Wir Bots, Trolle und gekaufte Demonstranten haben verloren
Nuff! Ich grüße das Volk.
Jetzt ist es also passiert: Das EU-Parlament hat für die Annahme der EU-Copyright-Richtlinie votiert. Mit ausgeweitetem Leistungsschutzrecht, mit Uploadfiltern und mit Möglichkeit zum (erst kürzlich in Deutschland weggeklagten) Zwang für Urheber, die Einnahmen der Verwertungsgesellschaften mit Verlagen und anderen Rechteverwertern teilen zu müssen. Fuck. Und wie ich in der LLD schon verlinkt hab, gab es offenbar einen Kuhhandel zwischen Deutschland und Frankreich, bei dem Deutschland auf Ausnahmeregelungen für kleine Unternehmen verzichtete, um im Gegenzug von Frankreich ein Ja zur Nord-Stream-II-Gaspipeline zu kriegen. Erinnert ihr euch noch an die "C wie Zukunft"-Plakate der CDU?
Es gab noch einen Vorschlag, über einzelne Artikel einzeln abstimmen zu lassen, aber der ist knapp (mit nur 5 Stimmen Unterschied) gescheitert - wohl auch, weil ein paar schwedische Abgeordnete zu doof waren, das richtige Knöpfchen zu drücken. Nun fehlt nur noch die Annahme der Richtlinie in den jeweiligen Ländern, aber das gilt nur noch als Formsache. In Deutschland muss der Bundesrat zustimmen. Anschließend wird die Richtlinie durch neue Gesetze in den Mitgliedsländern umgesetzt, die die Regelungen nach den europäischen Vorgaben konkretisieren.
Ich bin auf Twitter gefragt worden, welche konkreten Auswirkungen ich für Klopfers Web sehe. Ohne die konkrete Umsetzung in nationales Recht zu kennen, ist das schwer zu sagen. Ich weiß nicht, ob es in Zukunft noch Bravo-Fotolove-Recaps geben kann, ich weiß auch nicht, wie teuer so eine Pauschallizenz bei den Verwertungsgesellschaften eventuell wäre, wenn sie dann mal eingeführt wird. Das hängt alles also sehr in der Luft und ist ein großer Kloß Unsicherheit, umgeben von einer knusprigen Hülle aus Spekulation, mariniert in einer würzigen Soße aus begründetem Pessimismus.
Es ist klar: Hier ist nach der DSGVO wieder etwas verabschiedet worden, das Europa im Internet noch ein Stück weit weniger konkurrenzfähig machen wird, und die Privatsphäre-Richtlinie, die die Cookiewarnungen neu regeln wird, kommt dann auch noch dazu. In Deutschland haben wir zusätzlich das NetzDG, und das Leistungsschutzrecht hat ja vorher schon für dicke Schwierigkeiten bei Start-ups gesorgt. Daran sollte man denken, wenn sich bald wieder Politiker vor eine Kamera stellen und erzählen, wie sie Deutschland oder Europa fit für die Zukunft machen wollen, um nicht weiter gegen USA und China im Netz abzustinken. Und für die normalen Bürger werden nicht nur die Wahlmöglichkeiten zwischen Anbietern diverser Inhalte im Internet weniger, ihnen hat man ziemlich deutlich klar gemacht, dass ihre Meinung nichts gilt und dass sie sich gefallen lassen müssen, übel diffamiert zu werden, wenn sie etwas vertreten, was den Oberen nicht gefällt. Und auch wenn die Sichtbarkeit der Regierungschefs in der Sache gering war: Merkel und Macron sind dafür verantwortlich, es war ihre Entscheidung, das so durchzudrücken. Wenn Angela Merkel es gewollt hätte, wäre Axel Voss nicht so weit gekommen. Wenn Angela Merkel es nicht so bestimmt hätte, hätte der oben erwähnte Kuhhandel zwischen Deutschland und Frankreich nicht stattfinden können.
So, das waren meine spontanen Gedanken zu dem Thema. Ende Mai sind Europa-Wahlen, und dann wäre es sicherlich ratsam, sich genau anzuschauen, wem man seine Stimme gibt oder nicht gibt. Dies hier könnte eine kleine Entscheidungshilfe für deutsche Wähler sein.
Bis zum nächsten Eintrag!
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Der Typ in der Zoohandlung hielt mich für verrückt als ich ihn von meinen Cukunftsplänen erzählte. Aber jetzt wo das vermalledeite Internetz endlich tot ist, steht meinem Startup "Zwitscher" für einen Kurznachrichtendienst mit Briefttauben nichts mehr im Weg.