haben, ist entweder ein Beweis dafür, dass sie nicht existieren, oder dafür, dass sie doch nicht so intelligent sind, wie Andreas behauptet.
Damit ist die Geschichte von Andreas aber genug gemolken worden, oder? Ha, von wegen! In der nächsten Ausgabe gab es noch einen dreiseitigen Artikel, und in dem wird tatsächlich noch ausgiebiger auf begründete Zweifel an der Erzählung eingegangen.
Hier beschränke ich mich aber wirklich auf ganz wenige Auszüge. ^^
Kritisch meldete sich eine Gruppe von UFO-Forschern.
„Wir nennen uns CENAP (Centrales Forschungsnetz Außergewöhnlicher Phänomene)“, schreibt Roland Gerhard aus Heilbronn im Namen seiner Gruppe. „Wir möchten folgendes zu der Geschichte von Andreas sagen: Es sprechen viele Punkte dafür, daß es sich um einen handfesten Schwindel handelt.
Nein! Jetzt bin ich aber schockiert!
Am 1. Juni 1967 wurde in Spanien nahe dem Schloß San José de Valderas ein angebliches UFO fotografiert, das dasselbe Zeichen trug, das Andreas auch verwendet. Außerdem soll dieses UFO ebenfalls von einem Stern namens „Ummo“ gekommen sein.
Diese Geschichte machte damals in vielen Zeitungen Furore. Aber kurz danach wurde alles als Fälschung entlarvt.“
Ja so ein Zufall aber auch! Der Andreas ist sogar zu blöd, die Sachen abzuändern, die er irgendwo aufschnappt, bevor er sie für seine Self-Promotion weitererzählt. Hat er inzwischen zufällig einen Sohn, der Clemens heißt und Youtube-Videos macht?
Auch ein anderer Leser hat die Parallelen bemerkt:
Werner Hänni aus Münsingen in der Schweiz schreibt: „Mir ist entschieden zuviel bekannt von Andreas‘ Geschichte. Sowohl das Zeichen als auch der Name ‚Ummo‘ wurden bereits bei einer angeblichen UFO-Sichtung in Spanien verwendet. Damals wurde bald nach der Erklärung des Mannes, der diese ‚fliegende Untertasse‘ fotografiert haben will, bekannt, daß er einen Trick benutzte: Das ‚UFO‘ bestand lediglich aus zwei Plastik-Tellern, die mit einem Faden verbunden waren.“
Moment, ich will nicht vorschnell urteilen: Hatten die Teller zufällig eine Eisentür?
Vielleicht hat Andreas diese Geschichte auch gelesen …
Was sagt er zu diesen Vorwürfen?
„Ich bin jetzt fürchterlich erschrocken, mir zittern die Knie. Das darf ja wohl nicht wahr sein! Es ist dasselbe Zeichen … Ich schwöre, daß ich nie zuvor diesen Bericht gelesen habe. Ich bin ja erst 1968 geboren, war also noch gar nicht auf der Welt, als das angebliche UFO in Spanien gesichtet wurde.
Und wie jeder weiß, wurden alte Magazine in Spanien zu der Zeit sofort nach dem Lesen vernichtet, sodass nie jemand alte Artikel lesen konnte, die vor seiner Geburt erschienen.
Und ich bin sicher, daß der Mann vielleicht das Foto gefälscht hat – aber er muß Kontakt gehabt haben mit den Humos. Anders kann ich es mir nicht erklären.“
Ich kann's mir schon anders erklären. Liegt das jetzt an mir?
Aber bei der Bravo ist wieder der journalistische Ehrgeiz geweckt worden. Aufgemerkt, jetzt wird knallhart nachgefragt!
BRAVO: „Aber es ist doch komisch, daß sich die Geschichte so gleicht. Immerhin warst du ja auch lange Zeit in Spanien …“
„Ich kann nur nochmals betonen, daß meine Geschichte stimmt“, antwortet Andreas. „Ich lüge euch bestimmt nicht an, glaubt mir.“
Genau das würde ein Lügner sagen, der nicht zugeben will, dass er gelogen hat.
Die Bravo bohrt aber nicht weiter nach, sondern zitiert lieber aus weiteren Zuschriften. In zwei Briefen wird von eigenen Ufo-Sichtungen berichtet, was in den Augen der Briefeschreiber die Geschichte von Andreas vollumfänglich bestätigt, ein Einsender weist darauf hin, dass Sauerstoff auf dem Pluto gefroren ist und daher ein Planet in der Nähe nicht so kuschelige Lebensbedingungen bieten würde wie behauptet. Eine schöne Perle zum Abschluss ist aber tatsächlich der letzte Brief von Carola und Kathrin aus Neetze.
„Wir können es nicht glauben – auch uns sind die ‚Humos‘ begegnet! Anfangs hielten wir den BRAVO-Artikel ja für puren Unsinn, aber wir haben uns trotzdem das Zeichen aufgemalt. Wir legten uns ins Bett und begannen, die Humos zu beschwören. Es ist unglaublich, aber plötzlich öffnete sich das Zimmerfenster wie von selbst, die Läden knarrten und eine heisere, unverständliche Stimme. Im selben Moment fiel die Gardine zu Boden. Wir waren starr vor Schreck. Dann öffnete jemand die Tür und kam herein und der Kontakt mit den Humos war damit weg.“
Natürlich. Da drückt ein Windstoß ein Fenster von dem ranzigen Haus auf und pfeift ein bisschen durch die Ritzen, aber die naheliegende Erklärung ist natürlich, dass es wohlwollende Außerirdische sind, die unbedingt wollen, dass man an sie glaubt, damit sie die Erde retten können, aber wohl andererseits dann doch nicht versessen genug drauf sind, um sich nicht gleich wieder auf Nimmerwiedersehen zu verdrücken, wenn mal jemand zur Tür reinkommt.
Ich könnte eigentlich noch weiter machen - die Bravo startete tatsächlich in den nächsten Ausgaben noch eine Reihe von Artikeln über Ufo-Sichtungen, aber das würde nun wirklich zu weit führen. Ich will viel lieber von euch wissen, ob ihr auch schon Kontakt zu den Humos hattet oder ob wir alle vor über 17 Jahren schon gestorben sind, weil wir einfach nicht genug an sie glaubten.
PS: Und falls Sophia Thomalla das jetzt liest und spontan Lust bekommt, soll sie sich mal bei mir melden.
Gast
Na, das nenne ich mal eine Artikelserie. Knallhart recherchiert von der Bravo :-)
"Codo" - falls die Frage ernst gemeint war - stammt natürlich aus einem damaligen Riesenhit von DÖF.
Codo der Dritte,
aus der Sternenmitte,
bin ich der dritte von links.
Und ich düse düse düse im Sauseschritt
und bring die liebe mit
von meinem Himmelsritt.
Was sagt das jetzt über mich aus, dass ich den Text immer noch auswendig kann...