Ein Jahr Corona in der BRAVO
Nuff! Ich grüße das Volk.
Falls ihr in den letzten 12 Monaten ein bisschen aufmerksam wart, wird euch aufgefallen sein, dass ein gewisses Virus weltweit für ein wenig Aufregung gesorgt hat. Da ist es zu erwarten, dass sich das in den Medien niederschlägt: Im Fernsehen gab es Sondersendungen und spezielle Logos und Trailer, die zum Drinbleiben und Durchhalten animierten, Zeitungen veröffentlichen seit einem Jahr täglich die aktuellen Infektionsmeldungen und was Internetseiten machen, weiß ich nicht, weil ich mich mit diesem neumodischen Zeug nicht beschäftige.
Auch Zeitschriften kommen natürlich nicht an diesem Thema vorbei. Ich habe nur eine Zeitschrift abonniert, die BRAVO, die Corona zum ersten Mal in der Ausgabe 05/2020 von Anfang April erwähnte. Die neueste Ausgabe ist die 04/2021, es ist also der ideale Zeitpunkt, um mir mal gesammelt anzuschauen, wie dieses Thema ein Jahr lang in Deutschlands Jugendzeitschrift Nummer 1 behandelt wurde. Und ihr dürft dabei sein! Yay! (Von der BRAVO Girl! habe ich nicht ganz so viele Ausgaben. Falls Interesse besteht, werde ich aber zumindest in den Ausgaben mal schauen, welche Spuren Corona dort hinterlassen hat.)
Anfang 2020 wurde die Erscheinungsweise der BRAVO auf monatlich umgestellt - im Endeffekt bedeutete das dann 13 Ausgaben für das letzte Jahr. Das ist natürlich eine wesentliche Erleichterung für mich: 26 (oder gar wie früher 52) Ausgaben am Stück durchzuackern, hätte mich vermutlich bekloppter gemacht, als ich eh schon bin.
05/2020
Es gibt tatsächlich in der Ausgabe nur eine Erwähnung der Krankheit. Die Chefredakteurin schien beim Schreiben auch etwas erschlagen zu sein von all den Neuigkeiten zur Pandemie.
Ob man sich tatsächlich bewusst dafür entschieden hat, die BRAVO als Medium zum Entfliehen des Alltags zu gestalten, oder ob der Redaktionsschluss schon zu nahe war, als die ganzen Nachrichten eintrafen, wird wohl ein Geheimnis bleiben.
06/2020
Hier schlägt sich auf dem Cover die Krise immerhin an zwei Stellen nieder: Der Spruch "Negativ auf Langeweile getestet" wäre der Redaktion vermutlich unter normalen Umständen eher nicht in den Sinn gekommen. Und das Cover verspricht "20 Dinge, die wir durch Corona lernen ... und die wir NIE mehr vergessen sollten". Tatsächlich gibt's im Heft aber noch ein paar mehr Inhalte, die durch das Geschehen inspiriert wurden. Es fängt wieder an bei der Mitteilung der BRAVO-Chefin Hucki.
Hucki ist immer noch voll genervt von Corona und findet, man sollte das Heft benutzen, um sich abzulenken oder die Corona-Maßnahmen wenigstens ein bisschen entspannter zu sehen. Mal sehen, wie das gelingt.
Bei den Streaming-Tipps klappt das schon mal nicht: Das Bild, mit dem auf Seite 5 die Netflix-Doku "Pandemie" beworben wird, schlägt schon ein wenig aufs Gemüt. Dafür wird's aber später heiter, und zwar schon auf Seite 64!
Lockdown-Koller und die wachsende Gleichgültigkeit gegenüber Körperpflege und gesunder Ernährung sind natürlich die ersten Sachen, mit denen man in der Bravo-Redaktion mal so richtig zeigt, wie viel die Journalistenausbildung bei Bauer Media taugt. Das ist dann nämlich die ideale Einstimmung auf den Artikel auf Seite 66.
Ich habe ja keine großen Ansprüche an die Tiefgründigkeit von Bravo-Artikeln, aber ich hatte mir doch etwas mehr vorgestellt als diese Plattitüden wie "Wir sind alle gleich", "Familie und Freunde sind wichtig" und "Nett sein!", die man im Prinzip schon seit Jahren bei jedem verschissenen Interview im Heft mitkriegt, wenn mal wieder irgendein Influencer gefragt wird, was ihm trotz des "Fame" ganz doll wichtig ist.
