Der US-Playboy ganz prüde: ein vorhersehbarer Reinfall
Nuff! Ich grüße das Volk.
In der aktuellen März-Ausgabe vom deutschen Playboy ist mal wieder ein Playmate, welches aus der US-Ausgabe übernommen wurde. Das Besondere: Es ist das letzte Playmate, welches in den USA ganz nackt fürs Heft abgelichtet wurde. Das war die amerikanische Januar/Februar-Ausgabe 2016, inzwischen ist der US-Playboy schon eine ganze Weile lang relativ keusch. Die Mädels tragen inzwischen also Unterwäsche oder werden so in Pose gesetzt, dass der Schambereich und die Brustwarzen immer bedeckt sind. Quasi wie FHM und Maxim. Nun gibt's die FHM nicht mehr, und die US-Ausgabe von Maxim ist zwar erfolgreicher als Playboy, aber hat auch mit stark sinkenden Auflagen zu kämpfen. Nicht die besten Vorbilder.
Die offizielle Begründung von Playboy war, dass man nicht mit Online-Pornografie konkurrieren könnte. Ich will es nicht beschönigen: Es ist eine bekloppte Begründung. Playboy macht Online-Pornografie. Auf der Playboy-Plus-Seite kann man Bilderstrecken und Videos sehen, die dem entsprechen, was man in den Heften zu sehen bekam, teilweise gibt's da aber auch explizitere Sachen. Und bei Playboy.tv wird man Videos in der ganzen Bandbreite zwischen "Frech & Frivol" bis "Hardcore-Porno" sehen, wenn man dafür bezahlt. Und sie werden auch weiterhin solche Sachen produzieren. Ein paar von den Fotos für Playboy Plus nebenbei für eine Heftveröffentlichung zu nehmen, würde nicht mal mehr Arbeit bedeuten. Sie schwächen einfach nur ihre Marke, indem sie aus dem Heft, mit dem alles begann und mit dem man "Playboy" immer noch identifiziert, die Nackten rausnehmen. Natürlich sind die Auflagenzahlen vom Playboy stark gesunken, unter anderem, weil man sich nackte Frauen leichter gratis im Netz anschauen kann. Aber wenn man die dem Playboy wegnimmt, wieso sollte man den dann überhaupt noch kaufen? Klar, wegen der Artikel. Und jetzt lachen wir alle herzlich drüber.
Übrigens hatten sie diese Idee mit der Trennung vorher auch schon online probiert: Playboy.com wurde prüde, alle, die nackte Tatsachen wollten, mussten auf das kostenpflichtige Playboy-Plus-Angebot ausweichen. Komischerweise erhöhten sich aber die Besucherzahlen auf Playboy.com - was allerdings auch daran liegen kann, dass man die Seite zeitgleich zu einem Cosmopolitan.com-Klon umbaute, der eher Links von Fremdseiten anzog, die nicht gerne auf Schmuddelseiten verlinken.
Ich finde nicht, dass der US-Playboy früher perfekt war (oder auch nur besser als der deutsche Playboy). Der US-Playboy hat(te) in meinen Augen zwei große Probleme. Das erste war Hugh Hefner, der als schmieriger Lustgreis inzwischen einfach nur peinlich ist und der das Heft ziemlich offen als Vorwand für die Fickmaterial-Rekrutierung benutzte, was dem Magazin eine etwas raffelige Note gab. Wenn man sich die Hefte anguckt, merkt man auch, dass da so einige Werbe-Anzeigen drin sind, die man hierzulande eher nicht im Playboy sieht, sondern in diesen Gratis-TV-Zeitschriften, die Tageszeitungen gelegentlich beiliegen. Da wundert es nicht, dass sich der Playboy in den USA etwas vom Schmuddel-Image distanzieren wollte. Aber gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten? Nun ja. Scheint auch nicht geholfen zu haben: Auch in der neuesten Ausgabe wird für Geraffel geworben.
