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Bob & Linda: Der Hochzeitsmord

Diese Geschichte ist eine Leseprobe zum Buch "Bob & Linda: Ein tödlicher Fall".

»Meine erste Hochzeit. Vielleicht hätte ich einen anderen Anzug anziehen sollen«, brummte Bob mürrisch. Linda schmunzelte.

»Deine Persönlichkeit ist ein größeres Problem als dein Anzug, Bob«, stichelte sie. »Versuch wenigstens, nicht all die Brautjungfern flachzulegen.«

»Immerhin gönnst du mir die Braut«, folgerte Bob und lenkte den Wagen auf einen Kiesweg, der in einen Park führte.

»Nichts gegen deinen brachialen Charme, aber die wird wohl garantiert keinen Bock auf dich haben unter diesen Umständen«, gab Linda trocken zurück und blickte beeindruckt auf das kleine Landschloss, das langsam hinter den Bäumen sichtbar wurde.

Es handelte sich um ein idyllisches Hotel, in dem häufig Hochzeitsgesellschaften zu Gast waren, da dort nicht nur die Trauung selbst, sondern auch die ganze Hochzeitsfeier in einem edlen Ambiente abgehalten werden konnte. Die Inhaber hatten sich auf solche Komplettangebote spezialisiert. Nicht vorgesehen war jedoch, dass der Bräutigam den Hochzeitstag gar nicht erst überlebt.

Bob parkte den Wagen neben den Einsatzwagen von Polizei und Rettungsdienst. Auch ein Leichenwagen war bereits eingetroffen. Die Umstände, unter denen der Tote aufgefunden worden war, legten nahe, dass es sich hier nicht um einen Unfall handelte. Die Spurensicherung war schon vor Ort und die uniformierten Kollegen versuchten derweil, die Hochzeitsgesellschaft vom Fundort fernzuhalten und ihre Personalien festzustellen. Nebenbei mussten sie noch verhindern, dass jemand stiften ging.

Bob und Linda schauten sich etwas gequält an. Normalerweise war es am besten, wenn Zeugen nicht miteinander redeten, bevor man ihre Aussage aufnahm, da dies die Erinnerung verfälschen konnte. Zeugenaussagen waren sowieso schon nicht besonders zuverlässig, aber die Kontaminierung durch Hörensagen sorgte in der Vergangenheit schon oft dafür, dass die Ermittler zunächst falsche Spuren verfolgten.

Unter den aktuellen Umständen war es allerdings unmöglich gewesen, die Hochzeitsgäste voneinander zu isolieren und Gespräche zu vermeiden. Die beiden Beamten konnten nur darauf hoffen, dass es in diesem Fall genügend andere Hinweise auf den oder die Täter gab und man sich nicht ausschließlich auf die fehlbaren Erinnerungen schon leicht angetrunkener Partygäste verlassen musste.

»Bob! Linda! Da seid ihr ja endlich!«, begrüßte sie der Polizist am Eingang des Hotels.

»Hallo Max. Was kannst du uns erzählen?«

Max Theiss war länger bei der Polizei als Bob, aber bevorzugte es, weiter im Streifendienst tätig zu sein. Dennoch schätzte er die Kollegen von der Kripo sehr, gerade Bob und Linda, die bei Vorgesetzten zwar eher berüchtigt waren, aber eine bemerkenswerte Aufklärungsquote hatten, ganz besonders bei Morddelikten.

»Der Tote heißt Rupert Porter, sechsundzwanzig Jahre alt, IT-Techniker bei einer großen Versicherung, kommt ursprünglich aus Großbritannien. Er hat heute geheiratet, wollte sich nach der Trauung kurz frisch machen und wurde nach einer guten Stunde von der Braut im Hotelzimmer gefunden.«

»Dann hat er ja nicht lange leiden müssen«, schlussfolgerte Bob und bekam dafür von Linda einen Stoß mit dem Ellbogen in die Seite.

»Wissen wir schon was über die Todesursache?«, fragte Linda.

»Nichts Konkretes«, meinte Max bedauernd, »es war keine Wunde zu sehen und kein Blut. Da muss wohl die Gerichtsmedizin klären, was zum Tod geführt hat. Ich vermute Gift.«

»Und was wissen wir über die Braut?«, fragte Linda weiter.

Max schaute auf seine Notizen.

»Eine Paula Blenkhorn, dreiundzwanzig Jahre alt, Kosmetikerin. Ist auch erst vor drei Jahren hergezogen, aber sonst nichts Bemerkenswertes.«

»Blenkhorn«, murmelte Linda, »bei dem Namen hätte ich mir auch früh einen Mann gesucht.«

»Aber insgesamt ist ›Paula Porter‹ auch nicht so viel besser«, urteilte Bob und wandte sich wieder an Max: »Können wir hoch ins Zimmer?«

»Ja, die Spurensicherung ist nahezu fertig und der Tote kann gleich eingetütet und in die Gerichtsmedizin gefahren werden«, antwortete Max und wies den Kollegen den Weg.

Zu Bobs Überraschung war die Hochzeitssuite weniger kitschig, als er befürchtet hatte. Es gab Stuck an der Decke, verschnörkelte Türklinken, ein wuchtiges Himmelbett, aber immerhin war die Farbgebung dezent. Sogar der flauschige Teppich war nicht bordellrot.

»Bordeauxrot. Du meinst bordeauxrot«, korrigierte Linda ihn.

»Erstens meine ich tatsächlich puffrot und zweitens: Ich habe das nicht mal gesagt, sondern nur gedacht!«, protestierte Bob.