07/2020
Auch hier auf dem Cover hat sich die Pandemie zweimal verewigt: "Notwendiger Mindestabstand 0 cm" ist eindeutig von den Corona-Regeln inspiriert. Und natürlich fordert das Heft "Vergesst die Umwelt nicht! Warum der Klimawandel noch schlimmer ist als Corona", was natürlich an die etwas bockigen Reaktionen einiger junger grüner Aktivisten und Schulverweigerer zu der Zeit erinnert, die total stinkig waren, weil sie nicht mehr dieselbe Aufmerksamkeit kriegten wie noch im Jahr zuvor.
Das ist dann tatsächlich auch der einzige Inhalt mit Corona-Bezug im Heft.
Natürlich freut man sich über die sauberere Luft und die Erholung der Tierwelt. Allerdings kommt der Aufruf zu Flugverzicht und Urlaub daheim schon ein bisschen heuchlerisch rüber, wenn die BRAVO in Nicht-Pandemie-Zeiten fröhlich Promis und Influencer abfeiert, die ihren Arsch keine zwei Wochen am Stück in einem Land parken können, riesige Häuser und Autos auf Youtube präsentieren und Instagram mit Fotos aus aller Welt fluten.
08/2020
Auch hier dient die Kopfzeile als Erinnerung daran, dass nicht alles so ist, wie es noch ein Jahr zuvor war: "Ferienziel für 2020: Haustralien". Man will sich gar nicht vorstellen, wie schlimm die Kalauer waren, die für diesen Platz ebenfalls im Rennen waren und dann gegen diesen Spruch verloren haben.
Im Heft selbst gibt's fast ganz am Ende die einzige andere Erwähnung von Corona, und zwar bei den Fragen, die man der BRAVO-Redaktion bei Instagram gestellt hatte.
Ich will es mal nett ausdrücken: Die Qualität des Hefts ist offenbar nicht abhängig von der räumlichen Nähe der Redakteure zueinander.
09/2020
Das Cover ist wieder eine Art Suchbild, aber schließlich wird man fündig. "Liebes-Lockdown: Lina und Tilman im Pärchen-Talk", heißt es auf schnodderfarbenem Hintergrund. Ihr wisst nicht, wer das ist? Pech, bei den meisten Nasen, die in der Bravo heutzutage präsentiert werden, lässt sich die Redaktion nicht mehr dazu herab zu erklären, wer die eigentlich sind und warum man die kennen sollte. Bei dem besagten Paar kann man sich das wenigstens zusammenreimen, aber dazu komme ich noch.
Zuerst können wir uns nämlich der Foto-Lovestory widmen! Ihr habt sicherlich schon die ganze Zeit mit den Füßen gescharrt: Wann spiegelt sich die Pandemie endlich auch im Aushängeschild des Magazins? Endlich ist es so weit:
Kleines Problem dabei: Corona findet eigentlich nur im Erklärtext am Anfang und in den ersten paar Panels statt, weil "der Corona-Lockdown" ja schuld an der Trennung wäre. Ansonsten trägt kein Mensch Maske, Abstand hält auch niemand - die ganze Geschichte wurde sichtlich so konzipiert, dass man sie problemlos in drei Jahren wiederverwenden kann, indem man einfach nur sämtliche Corona-Erwähnungen aus dem Text streicht.
Da sind wir ja bei Lina und Tilman. Die Bilder verraten immerhin, dass die wohl bei Bibi & Tina mitgespielt haben und Musik veröffentlichen, weil ... na ja, halt jeder, der wegen irgendwas berühmt wird, sich irgendwann für einen Sänger oder Musiker hält. Zum Lockdown: Die beiden erzählen eigentlich nur, dass sie wegen der Corona-Sache zum ersten Mal in der gemeinsamen Wohnung für längere Zeit so richtig aufeinanderhockten und das gar nicht so schlecht fanden, aber auf Dauer dann noch psychisch belastend, weil sie in einen Alltagstrott gerieten. Tiefschürfende Erkenntnisse halt.