Das zweite Problem waren die Fotos selbst. Gerade beim US-Playboy waren die Bilder oft viel zu überproduziert und mit Photoshop regelrecht hingerichtet worden. Das Foto unten ist von einer Playboy-typischen Foto-Session. (Ich weiß leider nicht, von welchem Fotografen; es sollte angeblich Stephen Wayda sein, aber der verschwommene Kopf sieht nicht so sehr nach ihm aus.)
Wenn jedes Detail von einer eigenen Lampe ausgeleuchtet wird, wirkt das Resultat einfach nur künstlich. Dazu kam oft übertriebene Retusche, die am Ende jede Natürlichkeit aus der Hautstruktur genommen hat. Und wenn man das Model nicht an einen Strand verschleppte, legte man es oft in eine kitschige Schlafzimmerkulisse, die wohl nach dem persönlichen Geschmack von Hugh Hefner eingerichtet war. Noch lange, nachdem die Lizenzausgaben im Ausland (auch Deutschland) schon einen moderneren Bildstil pflegten, sahen die Fotostrecken im US-Playboy noch genauso aus wie 1994. Das setzte sich übrigens auch in den Playboy-Videos durch, in denen die Playmates in verschiedensten Settings herumtanzten, sich langsam entblätterten und dabei oft noch mit einem Wasserschlauch spielten, weil ein Körper einfach noch mal geiler aussieht, wenn das Wasser an ihm herunterperlt. Von Ausleuchtung, Kameraführung, Schnitt bis hin zur Musik lässt sich so manches Playmate-Video von 2008 nur deswegen von einem von 1988 unterscheiden, weil die Mädchen im neueren Video komplett rasiert sind. Inzwischen hat man sich immerhin ein wenig gebessert, auch wenn z.B. die Werke aus dem MetArt-Universum oder von Passion-HD immer noch frischer wirken.
Nun ist aber die spannende Frage: Hat's denn geholfen, dieser Verzicht auf Nacktheit?
Wer oberflächlich recherchiert, sieht sich verwundert Schlagzeilen gegenüber, die ein halbes Jahr nach der Umstellung verkündeten: Die Verkaufszahlen vom US-Playboy sind um 30% gestiegen! Donnerwetter, war das etwa tatsächlich eine Marktlücke? Zogen die Nacktfotos die Zeitschrift tatsächlich runter?
Stolz verkündete man: Die Kioskverkäufe wären innerhalb von sechs Monaten von 36.762 auf 47.203 pro Monat gestiegen! Ein Mega-Erfolg, nicht wahr? Nur zu doof, dass die nicht mal 10 Prozent der Gesamtverkäufe vom Playboy ausmachen; der weitaus größte Anteil entfällt auf die Abonnenten. Und deren Zahl ist im selben Zeitraum um 23,2 Prozent auf 582.765 gesunken. Das sind 176.000 weniger als vorher. Aber man freute sich bei Playboy, weil darin ja 100.000 Neu-Abonnenten enthalten wären, und es wäre ja das Ziel gewesen, jüngere Leser anzusprechen. Bloß heißt das im Endeffekt, dass sie über eine Viertelmillion Leser vergrault haben, um 100.000 zu gewinnen, und dabei das besondere Image ihrer Zeitschrift aufgegeben haben. Erscheint mir immer noch nicht besonders clever.
Ich hab auch den Eindruck, dass die Euphorie bei Playboy über die Entscheidung nicht mehr ganz so groß ist. Die Zeitschrift erscheint nur noch zweimonatlich (vorher waren nur die Januar/Februar- und die Juli/August-Ausgaben kombiniert), und die aktuelle Ausgabe (März/April) hat das Thema "Free the nipple", was bedeutet, dass tatsächlich nach einem Jahr wieder mal offen Titten im Heft gezeigt werden, und zwar massig. In der Januar/Februar-Ausgabe war gerade mal ein winziger Nippel halb zu sehen.
Würde mich nicht wundern, wenn sie dann doch bald mal wieder ganz zurückrudern. Und ich kann mir dann auf die Brust trommeln und rufen: "Ich hab's euch doch gesagt!"
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Nach den Nachrichten die ich heute gelesen hab. Sind die schon zurückgerudert und die Januar/Februar Ausgabe war die letzte ohne Nackte .