Während er zusah, wie zwei Leute einen jungen, nackten Mann in einen Leichensack hoben, stupste ihn seine Kollegin an.

»Schau mal, das Fenster«, zeigte Linda auf die gegenüberliegende Seite des Zimmers.

»Die Scheibe ist kaputt. Merkwürdig«, wunderte sich auch Bob.

»Bob! Linda! Kommt rein, wir sind fast fertig!«, begrüßte sie ein Kollege im Einweg-Overall.

Tim leitete diesen Einsatztrupp der KTU, der Kriminaltechnischen Untersuchung, die die Spurensicherung und die anschließende Analyse der Funde übernahm. Bob und Linda hatten oft mit ihm zu tun. Tim wusste zu schätzen, dass Bob und Linda nicht wie die Anfänger durch die Tatorte latschten und mit ihrer Trampeligkeit Spuren vernichteten, und Bob und Linda waren froh, dass Tim ihnen einen Großteil der lästigen Arbeit abnahm, auch wenn die Möglichkeiten naturgemäß hinter denen von CSI und ähnlichen Fernsehserien zurückblieben. Dennoch neckten sie Tim gelegentlich, indem sie ihm vorschlugen, er möge ein GUI in VisualBasic programmieren, um IP-Adressen zurückverfolgen zu können.

»Hallo Tim. Kannst du uns schon was sagen?«, fragte Linda, während sie den Raum betraten.

»Das Opfer ist vermutlich vergiftet worden. Es gibt keine äußeren Verletzungen«, bestätigte Tim das, was Max vorhin schon andeutete. »Den Leichenflecken nach zu urteilen, trat der Tod ungefähr vor anderthalb Stunden ein. Offensichtlich hatte er vorher geduscht, er trug nur ein Handtuch um seine Hüften.«

Bob wippte auf seinen Füßen hin und her, was ein schmatzendes Geräusch verursachte. Er runzelte die Stirn.

»Hat der Mann hier vor dem Bett geduscht? Der Teppich ist ja klitschnass!«

»Nein, aber der Teppich ist tatsächlich untypisch sumpfig«, bestätigte Tim und hielt eine Plastiktüte mit einer Flasche darin hoch. »In der linken Hand des Toten befand sich diese Wasserflasche, als er gefunden wurde. Der größte Teil ist ausgelaufen, nachdem er hingefallen war, aber wir hoffen, der letzte Rest wird uns verraten, was für ein Gift ihn umgebracht hat. Und hoffentlich ein paar Fingerabdrücke, die nicht nur von ihm stammen.«

Linda zeigte auf einen Tisch in der Ecke, auf dem einige Gläser und eine weitere Wasserflasche standen.

»Guck mal, da steht noch so eine.«

»Offensichtlich steht auf jedem Zimmer so eine Wasserflasche als kleine Aufmerksamkeit. Die von diesem Zimmer ist aber nicht geöffnet worden, der Tote muss die Flasche, aus der er getrunken hatte, von irgendwo anders herhaben«, erklärte Tim.

Tim packte die Flasche in eine Kiste und wandte sich wieder Bob und Linda zu.

»Das ist aber nicht alles. Schaut mal genau auf den Teppich.«

Die beiden Ermittler ließen konzentriert ihre Blicke schweifen.

»Da ist ein Loch«, stellte Linda schließlich fest.

»Genau. Das ist ein Einschussloch. Es war direkt neben dem Kopf des Toten«, erklärte Tim.

»Aber er wurde nicht von der Kugel getroffen?«, vergewisserte sich Linda.

»Nein. Wie gesagt: Äußerlich ist der Mann unversehrt.«

Bob kniete sich auf den Boden, senkte seinen Kopf bis kurz über das Einschussloch und blickte zum Fenster.

»Wenn nicht gerade ein Eichhörnchen auf ihn geschossen hat, kam der Schuss jedenfalls auch nicht durchs Fenster«, schlussfolgerte er. »Da draußen ist nichts, wo ein Schütze stehen könnte, um den Boden zu treffen.«

»Die meisten Scherben sind auch draußen auf dem Fensterbrett«, bemerkte Linda. »Das Fenster wurde von innen eingeschlagen.«

Bob schaute sich noch einmal um. »Ich sehe keine Kampfspuren. Wenn also jemand hier drin war, hat er vermutlich schon geschossen, als der Mann bereits kampfunfähig war. Aber wenn der Täter Porter erschießen wollte, um sicherzugehen, dass das Opfer nicht mehr aufsteht, warum ballert er dann daneben?«

»Sieht so aus, als wäre das wieder so ein Fall, bei dem sich der Mörder hartnäckig weigert, neben dem Opfer mit der Tatwaffe in der Hand zu stehen und zu sagen: ›Ja, verdammt, ich hab’ ihn gekillt!‹«, konstatierte Linda und blickte ihren Partner an. »Das heißt, wir müssen wieder rätseln.«

Bob schnaufte leicht genervt und sagte dann: »Na gut, dann hören wir uns mal an, was die Angehörigen uns sagen können.«

Er schickte sich an, das Zimmer zu verlassen, bemerkte aber, dass Linda grübelnd auf das große Himmelbett starrte.

»Linda, vielleicht können wir uns nachher noch darin wälzen, aber wir müssen jetzt arbeiten.«

Linda schaute ihren Partner nachdenklich an.

»Irgendwas stört mich, aber ich weiß nicht was.«

Sie warf noch einen Blick aufs Bett und folgte ihrem Partner schließlich, der geduldig an der Tür wartete.

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