10/2020
Die Corona-Anspielung in der Kopfzeile ist zurück, diesmal mit "Händeschütteln ist so 2019". Mehr wird nicht versprochen - was wohl nicht verwunderlich ist, da sich im Sommer die Corona-Lage entspannte. Das setzt sich im Heft fort: Dort gibt es nur auf Seite 7 eine Sammlung von "3 verrückten Fakten rund um Corona".
Der erste Fakt ist besonders verrückt: Der erste Film, der nach dem Lockdown in Los Angeles gedreht wird, hat einen Riverdale-Star als Hauptcharakter! Wie bizarr! (Ich schätze, am gleichen Tag haben auch andere Studios wieder angefangen zu drehen, insofern halte ich diesen "Fakt" für eine Ente und bin schwer enttäuscht von der journalistischen Integrität der BRAVO. )
11/2020
Zero Covid ist zumindest auf dem Cover dieser Ausgabe schon erreicht, allerdings wird der freie Platz nicht genutzt, um das Magazin aufzuwerten. Das Genöle wegen "Hate" geht seit Jahren so, "was wirklich zählt", erzählen einem in jedem Heft mindestens drei verschiedene Leute (und es sind immer dieselben Dinge), und dass es "6 Poster" und "+2 Super-Poster" gibt, sagt mir im Wesentlichen, dass selbst die Redaktion die ersten sechs Poster eher lausig findet.
Die erste Corona-Erwähnung gibt es dann in einem Artikel über "TikTok-Star" Benee, deren Lied dank der Pandemie offenbar zu einem Erfolg wurde.
Der Status als Mega-Newcomer wird dadurch zementiert, dass die BRAVO (zumindest meiner oberflächlichen Recherche zufolge) bis heute kein weiteres Wort über das Mädel verloren hat.
Ein Interview mit Darstellern der (mir unbekannten) Serie "Biohackers" bietet die Gelegenheit, einen schon einmal gehörten Gedanken wieder ins Bewusstsein zu bringen.
Weiterer positiver Nebeneffekt: Zweieinhalb Millionen tote Menschen atmen auch nicht mehr so viel CO2 aus. Ich meine, der Klimawandel ist ein großes Problem, aber bei einer großen Pandemie in erster Linie darauf hinzuweisen, wie dufte die fürs Klima ist, könnte etwas unsensibel gegenüber den Leuten rüberkommen, die tatsächlich unter den Auswirkungen dieser Seuche (und sei es indirekt durch die Eindämmungsmaßnahmen) zu leiden haben.
12/2020
Diesmal darf die Kopfzeile wieder für eine Anspielung herhalten: "Halloween 2020 ... immerhin müssen diesmal ALLE Masken tragen!" Das böse C-Wort verkneift man sich aber wieder. Und auch im Heft selbst darf Corona nur am Rand auftreten.
Es war auch das letzte Heft vor der US-Präsidentschaftswahl 2020, und die BRAVO versprach, den jungen Lesern alles beizubringen, was sie über die Wahl wissen müssten. Erwartungsgemäß sind die Sympathien klar verteilt.
Vermutlich kann man aber nicht allzu streng sein: Selbst deutsche Presseerzeugnisse für Erwachsene konnten sich eher selten dazu überwinden, auch aufzuzählen, was viele Leute (auch Demokraten) an Joe Biden störte.
Trotz der globalen Bedeutung der US-Wahl sollte man den Blick auf Deutschland nicht vergessen: Gastronomie und Unterhaltungsstätten eingeschränkt, viele Leute in Kurzarbeit oder in extremen Geldnöten, Pflegepersonal in Krankenhäusern und Altenheimen am Limit, viele Unternehmen am Rand des Bankrotts ... was ist da also das wirklich wichtige Thema, das die BRAVO gerne ansprechen möchte?
Genau. Hat nichts mit Corona zu tun, aber ich konnte nicht widerstehen, euch diesen Quatsch zu zeigen. Besonders schön: der "Darf man auch dagegen sein"-Abschnitt, der für den oberflächlichsten Beobachter den Eindruck von Objektivität vermitteln könnte, aber natürlich ist klar, dass die große Verkündung, dass Gendern voll wichtig sei, moralisch gar keinen Platz für die Haltung lässt, dass man auch dagegen sein könnte (zumindest als guter Mensch). (Ein Klassiker bei diesem Thema ist natürlich die ständige Betonung darauf, dass man sich Gedanken machen solle, was die Sprache bewirkt, obwohl die Studien und auch die Beobachtungen in der Welt größtenteils eher gegen diese ganzen Theorien sprechen, die hinter dem Gendern stehen. "Hör auf die Wissenschaft" ist nur bei bestimmten Themen erlaubt.)
13/2020
Ich schätze, die "Bleib zu Hause und chill: 10 Serien, die auf deine Watchlist müssen"-Schlagzeile ist eine Anspielung auf das Social Distancing. Was nichts mit Corona zu tun hat, aber ich trotzdem ansprechen will: "Fame durch Zocken - so startest du einen erfolgreichen Twitch-Channel" ist mal wieder totaler Rotz. Wie so ziemlich in jedem BRAVO-Artikel in dieser Art (die es z.B. auch zu Youtube-Kanälen gab, ein weiteres Beispiel sind die Fanpages, die auf dem Cover von Ausgabe 8 erwähnt werden) wird viel palavert, aber es ist kaum etwas konkret Anwendbares dabei. Vermutlich hat man Angst, die Leser zu überfordern.
Nach so langer Zeit zeigen sich auch für die Bravo die wirklich schlimmen Folgen der Pandemie.
Genau. Die Pandemie ist so schon schlimm, aber dass eine Boyband ihre neue Single und die Comeback-Tour verschieben muss, hebt die ganze Angelegenheit endgültig auf die oberste Katastrophenebene.
Wenige Seiten weiter gibt es mal wieder einen Artikel über Billie Eilish, in der ihr erneut reichlich Zucker in den Arsch geblasen wird. Auch ihr vorbildliches Verhalten in der Corona-Krise wird gelobt.
Ihre Swarovski-FFP0-Maske ist wirklich so was von easy und stylisch, aber beim besten Willen kein Mundschutz. Wenn ich nicht so eine niedrige Meinung über die BRAVO-Macher hätte, würde ich vermuten, die wollten mit dieser Bildauswahl trollen. So denke ich aber bloß, dass da nur behämmerte Blunzbirnen sitzen.
Gebt es zu, ihr habt in den letzten zwei Minuten nicht an die Umwelt gedacht! So geht das natürlich nicht!
Verdammt, und dann müssen wieder Bonzenkinder um die ganze Welt jetten, um sich persönlich anzuschauen, welche verheerenden Auswirkungen ihr mit euren Masken habt, damit sie die deutsche Bevölkerung im Fernsehen ordentlich schulmeistern können! Nun landet das, was wir in Deutschland wegwerfen, gar nicht so oft im Ozean (und jetzt noch viel weniger, da es nur noch wenige Länder gibt, die den Industriestaaten ihren Plastikmüll abnehmen), insofern redet einem die BRAVO ganz umsonst ein schlechtes Gewissen ein.
Die BRAVO erinnerte sich schließlich daran, dass es auf Weihnachten zuging. Also stellte man noch schnell eine Liste zusammen - und sorgte so für die Corona-lastigste Ausgabe des Jahres 2020.
Die "5 Dinge, die dieses Weihnachten anders sind", zeugen allerdings nicht von überschäumender Kreativität: Die Punkte lassen sich auf "Wir können Familie und Freunden nicht auf die Pelle rücken" und "Wir spachteln zwar so viel, dass wir fett werden, können uns aber nicht auf dem Weihnachtsmarkt und bei den Großeltern durchfressen" reduzieren.
01/2021
"2020 hätte noch schlimmer sein können. Ein Wort: Pizzaverbot!" Hmmmm.... Wenn sie statt Pizza Pekingente oder Frühlingsrollen genannt hätten, gäbe es sicher einen Shitstorm wegen ganz schlimmem Rassismus.
Adleräugige Leser werden am Fuß des Covers die Ankündigung einer Story über OnlyFans erblickt haben. Ja, die BRAVO stellt eine Plattform für Leute ab 18 vor und das wird garantiert nie ein Bumerang werden.
Zum Jahresausklang darf BRAVO-Chefin Hucki noch einmal stöhnen, wie doof Corona 2020 war.
Aus dem Wiedersehen im nächsten Jahr wird allerdings nichts: Bauer beschließt, sämtliche Mitarbeiter vom BRAVO-Magazin abzuziehen und das Heft ab 2021 (also Ausgabe 02) von einem externen Redaktionsbüro gestalten zu lassen.
An einer Stelle in all den Heften, die ich nicht mehr wiederfinde, stand bei Konzertterminen ein kleiner Nebensatz in der Art von "hoffen wir, dass diese Termine gehalten werden können", aber es wurde nirgendwo ausdrücklich davon geschrieben, dass ganz schön viele Kinofilme zeitlich oder auf Streaming-Plattformen verschoben wurden. Beim Kinoplaner für 2021 gibt man es endlich offen zu.
Aber wie viele Leute mit Schamhaarwuchs freuen sich jetzt wirklich noch auf einen Minions-Film?
Ich würde jetzt gerne sagen, dass man bei der Foto-Lovestory in dieser Ausgabe die Pandemie elegant eingeflochten hat. Allerdings muss ich euch enttäuschen, denn man hat einfach nur eine alte Story wiederverwendet, und zwar "Die Fake-Freundin", die ich 2019 den Premium-Mitgliedern vorgestellt habe. (2020 wurden wirklich viele Geschichten wiederverwendet, die meisten aber am Anfang des Jahres, als sie noch nicht einmal Corona als Ausrede hatten.)
Neben einigen nicht auf Corona bezogenen Textänderungen hat man unten auf der Titelseite einen Hinweis abgedruckt: "Diese Foto-Lovestory ist Monate vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie produziert worden." Das ist nicht wirklich falsch, aber da die Geschichte 2018 schon mal erschienen ist, könnte man auch von Jahren reden. Am meisten erstaunt mich der Zusatz aber, weil die BRAVO so einen Hinweis bei allen anderen Foto-Lovestorys überhaupt nicht für nötig hielt. Ob das daran liegt, dass in dieser Geschichte an einer Stelle mehrere Leute aus verschiedenen Haushalten in einer Küche sitzen?
Auch in dieser eigentlich letzten Ausgabe des Jahres 2020 musste noch eine Seite mit einer Liste gefüllt werden: "5 Dinge, die du 2020 noch machen musst".
Drei davon haben einen Corona-Bezug. 1. Leute telefonisch nerven, die man wegen Corona nicht persönlich belästigen konnte. 2. Klamotten ausmisten. Den Hinweis, dass sich das Rote Kreuz freuen würde, halte ich für absurd. Das DRK verteilt die Kleidung aus den Altkleidercontainern nicht an Bedürftige, das DRK lässt die Lumpen von anderen Unternehmen sortieren und verkaufen und kriegt dafür etwas Geld. Allerdings kann nun selbst gebrauchte Kleidung kaum mehr verscherbelt werden. 3. Sich selbst finden, was man eigentlich schon gemacht haben sollte, weil man ja so lange mit sich allein war. Ich muss zugeben, dass mich diese Selbstfindungssache irgendwie irritiert. Dass man mal darüber nachdenkt, was man gerade mit seinem Leben anfangen will - klar, gerne. Aber diesen großen Akt, den manche Leute daraus machen, diese nahezu mystische Überhöhung, als wenn das Universum ein bestimmtes Schicksal für einen vorgesehen hätte und man diese vorgegebene Bestimmung finden müsste, führt doch sicher mehr in die Irre, als dass sie hilft. Und bei vielen Leuten habe ich schlicht keine Ahnung, an welchen Orten die eigentlich überall nach sich suchen.
02/2021
Das Cover der ersten richtigen Ausgabe des neuen Jahres ist Corona-frei: Selbst die "Wege aus der Krise", die man sich von den "Riverdale"-Stars abgucken soll, beziehen sich auf keine Krise, die irgendwas mit Corona zu tun hätte.
Die BRAVO hat seit längerer Zeit schon etwas mit dem Playboy gemein. Leider nichts von den guten Sachen: Unter dem Stichwort Lifestyle gibt es kaum getarnte redaktionelle Werbung für allerlei Tand und Trödel, der gerade voll im Trend ist. Und diesmal sogar mit Corona-Bezug:
Und natürlich werden den Jugendlichen als Trend-Accessoire Fitnessuhren zwischen 70 und 440 Euro angepriesen, weil offenbar jeder Teenager das Kind von Robert Geiss ist.
Die weitere Corona-Erwähnung stammt eigentlich nicht aus der Redaktion selbst: Stattdessen zitiert man einen Lieblingsbeitrag in den sozialen Medien. Diesmal findet man voll gut, was eine Frau über häusliche Gewalt schreibt. Sie ist dagegen.
Der Empathy-Gap zeigt sich mal wieder: Männliche Opfer von häuslicher Gewalt erwähnt die Frau ganz selbstverständlich nicht, nicht mal Jungen. (Nach einer parlamentarischen Anfrage in Berlin gab es direkt während des Lockdowns übrigens recht geringe Steigerungen der Anzeigen wegen häuslicher Gewalt, größere Steigerungen gab es davor und danach. Und: Die größten Steigerungen gab es bei männlichen Opfern häuslicher Gewalt.)
Die letzte Corona-Erwähnung gibt es dann, wenn die Bravo-Redakteure mal wieder als Journalisten LARPen und einen Blick auf die Telegram-App werfen.
Da darf nämlich der Hinweis nicht fehlen, dass sich Querdenker über Telegram zu Demos gegen die Corona-Maßnahmen verabreden, auf denen man die Abstände und die Maskenpflicht nicht einhält und wo auch Nazis mitlaufen. (Ist schon erstaunlich, was da alles miteinander rumläuft. Von links über violett bis rechts ist da wirklich alles bei.)
03/2021
Nanu, das Thema ist (für BRAVO-Verhältnisse) mit voller Macht zurück: Nicht nur die Kopfzeile "Ich war mehr in Lockdowns als in Beziehungen" spielt darauf an, es wird sogar der Artikel "Dein SOS-Plan gegen Langeweile im Lockdown" angepriesen. Ich hoffe, die (neue) Redaktion hat sich da nicht gleich übernommen.
Ambitioniert sind die Redakteure aber: Diesmal gibt es sogar eine Doppelseite zum Thema Corona-Impfstoff und den Impf-Maßnahmen.
Hucki hätte so etwas vermutlich nicht erlaubt.
Dann hat man aber wieder ein halbes Heft lang Ruhe, bis auf Seite 64 der angekündigte SOS-Plan gegen Langeweile präsentiert wird.
Guck doch Serien oder Filme! Oder spiel was! Lern ein Instrument oder eine Sprache! Koch was!
Wer nicht allein drauf gekommen ist, dass man all diese Sachen in seiner neu erlangten Freizeit machen kann, ist vermutlich zu diesem Zeitpunkt schon eingegangen. Insofern: netter Versuch, BRAVO, aber viel zu spät.
Schließlich dürfen wieder junge Serienschauspieler (diesmal aus der mir ebenfalls vollkommen unbekannten Serie "His Dark Materials") zu Wort kommen, weil die natürlich genau wissen, wie man die Welt verbessern kann. Im Interview spricht die BRAVO aber auch den Lockdown an und fragt, wie die Darsteller damit zurechtkamen.
Kurz: Sie haben die ganze Zeit vor dem Fernseher verbracht. Danke für das Gespräch.
Das normale Leservolk wird von der BRAVO dann per Instagram befragt: Gehört man eher zu den aktiven Sportskanonen oder zu den gemütlichen Couchkartoffeln?
Und trotzdem gibt es eine BRAVO Sport und keine BRAVO Rumgammeln. Buh!
04/2021
Die Ausgabe davor war nur ein Ausrutscher: Das Cover des aktuellen Hefts zeigt sich wieder coronafrei. Dafür ist man im Magazin umso bereitwilliger, auf die aktuellen Gegebenheiten anzuspielen.
Den Anfang macht ein Interview mit der Boyband "Why Don't We?", die schon wenige Monate vorher davon erzählen durfte, dass die Pandemie ihre Single-Veröffentlichung und die Tour verzögert hatte. Aber nun dürfen die Jungs sich auch darüber beschweren, dass sie ihre Fans und einander gar nicht sehen durften.
Wenn ich nach üblichen Boyband-Maßstäben gehe, sollten sie die Zeit genießen: Kann nicht mehr so lange dauern, bis mindestens ein Mitglied allen anderen auf den Sack geht und im Streit verduftet.
Danach darf auch Max Giesinger erzählen, wie es ihm erging. Offenbar hat er in der Zeit eine Pause eingelegt.
Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie klingt "Corona kam, und ich dachte mir, eine Pause wäre mal schön" doch sehr nach "N-nein, nicht DU machst mit MIR Schluss, ICH mache mit DIR Schluss!" Immerhin war es ja nicht seine Entscheidung, dass er derzeit nicht auftreten kann.
Gelegentlich gibt es im Leben von Jugendlichen auch andere Themen als Promis, zum Beispiel die Schule. Die BRAVO möchte ihre Leser gerne mit Lerntipps unterstützen, Homeschooling und Lockdown ohne allzu große Verdummung zu überstehen.
Die Tipps selbst sind aber üblicher Standardkram und nicht speziell auf die Beschulung daheim abgestimmt.
Auch die nächste Erwähnung findet eher am Rand statt, auf der Seite mit "7 nervigen Situationen in der Bahn".
Die junge Frau mit Maske auf dem Titelbild hat aber nur wenig Bezug zum Inhalt, am ehesten noch in Punkt 2, in dem es darum geht, dass sich eine müffelnde Person neben einem befindet - und dann nicht mal die Maske hilft.
Danach streckt sich die BRAVO-Redaktion wieder und widmet sich im "Biden-Check" der US-Politik.
Im Wesentlichen ist das ein "Biden ist besser als Trump, weil uns seine Versprechungen besser gefallen"-Artikel. Natürlich wird auch dort Corona erwähnt, weil Biden versprochen hat, die Impfraten zu steigern (allerdings war in den letzten Trump-Wochen die Impfrate sowieso schon recht dicht an Bidens Ziel dran). Auch in der Migrationspolitik hat sich faktisch nichts Wesentliches geändert, was auch kein Wunder ist, da Trump eigentlich nur Maßnahmen der vorherigen Obama/Biden-Regierung verschärft hatte. Aber das erfährt man natürlich nicht aus der BRAVO, und so wird Biden auch wegen seines Ziels gefeiert, den Strom in den USA bis 2035 ohne fossile Brennstoffe zu erzeugen, was natürlich viel besser ist als Deutschlands Ziel, bis 2038 aus der Kohleverstromung auszusteigen. (Die USA haben anders als Deutschland aber auch nicht vor, die Kernkraftwerke abzuschalten.) Als Check ist das ein bisschen dünn und so, als hätte man damals Trump gute Noten gegeben, weil "Make America Great Again" so ein toller Slogan wäre.
Damit wären wir mit einem Jahr Corona in der BRAVO durch, und falls ich zwischendurch etwas pissig gewirkt habe, ist das auch vollkommen korrekt so. Abgesehen von dieser einen Doppelseite über die Impfung benahm sich die Redaktion wie ein genervtes Kind. "Corona ist voll lästig, weil wir uns alle nicht mehr treffen können und keine Konzerte stattfinden und wir so viel zu Hause hocken müssen, buhu, aber immerhin freut sich die Umwelt und eigentlich würden wir uns sowieso viel lieber um Rassismus, Gender und Umwelt kümmern, weil wir uns da so schön überlegen fühlen können." Bah.
Ich kann verstehen, wenn man vielleicht das Gefühl hatte, dass das Thema generell überall präsent war und man sein eigenes Heft nicht auch noch damit überfrachten wollte. Ich kann auch nachvollziehen, wenn man dachte, dass man sowieso immer viel zu spät dran ist, weil alles Wichtige ja schon übers Internet und Fernsehen gesagt wurde. Aber das ist ein Problem, was alle Printmagazine haben. Und wenn man nicht mit Tempo punkten kann, dann sollte man es mit Qualität versuchen, anstatt sich auf quengelndes "Lockdown is voll doof, ne?" zurückzuziehen.
Die BRAVO ist immer noch ein Magazin für Jugendliche und alles rund um Sars-CoV-2 ist etwas, was selbst für viele Erwachsene recht kompliziert ist. Die BRAVO hätte da als Informationsmedium für junge Leute strahlen können, anstatt sich in die Belanglosigkeit zu flüchten. Warum heißen Coronaviren so? Was ist der R-Wert? Warum reden die Großen immer von Inzidenzschwellen? Was hat es mit Aerosolen auf sich? Was ist der Unterschied zur Grippe? All das hätte man in der BRAVO jugendgerecht aufbereiten können, so wie die sich ja auch bemühen, den Blagen ihr Untenrum und Ferkeleien zu erklären. Die einzige Anstrengung in dieser Richtung gab es aber erst, als es um die Impfung ging. Das ist zu wenig.
Natürlich wird mir auch eine besondere Schwierigkeit bewusst: Es gibt gerade heutzutage mehr miese Journalisten als gute, und der Großteil derjenigen, die bei der BRAVO arbeiten, ist mir bislang nicht als Menschenschlag aufgefallen, der Informationen umfassend recherchieren, verstehen und aufbereiten kann. Ein Influencer könnte ihnen im Interview erzählen, dass sein Schwanz aus purem Gold ist, und die würden das ohne Nachfrage drucken. Aber man darf ja wohl noch von etwas Professionalität träumen dürfen, oder?
Ich würde mich freuen, eure Eindrücke und Gedanken zu dem Thema zu lesen. Sind meine Erwartungen an die BRAVO Quatsch? Ist es erfolgversprechender für das Heft, den inhaltlichen Kurs so fortzusetzen, wie er gerade ist? Sollte es wieder mehr nackte Menschen in der BRAVO geben? Schreibt's in die Kommentare! (Und auch, ob ich mir die Bravo Girl noch anschauen soll.)
Anderes Thema: Ich habe in den letzten Tagen einen großen Teil des Klopfers-Web-Systems umgeschrieben und modernisiert. Hoffentlich funktioniert es nicht schlechter als vorher. Als Nebeneffekt gibt es jetzt auch bei mehr Formularen für Mitglieder einen Countdown, der einem sagt, wie lange das Formular gültig ist. (Allerdings sollte man aufpassen, falls man einen Browser benutzt, der Tabs bei Inaktivität in einen Sparmodus schickt, weil das meistens auch den Countdown anhält und der einem dann nicht mehr zuverlässig sagt, ob das Formular so abgeschickt werden kann oder nicht.) Außerdem gibt es beim Bilder-Upload in der LLD jetzt eine Vorschau des ausgewählten Bildes, bevor man den Beitrag abschickt. Falls euch Fehler auffallen, meldet euch (am besten per privater Nachricht oder E-Mail).
Und nachdem ich gesehen habe, dass ich im letzten Monat mit dem Amazon-Partnerprogramm ganze 6,91 Euro verdient habe, muss ich doch mal wieder WERBUNG machen: Unterstützt mich bitte mit Buchkäufen und Premium-Mitgliedschaften, kauft bei Amazon über GuterSex und beim Geek-Versand GetDigital.de über meinen Partnerlink ein oder schaut euch bei Humble Bundle nach interessanten Angeboten aus dem Spiel-, Software- und Buchbereich um. Derzeit gibt zum Beispiel Bundles zu Do it Yourself, Selbsthilfe und Web Development, aber auch Sonderaktionen für Spiele aus dem Age of Empires-Universum, Games mit weiblichen Hauptcharakteren und welche mit Göttern und/oder Monstern.
Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit. Bis dann!
Premiummitglied
Mal ehrlich, ist doch schön dass Corona nix an der Qualität der Bravo geändert hat. Wenn sie plötzlich halbwegs seriöse Töne hätte, wäre das doch irgendwie langweilig.
Was übrigens den Gender Quatsch angeht und das "richtige" ansprechen: Gibt mittlerweile Personen, die im englischen sich dafür aussprechen, dass man Gruppen von Personen nicht mehr mit "hey guys" anreden darf, weil man ja die Frauen nicht beachtet, weil guys ja maskulin wäre. Dass das Wort von der Wortbeschreibung schon über Jahre hinweg als neutrales Wort für Menschengruppen gilt, ist dabei sicher egal. Aber zum Glück hat eine der Personen die sogar n Video darüber gemacht hat nicht irgendwann mal getwittert und den Tweet beendet mit "Gonna miss you guys"